Kundenkontakt – weniger Marktforschung - IAI
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Jahresthema<br />
Vor dem Hintergrund der lange bekannten Prognosen zur Kompetenzverfügbarkeit von Naturwissenschaftlern<br />
und Ingenieuren erscheint es überraschend, wenn Flugzeughersteller mit weit<br />
im Voraus erkennbaren Auftragsbeständen für die nächste Modellgeneration erst vor der anstehenden<br />
Montage darüber nachzudenken beginnen, wie denn die Personifizierung der Auftragsabwicklung<br />
aussehen könnte. Es entbehrt auch nicht einer gewissen Ironie, wenn dieselben Manager,<br />
die jeden Mitarbeiter sofort entlassen würden, der im Rahmen einer Investitionsplanung<br />
bspw. für ein Kraftwerk in Asien die Verfügbarkeit der benötigten Baustoffe nicht berücksichtigt<br />
hat, selbst ohne mit der Wimper zu zucken vor die Presse treten können, um den Mangel an erfahrenen<br />
Projekt-Ingenieuren mit Auslandserfahrung zum Engpassfaktor der Unternehmensentwicklung<br />
zu erklären. Last but not least erzeugt es eine gehörige Portion Unverständnis, wenn<br />
der deutsche Schiffbau nach jahrzehntelangem, exzessivem Personalabbau, bei dem nicht nur<br />
durch sündhaft teure Frühverrentungsaktivitäten wettbewerbsrelevante Know-how-Potenziale im<br />
Kollektiv zum Rosenzüchten geschickt wurden, sondern auch die Attraktivität ganzer Berufsstände<br />
für junge Leute massiv erschüttert wurde, heute das fehlende Interesse der Jugend an beruflichen<br />
Entwicklungsperspektiven in der Branche beklagt.<br />
Etwas überspitzt formuliert kann man sich hier des Eindrucks nicht erwehren, dass nicht nur in<br />
den Geschäftsführungen und Vorstandsetagen deutscher Unternehmen, sondern auch unter den<br />
sonst so renditebewussten Investoren offensichtlich die Annahme weit verbreitet ist, dass wettbewerbskritische<br />
(Human-)Ressourcen wie Naturwissenschaftler und Ingenieure kontinuierlich<br />
als ausgereifte Früchte auf den Bäumen wachsen oder bei Bedarf wie Manna vom Himmel fallen.<br />
Während es heute völlig normal ist, wenn sich global agierende Unternehmen mit hohen Beträgen<br />
auf Jahre hinaus gegen Risiken durch Wechselkursschwankungen versichern, stellt eine entsprechende<br />
Vorsorge für zusätzliche Personalbedarfe in Boomzeiten aber im Head-Count-<br />
Zeitalter eine scheinbar unüberwindbare Tabuzone dar. 12<br />
Man kann nur hoffen, dass das an anderer Stelle „hoch professionalisierte“ Risikomanagement in<br />
den Unternehmen im Kontext von Basel II diese Zusammenhänge für sich entdeckt. Bislang dominieren<br />
hier vielfach noch Ausweichstrategien mit Verweisen auf die klaffende Lücke im<br />
Fachkräftebereich und Forderungen nach schnellen Lösungen, die kein eigenes Engagement erfordern.<br />
12<br />
Vgl. hierzu auch Führing, M.: Risikoberichterstattung über Humanressourcen <strong>–</strong> Eine empirische Analyse der DAX 30, in:<br />
Zeitschrift für Personalforschung (ZfP), 18. Jg., 2/2004, S. 183-206.