Kundenkontakt – weniger Marktforschung - IAI
Kundenkontakt – weniger Marktforschung - IAI
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Kleine und mittlere Unternehmen<br />
sie vor der Amortisation ihrer Investition<br />
von einer weiteren Innovation<br />
zu überzeugen“, gibt der<br />
Experte zu bedenken. „Diese Innenkenntnisse<br />
erhält man aber<br />
nicht durch Marktstudien.“<br />
Selbst am Markt testen<br />
Das heißt also: Konstrukteure und<br />
Entwickler müssen die Gelegenheit<br />
erhalten, ihre Innovationen<br />
selbst am Markt zu testen, eventuell<br />
zu korrigieren und zu verkaufen.<br />
Das Plus: Der von seiner Idee<br />
überzeugte und begeisterte Konstrukteur<br />
kann sich selbst orientieren<br />
und zum Marketingmanager<br />
seiner Innovation werden.<br />
Was ist mit den Konstrukteuren,<br />
denen Marketing und <strong>Kundenkontakt</strong>e<br />
nicht liegen? Für den <strong>IAI</strong>-<br />
Geschäftsführer handelt es sich bei<br />
diesen Erfindern, die im stillen<br />
Kämmerlein an neuen Lösungen<br />
tüfteln und den Außenkontakt<br />
scheuen, nicht um den Regelfall.<br />
Professor Kerka: „Die Unternehmen<br />
nutzen die schlummernden<br />
Talente ihrer Mitarbeiter viel zu<br />
wenig, weil sie ein viel zu eng gefasstes<br />
Stellen- und Aufgabenprofil<br />
vor Augen haben.“<br />
Strategische Vorgehensweise<br />
fehlt<br />
Es würde dabei häufig nur wenig<br />
bringen, erklärungsbedürftige Produkte<br />
einem technisch nicht versierten<br />
Marketingexperten zu geben,<br />
der damit versucht, etwas<br />
beim Kunden zu erreichen. Hinzu<br />
komme, dass Marketing- und Vertriebsstellen<br />
für Neues oft nicht<br />
aufgeschlossen seien, solange die<br />
bewährten Produkte noch gut gehen.<br />
Wie werden aus begeisterten Tüftlern<br />
gute Marketingmanager in<br />
eigener Sache? In Frage kämen<br />
sicherlich gute Verkäufer- und<br />
Akquise-Schulungen, doch wichtiger<br />
sei der häufige <strong>Kundenkontakt</strong>.<br />
Er helfe, Kommunikationsmängel<br />
zu erkennen und abzubauen.<br />
Dafür spreche auch der so genannte<br />
Stallgeruch. Ein Ingenieur<br />
aus dem technischen Einkauf lasse<br />
sich eher von einem Fachkollegen<br />
überzeugen, der die gleiche Sprache<br />
spricht.<br />
„Der studierte BWLer stößt beim<br />
Verkauf an Grenzen, wenn er<br />
technische Detailfragen nur mit<br />
auswendig gelernten Fakten zu<br />
beantworten versucht“, bestätigt<br />
Professor Kerka. Der fehlende<br />
<strong>Kundenkontakt</strong> der Techniker<br />
führt laut <strong>IAI</strong> auch schnell dazu,<br />
dass Anforderungen der Kunden<br />
übersehen werden und dass die<br />
spätere Umsetzung viel zu teuer<br />
ausfällt.<br />
„Das Missverständnis besteht<br />
darin, dass viele Firmen Innovation<br />
mit Forschung und Entwicklung<br />
gleichsetzen“, erläutert der<br />
Wissenschaftler. „Der Umsetzungsaufwand<br />
fällt häufig zehnmal<br />
höher als die Kosten für das<br />
Entwickeln eines Prototypen aus.<br />
Daher kommen viele Innovationen<br />
erst gar nicht auf den Markt.“<br />
Was machen die erfolgreichen<br />
Unternehmen etwa aus Japan oder<br />
USA anders? „Sie konzentrieren<br />
sich nicht allein auf eigene Forschung<br />
und Entwicklung, sondern<br />
setzen auch an anderen Standorten<br />
entwickeltes Know-how in Innovationen<br />
um. Ob Faxgerät, Hybridmotor<br />
oder MP3-Player <strong>–</strong> die<br />
Voraussetzungen für viele Markterfolge<br />
wurden von deutschen Unternehmen<br />
oder Forschungseinrichtungen<br />
geschaffen. Doch zur<br />
Anwen dung kamen die Erfindungen<br />
erst über den Umweg Japan<br />
oder USA.“<br />
Der Wissenschaftler empfiehlt,<br />
das bekannte Not invented here-<br />
Syndrom zu überwinden und vor<br />
allem auch die Patentanalyse viel<br />
intensiver als Inspirationsquelle<br />
für Innovationen zu nutzen. „Das<br />
Patentmanagement hat in den Unternehmen<br />
bisher allzu oft nur die<br />
Aufgabe, eigene Entwicklungen<br />
abzusichern <strong>–</strong> als aktiver Innovationstreiber<br />
wird es bislang kaum<br />
genutzt.“ Die Innovationspotenziale<br />
von Erfindungen würden so oft<br />
nicht erschlossen und Neuerungen<br />
aus anderen Branchen zu selten für<br />
eigene Entwicklungen genutzt.<br />
Es mangelt insgesamt an einer<br />
strategischen Vorgehensweise:<br />
Weil sie fehle, schicken Unternehmen<br />
ihre Mitarbeiter zum Teil<br />
völlig orientierungslos auf alle<br />
möglichen Felder, die Berater<br />
ausmachen. Dabei gäbe es wenige<br />
Chancen für eine so genannte<br />
Sprunginnovation, die ursprünglich<br />
aus anderen Branchen kommt.<br />
Querdenker gefragt<br />
Ein Beispiel ist die Digitaluhr, die<br />
aus der Elektronikindustrie kommt<br />
und die viele Uhrenhersteller verschlafen<br />
haben. „Um derartige<br />
Sprunginnovationen zu ermöglichen,<br />
müssen ganz am Anfang<br />
strategische Überlegungen stehen,<br />
in welche Richtung geforscht werden<br />
soll“, betont der Forscher.<br />
„Die Möglichkeiten, diese Entdeckung<br />
der Kundenprobleme und<br />
Lösungen von morgen zu organisieren,<br />
bleiben jedoch vielfach<br />
ungenutzt.“<br />
Braucht Deutschland im positiven<br />
Sinne wieder eine Art<br />
,Spinner-Kultur‘, die Außergewöhnliches<br />
zulässt? Für Professor<br />
Kerka muss es nicht unbedingt ein<br />
,Spinner‘ sein. „Gebraucht werden<br />
Vor- und Querdenker, die sich<br />
selbst orientieren und Ideen jenseits<br />
des Mainstreams auch gegen<br />
Widerstände vorantreiben.“ Wenn<br />
dann noch die Synchronisierung<br />
von Produkt- und Verfahrensentwicklung<br />
klappe, sei die Chance<br />
für eine erfolgreiche Innovation<br />
gut.<br />
Die Technik müsse sich eng verzahnt<br />
mit Produktion, Organisation,<br />
Personalwesen und Kundenanforderungen<br />
weiter entwickeln.<br />
„Das ist zunächst sicherlich aufwendiger<br />
als die schrittweise Vorgehensweise,<br />
aber am Ende doch<br />
erfolgreicher.“<br />
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