Kundenkontakt – weniger Marktforschung - IAI
Kundenkontakt – weniger Marktforschung - IAI
Kundenkontakt – weniger Marktforschung - IAI
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Jahresthema<br />
2.2 Praxisferne Hochschulausbildung als Ursache von Fachkräftemangel <strong>–</strong><br />
Alibi für überkommene betriebliche Ausbildungsstrategien?<br />
Diese Zurückhaltung wird man sich zukünftig auf einzelbetrieblicher Ebene jedoch immer <strong>weniger</strong><br />
leisten können, zumindest wenn man Befunde ernst nimmt, die signalisieren, dass sich die<br />
dominant beklagten quantitativen Engpässe noch mit erheblichen qualitativen Verwerfungen<br />
überlagern. Die Kompetenzen der am Arbeitsmarkt verfügbaren Naturwissenschaftler und Ingenieure<br />
werden häufig als unzureichend klassifiziert. Eine Einsicht, die schon bei der letzten<br />
Fachkräftemangelperiode nicht neu war, 13 an der sich nach Angaben von Unternehmen aber<br />
auch nichts geändert hat.<br />
Eine aktuelle Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zeigt erneut auf, dass es in<br />
Deutschland nicht nur zu wenige Ingenieure gibt, sondern dass auch die Kompetenzprofile der<br />
Hochschulabsolventen häufig unpassend sind. Rund 73 Prozent der Unternehmen führen als Ursache<br />
von Rekrutierungsproblemen bei Absolventen ingenieurwissenschaftlicher Studienfächer<br />
fehlende Qualifikationen an (vgl. Abb. 1). 14<br />
Als zentrale Mängel werden insbesondere in Nachfragebereichen wie Vertrieb, Marketing, Wartung,<br />
Entstörung, Service und Beratung etc. immer wieder die fehlende praktische Erfahrung und<br />
eine unzureichende Passfähigkeit mit den betrieblichen Anforderungen ausgemacht.<br />
Über Jahrzehnte lösen diese qualitativen Diskrepanzen einen immer gleichen Reflex aus <strong>–</strong><br />
wohlmeinend engagieren sich Politiker aller Parteien für eine stärkere Praxisnähe der Hochschulen<br />
und rufen die Wirtschaft auf, ihre Anforderungen mitzuteilen, auf dass endlich passfähige<br />
Ausbildungsgänge gestaltet werden (können). 15<br />
13<br />
Vgl. Staudt, E.; Kottmann, M.; Merker, R.: Chemiker: Hochqualifiziert aber inkompetent?, in: Innovation: Forschung und<br />
Management, Band 8, 2. Aufl., Bochum 1997; Staudt, E.; Kottmann, M.; Merker, R.: Kompetenzdefizite von<br />
Naturwissenschaftlern und Ingenieuren behindern den Strukturwandel und verhindern Innovationen, in: Zeitschrift für<br />
Personalforschung (ZfP), 13. Jg., 1/1999, S. 5-28; Staudt, E.; Merker, R.; Krause, M.: Entkopplung von Kompetenz- und<br />
Branchenentwicklung: Innovationsengpass im Strukturwandel <strong>–</strong> Das Beispiel der Ingenieure in der liberalisierten<br />
Versorgungswirtschaft, in: Bellmann, L. et al. (Hrsg.): Personalwirtschaft und Organisationskonzepte moderner Betriebe,<br />
Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Band 252, Nürnberg 2001, S. 51-83.<br />
14<br />
Vgl. Institut der Deutschen Wirtschaft (Hrsg.): Ingenieurmangel in Deutschland <strong>–</strong> Ausmaß und gesamtwirtschaftliche<br />
Konsequenzen, 11. April 2007, S. 23.<br />
15<br />
„Solange die Wirtschaft der Wissenschaft nicht ihre Bedürfnisse mitteilt, werden die Studenten am Arbeitsmarkt vorbei<br />
ausgebildet“ heißt es beispielsweise in einer kürzlich veröffentlichten doppelseitigen Anzeige des Bundesministeriums für<br />
Wirtschaft und Technologie. Vgl. o.V.: Fachkräfte in Deutschland, Anzeigensonderveröffentlichung des Bundesministeriums<br />
für Wirtschaft und Technologie, in: Welt am Sonntag, Nr. 27, 8. Juli 2007.<br />
11