950 Jahre Kleinrinderfeld 1060 - 2010 Festschrift - Gemeinde ...
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<strong>950</strong> <strong>Jahre</strong> lang(e) Wurzel(t) <strong>Kleinrinderfeld</strong>(s)<br />
von PfaRReR zachaRIas nItunGa<br />
Die Feier eines Jubiläums ist in<br />
erster Linie eine Sehnsucht nach<br />
dem Ursprung der heutigen Werte.<br />
Der Begriff: „Ursprung“ enthält<br />
einen Analogiegedanken der Wurzeln.<br />
Dieser erkennt, dass jede<br />
Gesellschaft wie ein lebendiger<br />
Baum ist, der nicht nur auf seinen<br />
Wurzeln steht, sondern auch durch<br />
sie trinkt und schöpft. Im heutigen<br />
Gesellschaftswandel – aus der<br />
alten Weltordnung von weltweit<br />
vielfältiger Konfrontation zwischen<br />
kulturellen Eroberern und Eroberten<br />
charakterisiert – begrüßt man eine solche Jubiläumsfeier<br />
als große Hilfe.<br />
In seinen Forschungen über die Ursprünge der deutschen<br />
Werte stellt der Freiburger Philosoph Hans Rainer<br />
(1896-1991) fest, dass das sittliche Bewusstsein der drei<br />
abendländischen Hauptvölker, nämlich das der Griechen,<br />
das der Römer und das der Germanen eine Ausgangsgrundlage<br />
des abendländischen sittlichen Bewusstseins<br />
bilden. Nach Meinung des Autors muss jedoch auch das<br />
sittliche Bewusstsein des Christentums, genauer, das des<br />
Neuen Testaments und das sittliche Bewusstsein des<br />
Judentums, vor allem das des Alten Testaments in die geschichtliche<br />
Betrachtung einbegezogen werden. Durch die<br />
Behandlung der Geschichte des<br />
abendländischen sittlichen Bewusstseins<br />
im Altertum gewinnt<br />
der Autor Anhaltspunkte für eine<br />
Aufklärung von entscheidenden<br />
Grundfragen der Ethik selbst.<br />
Darunter ist zu verstehen: unser<br />
ursprüngliches Denken und Fühlen,<br />
welches sich zumeist auf den<br />
Einzelfall des Handelns bezieht.<br />
Der Mensch braucht sich dessen<br />
nicht bewusst zu sein. Die Sittlichkeitsanschauungen<br />
einer Zeit<br />
bezeichnet man als Moral.<br />
Aus der Quelle der Germanen könnte immer noch die<br />
heutige Generation trinken. Die Ehre ist der Mittelpunkt<br />
dieses sittlichen Bewusstseins der Germanen. Alles dreht<br />
sich bei den Germanen um die Ehre. Sie ist der Maßstab<br />
des Handelns. Es wird gefragt, ob ein Tun Ehre oder Unehre<br />
bringt. Die Ehre stellt das Höchste und das Letzte im<br />
Dasein des Germanen dar. Es wird grundsätzlich zwischen<br />
der Ehre als Annerkennung der kriegerischen Tüchtigkeit<br />
und der Ehre als sittlicher Anschauung unterschieden. Ersteres<br />
meint die Ehre, die dem Germanen in siegreichen<br />
Kämpfen oder durch Körperstärke zuteil wird.<br />
Ehre als sittliche Achtung tritt dort ein, wo die Tüchtigkeit<br />
nicht auf ererbten oder erworbenen Anlagen beruht,<br />
sondern durch Ausdauer, Fleiß oder Zuverlässigkeit zustande<br />
kommt. Dort wo der Wille und der persönliche<br />
Verdienst mit dafür entscheidend ist, dass dem Germanen<br />
Ansehen zuteil wird, wird dieses Ansehen zur Achtung.<br />
Die Missionare haben unsere Vorfahren zur biblischen<br />
Quelle – von der wir heute weiter trinken – geführt. Die<br />
gesamte Sittlichkeit des AT ist beherrscht von Jahwe, dem<br />
Gott des Volkes Israel. Die Sittlichkeit des AT besteht in<br />
nichts anderem als in der Einhaltung der zehn Gebote<br />
Gottes. Vor allem drei Haltungen, die das AT positiv schätzt:<br />
Die Gottesfurcht, die Gerechtigkeit und die Milde.<br />
Auch das Neue Testament ist entscheidend durch die<br />
zehn Gebote geprägt. Es gibt jedoch Unterschiede gegenüber<br />
dem AT, in dem vor allem die innere Einsichtigkeit<br />
der sittlichen Gebote noch stärker hervortritt. In der Einhaltung<br />
der „goldenen Regel“ („Was ihr wollt, dass euch<br />
die Leute tun, also tuet ihr auch ihnen“) soll der Mensch<br />
die Erfüllung des Willen Gottes nicht nur als reine Pflichterfüllung<br />
verstehen, sondern vielmehr als gern erfüllte Tat<br />
der Dankbarkeit und der Gegenliebe. Diese Gegenliebe zu<br />
Gott verwandelt dabei auch das Verhältnis zwischen den<br />
Menschen untereinander.<br />
Das NT radikalisiert das Gebot der Nächstenliebe,<br />
nämlich im Sinne einer Verlegung des Gewichts von der<br />
äußeren Tat auf die innere Haltung und Gesinnung. Sodass<br />
das Gebot der Nächstenliebe nicht nur die persönlichen<br />
Feinde innerhalb des eigenen Volkes umfasst, sondern es