12.07.2015 Aufrufe

Jahresbericht 2011 - Cusanuswerk

Jahresbericht 2011 - Cusanuswerk

Jahresbericht 2011 - Cusanuswerk

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Jahren, zum Teil nur in einem, die „besten“ Studierenden eine gehobene oder gar „exzellente“Ausbildung erhalten sollen, meint dies in der Regel keine akademische Verbreiterung,sondern weitere Spezialisierung, nicht selten auf möglichst ausgefallene Materien(„Profilschärfung“). Sicher wird Spezialisierung gebraucht – sie kann (und will) akademischeFundierung aber nicht ersetzen.Hinter dieser Entwicklung steht allerdings ein unausgesprochener, aber grundlegenderKonzeptwechsel hinsichtlich der akademischen Ausbildung. Und ihm kann man einegewisse Berechtigung – zumal unter dem Einfluss des internationalen Umfelds – auchnicht absprechen: Wenn die Erhöhung der Studierendenquote ein eigenständiges Ziel istund hierbei auch Quoten von 60 % von der OECD als noch steigerungsfähig angesehenwerden, kann es sich bei einem Studium nicht mehr um eine wissenschaftliche Ausbildungim traditionell universitären Verständnis handeln. Man kann sich darüber streiten, ob dieBanalisierung des Universitätsstudiums für eine Verbreiterung der Bildung der beste Wegwar. Auf jeden Fall hat sie noch nicht ansatzweise verstandene Folgen: Mit einem Hochschulabschlussist dann über die beruflichen Chancen kaum mehr etwas gesagt. Auchkönnen wir nicht mehr als die Hälfte der Bevölkerung mit Wissenschaftlern ausbilden, dieihr Fach von eigener Forschung inspiriert und mit einem Lehrdeputat von neun Semesterwochenstundenvertreten. Und ebenso wenig ist es geboten, jedem Jungstudenten ingleicher Weise idealistische Freiräume zur Vertiefung zu schaffen – Freiräume, die schonfrüher nur wenige zu nutzen verstanden. Wir werden um diese Transformation noch zuringen haben. Gerade wenn aber das Studium heute als berufsgrundierende Massenausbildunggelten soll, muss deutlicher von der Vermittlung von Fachwissen – das ohnehinschnell veraltet und an Relevanz verliert – auf ein Verstehen von Zusammenhängen hingeführtwerden. Anstatt durch Collage von Einzelveranstaltungen modische Patchwork-Studiengänge zu schaffen, bräuchten wir mehr breit angelegte Grundlagenstudiengänge.Wir fallen hier auch hinter die angelsächsischen Einsichten zurück. Die dortigen Collegesbieten in der Regel eine breite Grundlagenausbildung, die sich keineswegs schon alsFachwissensvermittlung für den späteren Beruf versteht. Wenn wir das Studium in dieserWeise öffnen, brauchen wir aber auch eigene Stätten, die echte akademische Vertiefungund Freiheit und ein substantielles Ineinander von Forschung und Lehre ermöglichen. Vonihnen aus müssen weiterführende Fragen in die Fächer und in die Gesellschaft getragenwerden. Durch Exzellenzprogramme und die Eliteuniversitäten versucht man dem beizukommen.Jedoch geraten wir heute auch hier immer wieder in die Falle nur einer weiterenBeschleunigung und quantifizierender Maximierung als Parameter von Qualität.Gute Reformen entscheiden sich nicht in der Frage, ob das Studium nach 12 oder 13 JahrenSchule beginnt, und auch mag eine gewisse Verschulung der Basisstudiengänge angemessensein. Aber wir brauchen auf allen Ebenen unseres Bildungssystems Freiräume, Entschleunigungund Flexibilität. Nur dies führt vom Wissen zum Verstehen, zu Kritik fähigkeit, Eigeninitiativeund Innovation – sowie zu innerem Reichtum, aus dem heraus erst Antriebs- undBindungskräfte erwachsen. In der Schule und Universität bedarf es einer differenziertenund persönlichen Förderung, in der Zusatzaktivitäten honoriert und durch die Gewährungvon Zeit gefördert werden. Auch und gerade die Förderung von Begabten sollte nichtdurch Stressresistenz testende Verdichtung, sondern durch Entschleunigung geprägt sein:Für denselben „Stoff“ wie sonst könnte ihnen ein Drittel mehr Zeit eingeräumt werden.F205

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!