Jahresbericht 2011/2012 - Diakonie Württemberg
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16 Arbeitsbereich 1<br />
Systeme stärken,<br />
in denen die Kinder leben<br />
Interview mit Ulrich Fellmeth,<br />
Leiter der Abteilung Kinder, Jugend<br />
und Familie, und Ingrid Scholz,<br />
Referentin für Kinder- und Jugendhilfe<br />
Ist das dargestellte Beispiel typisch für viele Personen?<br />
Also haben viele Personen ähnliche Sorgen und Nöte?<br />
Ja – es gibt zunehmend mehr Kinder und Jugendliche, die<br />
Unterstützung und Hilfe brauchen. Viele bleiben unter ihren<br />
Bildungsmöglichkeiten, weil ihre sozialen Probleme nicht<br />
gelöst sind. Ziel der Hilfe ist, dass Kinder ihre Potenziale<br />
entwickeln können.<br />
Warum nimmt die Zahl zu?<br />
Die Zahl von Kindern Alleinerziehender, aus Scheidungs- und<br />
Patchworkfamilien nimmt zu. Kinder sind oft die Symptomträger<br />
der Probleme in den Familien. Gleichzeitig nimmt der<br />
Leistungs- und Anforderungsdruck durch die Gesellschaft auf<br />
die Familien zu. Vor allem im Übergangsbereich zwischen den<br />
verschiedenen Schularten – also im Alter von 8 bis 13 Jahren –<br />
lastet ein großer Druck auf den Familien.<br />
„Die <strong>Diakonie</strong> will zuerst den Eltern<br />
Sorgen abnehmen – will sie also bei der<br />
Erziehung unterstützen. Und wir wollen<br />
die Kinder stärken, damit sie ihre<br />
Ressourcen entdecken und in gesellschaftlich<br />
anerkannter Art leben können.“<br />
Wie hilft die <strong>Diakonie</strong>, damit diese Sorgen<br />
weniger werden können?<br />
Die <strong>Diakonie</strong> will zuerst den Eltern Sorgen abnehmen – will sie<br />
also bei der Erziehung unterstützen. Und wir wollen die Kinder<br />
stärken, damit sie ihre Ressourcen entdecken und in gesellschaftlich<br />
anerkannter Art leben können. Um das leisten zu<br />
können, wurden die Angebote der diakonischen Jugendhilfe<br />
immer mehr ausdifferenziert.<br />
Welche Aufgabe hat heute die Schule<br />
für Erziehungshilfen?<br />
Die Rolle hat sich grundlegend geändert. Um die Schulen ist<br />
ein Netz von ambulanten Angeboten für Kinder entstanden.<br />
Herausforderungen der heutigen Kinder- und Jugendhilfe<br />
Es gibt immer mehr Kooperationen mit Regelschulen – z. B.<br />
Außenklassen in Regelschulen oder Lehrer aus der Schule<br />
für Erziehungshilfen sind als Berater in Regelschulen tätig.<br />
Teilweise haben die E-Schulen 15 unterschiedliche Standorte.<br />
Nur ein kleiner Teil der Schüler geht direkt in die E-Schule.<br />
Heute sollen die Kinder nicht isoliert werden, sondern solange<br />
wie möglich in den Regelschulen bleiben und sobald als<br />
möglich wieder dorthin zurückkehren. Einmal E-Schule, immer<br />
E-Schule gilt heute nicht mehr. Diese Schulen sind nur noch<br />
für Schüler da, die im Moment ganz besonderen Förder-<br />
bedarf haben.<br />
Jugendhilfe – Partner für Eltern,<br />
ist das die heutige Aufgabe von Kinder- und Jugendhilfe?<br />
Und was bedeutet dies?<br />
Heute geht es in der Kinder- und Jugendhilfe darum, Eltern<br />
zu stärken in ihrer Erziehungskompetenz. Das ist am besten<br />
ablesbar an dem Siegeszug der Sozialpädagogischen Familienhilfe,<br />
die ganze Familiensysteme unterstützt und direkt in<br />
der Familie arbeitet. Die Hilfe setzt immer früher an – es gibt<br />
immer mehr Beratungsangebote für Eltern, damit sie gar nicht<br />
erst Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch nehmen müssen.<br />
Wenn Familien Ressourcen haben, dann werden diese genutzt<br />
und unterstützt. Es hat sich also die Aufgabe der Jugendhilfe<br />
geändert: Es geht um Erziehungs- und Bildungspartnerschaft.<br />
Eltern, Kinder, Lehrer und Profis der Jugendhilfe haben<br />
gemeinsam die Verantwortung für die Erziehung.<br />
Wie hat sich also die Kinder- und Jugendhilfe<br />
in den letzten Jahren verändert?<br />
Kinder- und Jugendhilfe (KJH) geht dahin, wo sich Kinder<br />
und Familien aufhalten. Sie stärkt die Systeme, in denen<br />
Kinder leben, also nicht nur Eltern, sondern auch Großeltern,<br />
Tanten und andere Bezugspersonen. Stationäre Angebote<br />
haben dabei nach wie vor ihre Berechtigung. Denn sie machen<br />
Kinder und Eltern fit, damit sie wieder miteinander zurecht<br />
kommen. KJH ist also verantwortlich, damit das Aufwachsen<br />
der Kinder in unserer Gesellschaft gelingt. Deshalb gibt es<br />
einen ganzen Strauß von Hilfemöglichkeiten. Da wo wir als<br />
Profis gebraucht werden, sind wir da – auch in der Jugendarbeit.<br />
Erziehungshilfe ist ein Kernangebot, aber bei Weitem<br />
nicht mehr das einzige der KJH.<br />
Welche Rolle hat dabei die diakonische<br />
Jugendhilfe gespielt?<br />
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass die diakonische<br />
Jugendhilfe in <strong>Württemberg</strong> der Motor für diese Entwicklung<br />
war und ist. Sie hat immer auf gesellschaftliche Entwicklungen