950 Jahre Kleinrinderfeld 1060 - 2010 Festschrift - Gemeinde ...
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eRlebt und eRzählt von WIllI schIRmeR<br />
„Borschlitten“ und Schneechaos<br />
Der Name „Bor“ sagt nur alten <strong>Kleinrinderfeld</strong>ern<br />
etwas. Das Wort ist abgeleitet von dem Begriff Bahn.<br />
Also war das ein Schlitten der eine Bahn zog. Nämlich<br />
im Schnee.<br />
Der Borschlitten war eine Konstruktion aus zwei starken<br />
Bohlen, die wie ein Dreieck zusammen gefügt waren.<br />
Der hintere Teil des Schlittens hatte eine Breite von ca.<br />
4,50 bis 5,00 m.<br />
Im ersten Drittel war quer ein Brett angebracht, auf<br />
dem der Kutscher saß. Er führte die zwei Pferde, die den<br />
Schlitten zogen. Im Winter bei Schneefall trat der Borschlitten<br />
in Aktion. Da bis in die 50er <strong>Jahre</strong> die Straßen<br />
noch nicht geteert und auch keine Gehsteige vorhanden<br />
waren, konnte der Borschlitten den Schnee von der Mitte<br />
der Fahrbahn in die rechte und linke Kandel (=Straßenrand)<br />
befördern. Das Schneeräumen mit dem Borschlitten<br />
war ein äußerst umweltfreundliches Verfahren. Manchem<br />
Grünen, wenn es sie damals schon gegeben hätten, wäre<br />
das Herz aufgegangen wie Hefeteig.<br />
Streusalz oder Co² Ausstoß – gleich null –, außer ein<br />
paar Pferdeäpfel oder gelegentliche Darmwinde der<br />
Pferde flogen dem Kutscher um die Ohren.<br />
In normalen Wintern bekam der Borschlitten, wenn<br />
auch durch mehrmaliges Fahren die Sache mit dem<br />
Schnee gut in den Griff. Aber im Winter 1941/42 brach ein<br />
Schneechaos über unser Dorf und die nähere Umgebung<br />
herein, da war der Borschlitten machtlos. Dazu kam noch<br />
ein starker Sturm, so gab es große Schneeverwehungen.<br />
Um die Straßen frei zu bekommen wurde die Ortsbevölkerung<br />
gegen Entgelt, sowie alle kriegsgefangenen Franzosen<br />
aus dem Ort zum Schneeräumen aufgefordert.<br />
Ich erinnere mich an eine besonders exponierte Stelle,<br />
nämlich die Senke zwischen Limbachshof und Kist, kurz<br />
vor der Bundesstraße. Dort schaufelte man Schnee in<br />
drei Etagen von der Straße und die Schneewand war bis<br />
zu sechs Meter hoch. Meine Mutter und ich, 10 <strong>Jahre</strong> alt,<br />
waren von Anfang bis zum Ende dabei.<br />
Von dem Lohn für das Schneeschippen haben wir uns<br />
ein Ferkel gekauft.<br />
Hauptstraße 18, Anwesen von Ludwig Grimm<br />
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