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Jahresbericht 2011/2012 - Diakonie Württemberg

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26 Arbeitsbereich 3<br />

„Die Isolation ist für viele<br />

pflegende Angehörige das<br />

Schlimmste“<br />

Interview mit Johannes Kessler, Leiter der<br />

Abteilung Gesundheit, Alter und Pflege, und<br />

Christina Köster, Referentin für Pflegefragen<br />

Wie ist das Zahlenverhältnis zwischen zuhause und<br />

im Heim gepflegten alten Menschen?<br />

Statistisch erfasst werden nur diejenigen, die Leistungen<br />

von der Pflegeversicherung bekommen. Von diesen rund<br />

250.000 Menschen in Baden-<strong>Württemberg</strong> werden 70 Prozent<br />

zuhause gepflegt und 30 Prozent im Pflegeheim. Insgesamt<br />

kann man wohl sogar von einem Verhältnis von 80 zu 20<br />

ausgehen. Ein sehr großer Teil der Menschen wird sogar nur<br />

von Angehörigen, also ohne die Unterstützung durch einen<br />

Pflegedienst, zuhause gepflegt. Aber auch bei ihnen kommt<br />

halb- oder vierteljährlich die <strong>Diakonie</strong>- oder Sozialstation<br />

vorbei. Die Pflegekraft gibt zum Beispiel Tipps fürs Heben aus<br />

dem Bett oder informiert über Sturzprophylaxe, Betreuungsangebote<br />

für demenziell erkrankte Menschen, über Entlastungsangebote<br />

für pflegende Angehörige oder übers<br />

gesunde Essen und Trinken.<br />

„Ein sehr großer Teil der Menschen wird<br />

sogar nur von Angehörigen, also ohne die<br />

Unterstützung durch einen Pflegedienst,<br />

zuhause gepflegt.“<br />

Unter welchen Voraussetzungen ist die Pflege<br />

daheim möglich?<br />

Zunächst muss man sehen, ob das Krankheitsbild überhaupt<br />

eine Pflege zuhause zulässt. Entscheidend ist auch, ob die<br />

Unterstützung so organisiert werden kann, dass gegebenenfalls<br />

Pflege und Beruf miteinander vereinbart werden können.<br />

Auch räumliche Voraussetzungen spielen eine Rolle Es kann<br />

sein, dass man vom Pflegebedarf überrascht wird, zum<br />

Beispiel bei einem Schlaganfall, oder der Hilfebedarf stetig<br />

ansteigt. Ganz wichtig ist in jedem Fall, dass in der Familie<br />

die Zuständigkeiten verabredet sind.<br />

Herausforderungen der Altenhilfe heute<br />

Welche Sorgen haben pflegende Angehörige?<br />

Es ist vor allem die psychosoziale Belastung. Sie müssen<br />

24 Stunden parat stehen, können kaum weggehen und nicht in<br />

den Urlaub fahren. Die Isolation ist für viele pflegende Angehörige<br />

das Schlimmste. Wenn die Pflege über längere Zeit geht,<br />

kann auch Armut dazu kommen. Oftmals sind pflegende<br />

Angehörige selber alt und schieben eigene notwendige Klinikaufenthalte<br />

aus Sorge um den anderen vor sich her .<br />

Wie kann man ihnen Mut machen?<br />

Man muss ihnen vermitteln, dass man sich Hilfe holen darf,<br />

ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Vor allem auf dem<br />

Land, wo die soziale Kontrolle stärker ist, tun sich Familien oft<br />

schwer damit, das Auto der <strong>Diakonie</strong>station vor dem Haus<br />

stehen zu haben. Dann wissen ja die Nachbarn Bescheid.<br />

Bisher haben wir doch auch alles allein hingekriegt, heißt es in<br />

den Familien. Doch wenn die Belastung, auch die körperliche,<br />

zu hoch ist, ist es wichtig, sich Unterstützung zu holen. Das ist<br />

kein Grund, sich zu schämen. Pflegeschulungen zuhause<br />

stellen den pflegenden Angehörigen mit seinen Fragen in den<br />

Mittelpunkt, die Pflegekraft der <strong>Diakonie</strong>station gibt gesundheitsförderliche<br />

Tipps und gezielte Pflegeberatung.<br />

Wie hilft die <strong>Diakonie</strong>?<br />

Wir haben in <strong>Württemberg</strong> ein dichtes Netz von 220 diakonischen<br />

Heimen und 190 <strong>Diakonie</strong>stationen, die fachlich<br />

kompetent und mit menschlicher Zuwendung pflegebedürftige<br />

Menschen versorgen und begleiten. Es gibt auch Seminare<br />

für pflegende Angehörige, Pflegeberatung und individuelle<br />

Unterstützung am Pflegebett.<br />

Was zeichnet die <strong>Diakonie</strong> besonders aus?<br />

Das spezifisch Diakonische sind die Verknüpfungen der <strong>Diakonie</strong>stationen<br />

und Pflegeheime in die Kirchengemeinden hinein.<br />

Diese bieten eine Vielzahl weiterer Angebote: Mittagstische<br />

oder Betreuungsgruppen für demenziell Erkrankte und<br />

Besuchsgruppen im Heim. Außerdem haben wir unsere Krankenpflegefördervereine<br />

und „<strong>Diakonie</strong> plus“, die durch Spendengelder<br />

Zuwendung über die von der Pflegekasse erstattete<br />

Zeit hinaus ermöglichen. Dadurch ist es möglich, gemeinsam<br />

ein Gebet zu sprechen oder auch, einem belasteten Angehörigen<br />

zuzuhören.

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