950 Jahre Kleinrinderfeld 1060 - 2010 Festschrift - Gemeinde ...
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Von Natur aus war er ein gewiefter und redegewand-<br />
ter Kerl, der nach Beendigung der Dreschzeit im jeweiligen<br />
Ort nochmals alle Bauern besuchte. Er verabschiedete sich<br />
und, was der Sinn der Sache war, kassierte ein erkleckliches<br />
Trinkgeld. So 70 bis 80 Mark kamen da schon in jedem<br />
Dorf zusammen. Nach dem Vordrusch kam die Maschine<br />
wieder nach Rinderfeld wo einige Bauern droschen. 1948<br />
kam ich aus der Gefangenschaft zurück. Ein Jahr lang bin<br />
ich noch bei der Maschine geblieben. Im Jahr 1<strong>950</strong> wurde<br />
die Erbengemeinschaft aufgelöst. Mein Bruder Philipp hat<br />
dann die alte Dreschmaschine unseres Vaters übernommen<br />
und dann für die Bauern im Gau gearbeitet.<br />
Ich bekam vom Pfarrer Walter den Dreschkasten. Dafür<br />
musste ich eine Ernte umsonst dreschen. Die Presse und<br />
den Motorwagen habe ich gekauft. Mit dieser Maschine<br />
blieb ich in <strong>Kleinrinderfeld</strong> und drosch für die hiesigen<br />
Bauern. Außerdem stand die Dreschmaschine im Hof der<br />
Martinsscheune wo ich dann für die kleinen Landwirte<br />
und die so genannten „Heckenschmatzer“ gedroschen<br />
habe. Da standen die Fuhren im Kister Weg, in der Gerchsheimer<br />
Straße und in der Hauptstraße. So um die 30 bis<br />
40 Fuhren haben wir da am Tag gedroschen, manchmal<br />
ging das bis 23 Uhr.<br />
Die größte Aufregung gab es jedes Mal, wenn es um<br />
die Frage ging, wer als nächster dran sei. Da die Wagen<br />
aus drei Richtungen anfuhren kam es da schon mal zu<br />
Irritationen. Die Gespanne waren abgeschirrt, folglich<br />
mussten die Fuhren gemeinsam mit Mann- oder auch mit<br />
Frauenpower bewegt werden. Da kam es oft zu spektakulären<br />
Situationen. Wenn sich eine Gruppe benachteiligt<br />
fühlte, wegen der nach ihrer Ansicht unkorrekten Reihenfolge,<br />
trat sie in den Streik und verweigerte ihre Mithilfe.<br />
Beschimpfungen allererster Güte, mit allen in Franken<br />
bekannten und darüber hinaus gängigen Schimpfworten<br />
heizten die Stimmung an. Sogar Handgreiflichkeiten geringeren<br />
Ausmaßes kamen vor. Wenn es damals so viele<br />
Rechtsanwälte wie heute gegeben hätte und soviel Bürger<br />
mit Rechtsschutzversicherungen, wäre das königlich Bayerische<br />
Amtsgericht ein Waisenkind dagegen gewesen.<br />
In <strong>Kleinrinderfeld</strong> gab es ein probates Mittel gegen<br />
alle diese Aufregungen. Man ging zum Jakob, holte ein<br />
paar Bier, stieß miteinander an und weiter ging‘s.<br />
Im Jahr 1964 endete die langjährige Ära der Dreschmaschine.<br />
Sie wurde durch den Mähdrescher verdrängt.<br />
Für das alte Lokomobil bekam ich 200 Mark vom<br />
Eisenhändler Noras. Er zerlegte das Ungetüm in seine Einzelteile.<br />
Das Eisen wurde recycelt. Vielleicht fuhr damals<br />
einer ein Auto oder einen Bulldog in dem Eisen aus dem<br />
Lokomobil verarbeitet war.<br />
nIedeRGeschRIeben von heInz WebeR<br />
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