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Jahresbericht 2011/2012 - Diakonie Württemberg

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Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen im Diakonischen Werk <strong>Württemberg</strong> (AGMAV) Gespräch 45<br />

werdenden Refinanzierung sozialer Arbeit immer mehr unter<br />

Druck kommen. Immer mehr Arbeitsbereiche werden ausgelagert.<br />

Dann haben die Mitarbeitenden Angst, ihre Stelle zu<br />

verlieren oder sie müssen bei weltlichen Töchterfirmen arbeiten,<br />

von denen sie weniger Lohn bekommen. Durch die Ab-<br />

senkung der Arbeitsentgelte wird versucht, die mangelnde<br />

Finanzierung der sozialen Arbeit abzufangen. Das ist ein<br />

falscher Weg. Oder die ständige Verfügbarkeit. Gerade in der<br />

Altenhilfe ist der Arbeitsdruck so hoch, dass Mitarbeitende<br />

jederzeit damit rechnen müssen, dass sie an ihrem freien<br />

Wochenende angerufen und zur Arbeit gebeten werden.<br />

Das mindert die Lebensqualität.<br />

Viele Mitarbeitende haben nur einen Teilzeitvertrag, obwohl sie<br />

gerne Vollzeit arbeiten würden. Mit einem Teilzeitjob können<br />

Sie keine Familie ernähren. Deshalb haben viele einen Nebenjob,<br />

um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Viele<br />

Mitarbeitende sind wegen dem ständigen Druck ausgebrannt.<br />

Vor allem Männer wandern dann in ganz andere Arbeitsbereiche<br />

ab und sind für die soziale Arbeit verloren. Die Mitarbeitervertretungen<br />

in den Einrichtungen sehen die Not und machen<br />

auch auf unrechtmäßige Dienstpläne mit zu langen Arbeitszeiten<br />

aufmerksam, haben aber oft keine Möglichkeiten, sich<br />

dagegen zu wehren. Eine Folge ist, dass immer weniger bereit<br />

sind, sich in den MAVen zu engagieren. Die Hauptsorge ist,<br />

dass die diakonische Dienstgemeinschaft nicht mehr Realität<br />

ist, sondern immer mehr in verschiedenen Gesellschaften<br />

zersplittert wird – mit all den negativen Folgen für die Mitarbeitenden.<br />

Was konnten Sie denn erreichen?<br />

AGMAV: In diesem Jahr hat zum ersten Mal die Tarifautomatik<br />

gegriffen. Die Mitarbeitenden in der <strong>Diakonie</strong> haben also die<br />

Tariferhöhung, die im TVöD vereinbart wurde, zeitgleich<br />

erreicht. Wir haben auch bei vielen Bestandsicherungsverfahren<br />

verhindert, dass diakonische Einrichtungen insolvent<br />

wurden und konnten so viele Arbeitsplätze von Mitarbeitenden<br />

retten. Wir haben mitgewirkt, dass es nun hoffentlich bald<br />

einen Einrichtungssicherungsfonds gibt, der auch langfristig<br />

Arbeitsplätze zu sichern hilft. Durch unsere alltägliche Beratung<br />

und Qualifizierung haben wir Mitglieder von Mitarbeitervertretungen<br />

in ihrer Arbeit unterstützt und sie befähigt, die<br />

Interessen ihrer Kolleginnen und Kollegen zu vertreten. Und<br />

durch die Demo bei der EKD-Synode im letzten Jahr in<br />

Magdeburg, die hauptsächlich von der AGMAV <strong>Württemberg</strong><br />

initiiert wurde, haben wir erreicht, dass die Tariffrage in einer<br />

breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen wird und dass die<br />

Diskussion qualifizierter geführt wird.<br />

Demo bei der EKD-Synode im letzten Jahr in Magdeburg | Fotografin: Danny Wörn<br />

Was ist offen geblieben? Woran liegt es, dass es nicht<br />

gelöst werden konnte?<br />

AGMAV: Wir haben keine Wege gefunden, wie die Mitarbeitende<br />

besser mit der alltäglichen Drucksituation umgehen<br />

können. Wir haben Leiharbeit und Ausgründungen in weltliche<br />

Tochterunternehmen nicht verhindern können. Wir kennen<br />

Mitarbeitende, die in der dritten Firma arbeiten, aber immer<br />

noch am gleichen Krankenbett stehen. Wir sehen die große<br />

Gefahr, dass die Einheit aller diakonischen Einrichtungen<br />

endgültig verloren geht. Das können und konnten wir nicht<br />

verhindern.<br />

Wenn man Ihre Verlautbarungen und die Antworten<br />

anschaut, dann hat man den Eindruck, dass die <strong>Diakonie</strong><br />

einer der schlimmsten Arbeitgeber sei. Liegt es an<br />

der Schärfe der Formulierung oder sind Sie davon<br />

wirklich überzeugt?<br />

AGMAV: Die Erwartungen an Kirche und <strong>Diakonie</strong> sind andere<br />

als die an Betriebe in der Industrie. Die Glaubwürdigkeit der<br />

<strong>Diakonie</strong> ist wichtig. Deshalb äußern wir uns manchmal auch<br />

so scharf und deutlich. Wir haben ja in diesem Jahr ein Thema<br />

gehabt, von dem wir besonders enttäuscht sind: Die Trennung<br />

zwischen Kerngeschäft und Nicht-Kerngeschäft. Hier wird<br />

deutlich, dass die diakonische Dienstgemeinschaft in Frage<br />

gestellt wird.

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