Jahresbericht 2011/2012 - Diakonie Württemberg
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10 Interview<br />
Rainer Middel<br />
Ein Thema ist ja nach wie vor die Diskussion um den sog.<br />
„Dritten Weg“ – was sind da die nächsten Schritte?<br />
Kaufmann: Es gelingt uns mehr und mehr, deutlich zu machen,<br />
was damit gemeint ist. Wir tun alles, um unseren Weg besser<br />
verständlich zu machen. Es wird immer deutlicher, dass Ver.di<br />
eine offensive Kampagne gegen den Dritten Weg vor allem<br />
bei der <strong>Diakonie</strong> fährt. Das trifft uns sehr, weil man sich nur<br />
schwer dagegen wehren kann. Da werden zum Beispiel<br />
Behauptungen über Niedriglöhne aufgestellt, wo wir<br />
94 Prozent unserer Mitarbeitenden nach kirchlichem Tarif<br />
bezahlen, den Rest nach Tarifen, die mit einer DGB-Gewerkschaft<br />
ausgehandelt wurden. Und der Vorwurf der Leiharbeit<br />
ist beinahe lächerlich – in einer Situation, in der wir händeringend<br />
nach Mitarbeitenden suchen, ist Leiharbeit für uns<br />
fast kein Thema mehr. Es ist schade, dass hier Ver.di uns<br />
als „Gegner“ ausgesucht hat, um zusätzliche Mitglieder zu<br />
bekommen, statt sich mit uns zusammen für bessere soziale<br />
Verhältnisse in Deutschland einzusetzen.<br />
Middel: Und unsere Gehälter müssen sich wirklich nicht<br />
verstecken, sie sind im Vergleich mit anderen sozialen Dienstgebern<br />
überdurchschnittlich. Die Mitarbeitenden können sich<br />
bei uns auch stark einbringen. Dienstgeber und Dienstnehmer<br />
müssen so lange verhandeln, bis sie zu einvernehmlichen<br />
Lösungen gefunden haben. Wir haben also sehr gute Mitbestimmungsrechte.<br />
Der Dritte Weg ist im Interesse auch und<br />
gerade der Mitarbeitenden.<br />
Es ist falsch, Menschen keine Teilhabe zu ermöglichen<br />
Wie wirken sich die vereinbarten Tariferhöhungen für<br />
unsere Träger aus?<br />
Baehrens: Wir merken, dass die Tariferhöhungen nur schwer<br />
refinanziert werden können. In der ambulanten Pflege gelingt<br />
das gar nicht. Die Dienste haben große Schwierigkeiten, die<br />
Qualität in gewohnter Weise zu erbringen. Seit 15 Jahren hören<br />
wir, dass die Arbeit effizienter gestaltet werden soll. Jetzt sind<br />
die Spielräume ausgeschöpft. Unsere Dienste stehen unter<br />
enormem Druck. Wir müssen prinzipiell darüber reden, wie die<br />
ambulanten Dienste langfristig finanziert werden sollen. Offiziell<br />
gilt ambulant vor stationär. Doch kein anderer Hilfebereich<br />
hat so komplizierte Finanzierungsstrukturen wie gerade diese<br />
kleinsten Pflegedienste. Und zudem sind die Nachweis-<br />
und Dokumentationspflichten in diesem Bereich außerordentlich<br />
aufwendig.<br />
War die „dynamische Verweisung“ in der AVR der<br />
falsche Weg?<br />
Middel: Das kann man nicht pauschal sagen. Bei Verhandlungen<br />
über Leistungsentgelte ist jetzt jedenfalls immer klar, dass<br />
die Tariferhöhungen im TVöD in der Plausibilität der Kalkulation<br />
anerkannt werden. Leider haben wir aber immer noch keine<br />
verbandliche Notfallregelung. Das war die Gegenleistung, die<br />
von der Mitarbeiterseite für den Fall des Falles zugesagt<br />
wurde.<br />
Was sind die nächsten tarifpolitischen Herausforderungen?<br />
Middel: Zuerst ist es wichtig, dass wir den Einrichtungssicherungsfonds<br />
in trockene Tücher bekommen. Dann muss endlich<br />
beschlossen werden, wie der Sozial- und Erziehungstarif (SuE)<br />
in der <strong>Diakonie</strong> umgesetzt werden kann. Und wir hoffen, dass<br />
wir nächstes Jahr einen Weg für eine diakoniespezifische<br />
Verwendung des Leistungslohnes finden. Wir denken, dass<br />
der Einsatz für gesundheitsfördernde Maßnahmen dafür am<br />
besten geeignet ist. Wir hoffen, dass sich da Dienstgeber und<br />
Dienstnehmer einig werden.<br />
Was ist im Berichtszeitraum verbandsintern offen<br />
geblieben, muss aber bald gelöst werden?<br />
Middel: Die größte Herausforderung ist, dass wir im Wettbewerb<br />
bestehen können. Da müssen alle zusammenarbeiten,<br />
damit dies gelingt.<br />
Kaufmann: Wir brauchen gute Wege, wie wir mit Kooperation<br />
und Konkurrenz in der <strong>Diakonie</strong> umgehen. Das zeigt sich<br />
gerade an den Diskussionen, wie sich unsere Komplexeinrichtungen<br />
weiterentwickeln können. Die Konversion bedeutet<br />
immer auch Dezentralisierung. Aber oft sind regionale Träger