Erinnerungen an meine ersten zwanzig Jahre auf Ducati ...

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Ausfällen als sonst führte, leider auch zu meinem. Die nasse Strecke hätte mich ja weniger gestört, denn nach dem Schnee am Falzarego konnte mich das bißchen Regen auf dem Österreichring nicht mehr schrecken. Doch ich wollte in der Bosch-Kurve einen Kontrahenten schneidig außen überholen und geriet abseits der Ideallinie auf eine Stelle, in der sich im Training ein Motor unter Verlust seiner Schmierflüssigkeit selbst zerlegt hatte, was die Haftreibung zwischen meinen Reifen und dem Straßenbelag schlagartig verminderte. Sekunden später krabbelte ich unter den Strohballen hervor und grub die Duc aus denselben. War wenig passiert, nur häßliche Schleifspuren an Auspuff und Verkleidung, aber der rechte Lenkerstummel war abgebrochen und der Handbremszylinder zerstört, was für eine autarke Heimfahrt eher hinderlich war. Ein Honda-Cup-Fahrer, der noch Platz in seinem Transporter hatte, erbarmte sich unser und brachte uns nach dem Endes des Rennens heim nach Wien. Die Horvath-Guzzi lag beim WM-Lauf sogar kurz in Führung, fiel aber im Verlauf des 1.000-Kilometer-Rennens aus, weil die Nockenwelle gebrochen war, ein Schaden, der "normalerweise" nie vorkam. Den Juli und den August war ich dann mit der Restauration der Pantah beschäftigt: statt der originalen Lenkerstummel fand ich viel schönere und bequemere von Tommaselli, die ohnehin miese Lackierung wich einer mehrschichtigen Qualitätsarbeit und die zugestopften Auspuffe und der Vorschalldämpfer wanderten in den Altmetallcontainer. Peter Horvath schweißte ein leeres Verbindungsrohr und steckte die offenen Conti-Tüten der alten Königswellen-750er drauf. Ein infernalisches Brummen war das akustische Endprodukt, und die Pantah marschierte auf einmal, als hätte jemand Nitromethan in den Tank geleert! 3. September 1981: Wien - Salzburg - Rosenheim - Jenbach - Zell am Ziller - Gerlospaß - Mittersill - Bruck - Großglockner-Hochalpenstraße - Iselsberg. (=660km) Die ausgedehnte dreitägige Probefahrt geriet wieder zum meteorologischen Debakel: auf der Westautobahn trocken, in den Tiroler Bergen kalter Regen, am Glockner noch kälterer Schnee. Aber die entfesselte, von allen Zugeständnissen an eine ruhebedürftige Bevölkerung befreite Pantah entschädigte sogar dafür. Manche Zeitgenossen nennen es ja lapidar "Lärm", doch ich bezeichne die Töne, die die nahezu dämpfungslosen Conti-Rohre in einem engen Tiroler Alpental in den Äther entließen, als Sphärenklänge, die durchaus als Untermalungsmusik für eine Verfilmung des Jüngsten Gerichts verwendet werden könnten. 4. September 1981: Iselsberg - Spittal/Drau - Villach - Dobratsch - Ossiacher See - Gerlitzen - Feldkirchen - Turracher Höhe - Tamsweg - Twengerpaß - Radstädter Tauern - Radstadt - Bad Goisern. (=350km) Erst auf der Heimfahrt hatte Petrus ein Einsehen mit uns, die Regenwolken verschwanden und der Himmel strahlte so metallic-blau wie die frischlackierte Ducati. Die alte Sölkpaßstraße mit ihren grob geschotterten Kehren war wie immer eine kleine Sonderprüfung. Heute ist dieser wunderbare Alpenübergang ja tadellos asphaltiert und ohne Schwierigkeit befahrbar. 5. September 1981: Bad Goisern - Bad Mitterndorf - Durch den Stein - Gröbming - Sölker Tauern - Scheifling - Leoben - Präbichl - Hieflau - Wildalpen - Mariazell - Josefsberg - Annaberg - Ulreichsberg - Ochsattel - Rohrer Sattel - Sollenau - Wien. (=470km) Und das nächste Stück schwarzen Gummis fiel der Entsorgung anheim: Hinterreifen fraß die Pantah genauso flott wie Kleinkinder bunte Gummibärlis. Außerdem standen fast 14.500 km auf dem Tacho, also dürstete es die Duc nach frischem Öl und einem neuen Ölfilter. Zwei Probefahrten dienten der peniblen Überprüfung dieser überaus komplizierten Wartungsarbeiten und dem persönlichen Amusement des Hobby-Mechanikers. Mit Hilfe der zweiten Ausfahrt konnte ich außerdem längst fällige Besuche bei meinem Cousin Otto und bei meiner Großmutter im Waldviertel in einem standesgemäßen Outfit absolvieren, Oma war darob ein wenig befremdet. 11. September 1981: Wien - Exelberg - Königstetten - Riederberg - Gablitz - Wien. (=50km) 18. September 1981: Wien - Neulengbach - Krems - Rohrendorf - Hadersdorf/Kamp - Maissau - Eggenburg - Tulln - Exelberg - Wien. (=220km) Die Sonntage waren damals ausgefüllt mit schönen Touren durch die nahen Ostalpen. Oft verließen wir Wien am frühen Morgen, um erst spätabends wieder heimzukehren, todmüde, aber glücklich. Crisi beklagte sich selten, wenn, dann höchstens über allzu flotte Fahrweise, nie über die harte Sitzbank oder unerwartete Regenschauer. An diesem Sonntag beschwerte sie sich nur über die unmögliche Schotterstraße auf den Sonnwendstein, die ausgesprochen holprig war. An einer Querrinne krachte die Duc derart in die Federn, daß der exponiert liegende Ölfilter eine Delle bekam, die aber zu unserem Glück seine Funktion nicht beeinträchtigte. 19. September 1981: Wien - Gutenstein - Klostertaler Gscheid - Höllental - Prein/Rax - Preiner Gscheid - Kapellen - Schneealm - Semmering - Sonnwendstein - Stuhleck - Pfaffensattel - Feistritzsattel - Ratten - Pretulalpe - Waldbach - Hochwechsel - Vorau - Hochneukirchen - Grimmenstein - Wien. (=460km) Fünfzehntausend - und die Pantah lief ohne Probleme. Peter Horvath hatte mich die Prozedur des Ventileinstellens gelehrt, die übrigens trotz Desmodromik gar nicht so kompliziert ist, wie sich Laien das immer einreden lassen. Mit Akribie und vier bis sechs Stunden Ausdauer habe ich das dann immer in Heimarbeit gemacht und mir so viel Geld erspart. Seite 11
Das letzte Sportereignis im Herbst war immer das Bergrennen auf die "Luft" bei Kirchberg an der Pielach. Heute ist es längst den gestiegenen Sicherheitsstandards und dem Umweltschutz-Terrorismus der Wochenendhaus-Besitzer zum Opfer gefallen. Damals fuhr "Doc Hurry Harry" Reitprecht mit der wieder hergerichteten Horvath-Guzzi die Konkurrenz in der offenen Klasse in Grund und Boden. Der junge Graf Schönborn-Buchheim scheuchte seine alte Norton Commando über die winkelige Bergstraße und trug dabei ein blütenweißes Hemd und selbstverständlich eine Krawatte unter der schwarzen Lederkombi. Was waren das doch für schöne Zeiten..... 4. Oktober 1981: Wien - Klausenleopoldsdorf - Laaben - Hainfeld - Traisen - Kirchberg/Pielach - Luft - St. Pölten - Wien. (=190km) Die Tage wurden wieder kürzer, meist war um den Nationalfeiertag Schluß mit der Fahrerei. Der nächste Winter stand vor der Tür, endlose, öde Wochen, in denen man nur die Lederkombi putzen und einfetten und dabei vom nächsten Frühjahr träumen konnte. Nur noch drei kurze Ausfahrten, dann würde die Kälte wieder kommen. 23. Oktober 1981: Wien - Exelberg - Dopplerhütte - Judenau - Michelhausen - Abstetten - Gablitz - Mauerbach - Wien. (=90km) 25. Oktober 1981: Wien - Mödling - Sittendorf - Alland - Weißenbach - Furth - Berndorf - Markt Piesting - Stollhof - Hohe Wand - Pernitz - Rohrer Sattel - Kalte Kuchl - Hainfeld - Traisen - St. Pölten - Wien. (=280km) 26. Oktober 1981: Wien - Heiligenkreuz - Weißenbach - Berndorf - Piesting - Puchberg - Pernitz - Pottenstein - Bad Vöslau - Baden - Wien. (=180km) Damals war das Motorradfahren unser Lebensinhalt, jede freie Minute, jeder regenfreie Sonntag wurde damit verbracht. Dazwischen studierte ich ein bißchen Maschinenbau, arbeitete in Gelegenheits- und Ferialjobs und putzte fleißig meine Ducati. Der unvermeidliche Winter war für mich eine höchst lästige Unterbrechung dieses Ablaufes. Wenigstens hatte ich Zeit, die Landkarten zu studieren und neue, vielleicht unbekannte Paßstraßen zu finden, die wir dann im nächsten Jahr "erfahren" konnten. Seite 12
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