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Jahresbericht 2011 - Cusanuswerk

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Kirchenmodelle, 4) des neuen, radikalen Monotheismus evangelikaler und muslimischerAusprägung im Zeitalter der Globalisierung.Die monotheistischen Religionen teilen ein Geschichtsbild, das einen Anfang und ein Endeder irdischen Zeit kennt und dem Menschen zumutet, Leben und Welt zu gestalten. DieEschatologie, die Lehre von den letzten Dingen, also von dem, was aus unserem Handelnfolgt oder auch nicht folgt, ist wesentlich zur Bestimmung des Verhältnisses von Politikund Religion. Prof. Dr. Matthias Remenyi erläuterte verschiedene theologische Modellevon Gericht, Versöhnung und Erlösung sowie deren Implikationen für Moral, Ethik undFreiheitsbegriff – und klar wurde: Indifferenz ist unmöglich.Davon ausgehend stellte sich die Frage, ob es dann auch so etwas wie eine Theologie derMacht bzw. des Gebrauchs der weltlichen und geistlichen Macht gibt. Prof. Dr. HansJoachim Sander erarbeitete zunächst eine Typologie der weltlichen sowie eine Typologieder geistlichen Macht, erörterte dann verschiedene Theoreme der Zuordnung der beidenFormen sowie deren Auftreten als auctoritas (Autorität/Ansehen) und potestas (Gewalt/Herrschaft): Unter den Bedingungen der Moderne, so die Einschätzung Sanders, kanndie Kirche ihre auctoritas nur wahren bzw. zurückgewinnen, wenn sie dazu bereit ist, allepotestas aufzugeben, d. h. ihre Angst um sich selbst und vor dem Scheitern abzulegen.Am Ende der Woche eröffnete Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel noch eine gänzlich anderePerspektive, nämlich die der nicht-monotheistischen Religionen und ihrer Verhältnisbestimmungenvon Politik und Religion, speziell im Buddhismus. In der zweiten Akademie-Woche lag der Schwerpunkt dann auf der Auseinandersetzung mit konkreten, historischenwie aktuellen Problemen im Verhältnis von Staat und Kirche bzw. Religionsgemeinschaften.Prof. Dr. Gerhard Robbers verteidigte das deutsche Staatskirchenrecht bzw. -system alseines, das den öffentlichen Raum vor einer Vereinnahmung durch den Staat schützt, indemes den Religionsgemeinschaften zugesteht, diesen Raum durch verschiedene Praktikenund Institutionen mitzugestalten. Dieses Zugeständnis darf allerdings nicht mit derSehnsucht nach „Wertelieferanten“ legitimiert werden. Es beruht auf der Anerkennungeiner freiheitlichen Ordnung, in deren öffentlichem Raum auch religiösen Diskurse undEinrichtungen ihren Platz haben – ganz anders als beispielsweise im laizistischen Frankreich.Was das konkret bedeutet, konnte uns Heiner Lendermann am Beispiel der Arbeit desKatholischen Büros Berlin verdeutlichen, das er ganz ausdrücklich nicht als Lobby-Einrichtungder Katholischen Kirche gegenüber der Bundesregierung verstanden wissen will. Nachbeiden Vorträgen kam es zu kontroversen Debatten, u. a. über Rolle und Status des Islamin Deutschland. Mit Dr. Christoph Kösters betrachteten wir schließlich die Geschichte desdeutschen Staat-Kirche-Verhältnisses zur Zeit der beiden deutschen Diktaturen und diskutierten– exemplarisch – das Verhalten von Kirchenleitungen und Gläubigen angesichtsder totalitären Herausforderung.Durch Prof. Dr. Michael Hochgeschwender lernten wir eine weitere, westliche Alternativezum europäischen Modell der Trennung und Zuordnung von Staat und Kirche kennen:die USA. Dabei wurde schnell klar, daß die „Religionsfreundlichkeit“ der amerikanischenGesellschaft einer höchst differenzierten Analyse bedarf. Der protestantische Mainstreambeispielsweise durchläuft ähnliche Erosionsprozesse wie in Europa, und selbst die evangelikaleAlternative verliert an Rückhalt. Im letzten Plenum der Akademie sollte schließlichein Bogen von der ersten über die zweite Akademie-Woche geschlagen werden. Ausgangspunktwar die Frage, inwiefern die Kirche(n) überhaupt noch einen spezifischen BeitragC95

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