950 Jahre Kleinrinderfeld 1060 - 2010 Festschrift - Gemeinde ...
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Geschichte und Geschichten aus <strong>Kleinrinderfeld</strong><br />
eRlebt und eRzählt von WIllI GRImm nIedeRGeschRIeben von heInz WebeR<br />
Das Findelkind<br />
Wir hatten im Betrieb einen Mitarbeiter aus Kirchheim,<br />
der immer sehr neugierig war. Standen zwei oder mehre-<br />
re Personen zusammen, konnte er nicht umhin sich anzu-<br />
schleichen um alles mitzubekommen. Was er nicht hörte,<br />
ließ ihm keine Ruhe und er fragte dann nach, bis sein<br />
Wissensdurst gestillt war. Der Ernst Linsenbreder und ich<br />
haben das lange beobachtet und beschlossen, den legen<br />
wir jetzt mal richtig rein.<br />
Der Ernst war schon immer ein großer Filou und für<br />
jeden Spaß zu haben.<br />
Schnell war eine Geschichte erfunden und wir erzählten<br />
sie so, dass der Neugierige mithören konnte. Anscheinend<br />
hat er doch nicht alles genau gehört und uns dann<br />
ausgefragt. Der Ernst sagte ganz aufgeregt: Bei uns ist<br />
heute Nacht ein Findelkind vor die Tür gelegt worden.<br />
Das war so abwegig, denn zu dieser Zeit hatte sein<br />
Vater das Bürgermeisteramt in <strong>Kleinrinderfeld</strong> inne. Wir<br />
wiesen den Kollegen auf absolute Verschwiegenheit hin.<br />
Wie immer hatte er nichts anderes zu tun als das seiner<br />
Mutter zu erzählen. Das Gerücht verbreitete sich rasend<br />
schnell über Kirchheim bis <strong>Kleinrinderfeld</strong> aus.<br />
Am nächsten Tag kam Theodor Linsenbreder auf uns<br />
zu, denn er konnte sich schon denken von wem das gekommen<br />
ist. Er sprach uns darauf an. Dabei war er sehr<br />
gelassen, ich glaube er hat sich sogar innerlich gefreut,<br />
dass diesem Plappermaul einmal eine Lektion erteilt wur-<br />
de. Etwas dramatisch wurde es, als die Polizei beim Bür-<br />
germeister nach dem Findelkind fragte. Theodor erklärte<br />
den Sachverhalt und damit war die Geschichte erledigt.<br />
Die Wildschweine<br />
Um zur Arbeit nach Kirchheim zu gelangen und wieder<br />
zurück, fuhren wir mit dem Fahrrad. Meist waren wir so<br />
vier bis fünf Mann. Während der Fahrt konnten wir uns<br />
immer schön unterhalten, denn Fahrbetrieb gab es auf<br />
der Straße kaum.<br />
Im Winter, wenn wir um 16.30 Uhr Feierabend hatten<br />
war es schon dunkel. Ein älterer Kollege, der Peter Henneberger<br />
(Schnalzers Peter) konnte unsere Geschwindigkeit<br />
nicht mithalten. Er kam immer ein ganzes Stück hinter uns<br />
nach. Als wir das Wasserreservoir erreichten, auf der Höhe<br />
der Körzli, kam einem von uns die Idee, dem Peter jagen<br />
wir heute einen großen Schrecken ein. Warum sollte dem<br />
Peter nicht eine Horde Wildschweine begegnen?<br />
Wir versteckten uns im Wald. Als sich Peter mit seinem<br />
Fahrrad näherte, brachen wir grunzend und mit großem<br />
Krach aus dem Unterholz. Vor Schreck sprang Peter vom<br />
Rad. Er stand starr wie eine Steinsäule vor uns. So schnell<br />
wie wir auftauchten, sind wir wieder im Wald verschwunden.<br />
Nach einer längeren Erholungspause bestieg er sein<br />
Fahrrad um seine Heimfahrt fortzusetzen. Während der<br />
Fahrt kamen ihm erhebliche Zweifel … Um das herauszufinden<br />
legte er sich am Ende des Waldes in der Höhe vom<br />
„Seelein“ auf die Lauer.<br />
Irgendwann müssen die Übeltäter ja kommen. Nach<br />
einer längeren Wartezeit schwangen wir uns wieder auf<br />
die Räder. Plötzlich entdeckte einer von uns einen Mann<br />
am Waldrand. Das konnte nur der Peter sein. Wie einst<br />
Jan Ullrich in seinen besten Tagen traten wir in die Pedale,<br />
lagen tief gebeugt über den Lenker, damit uns keiner erkennen<br />
konnte und rasten nach Rinderfeld.<br />
Durch das ganze Dorf fuhren wir bis in die Gerchsheimer<br />
Straße um weit genug vom Tatort entfernt zu sein.<br />
Erst viel später kehrten wir heim.<br />
Zwei Tage später kam die Polizei in unseren Betrieb<br />
und suchte die „Verbrecher“. Peter hatte Anzeige wegen<br />
eines nächtlichen Überfalls erstattet. Durch unsere rasante<br />
Fahrt konnte er aber niemand erkennen und die Suche<br />
blieb erfolglos.<br />
Der Blutsee im Herbst