straßentauglichen Attributen, also Sitzb<strong>an</strong>k, Licht und Blinker. Viel Drehmoment aus 250 Zweitakt-Kubikzentimeter und nur 80 kg Fahrzeuggewicht, damit könnte m<strong>an</strong> so m<strong>an</strong>che "Kletter-Tour" machen... Aus dem verregneten Sommer wurde bald ein kühler Herbst, der mit heftigen Schneefällen im November in einen kalten Winter überging. M<strong>an</strong>gels trockener Wochenende blieben nach dem kurzen Italien-Urlaub alle Rösser im Stall, die beiden <strong>Ducati</strong>´s ebenso wie die kleine Yamaha. Blieb nur zu hoffen, daß das nächste Jahr wieder mehr Motorrad-Kilometer erlauben würde. Seite 61
D A S J A H R 1 9 9 7 Die zweite Hälfte des Februar überraschte uns mit frühlingshaft warmen Temperaturen. Einen jener sonnigen Februar-Sonntage nutzte ich, um die seit September 96 ungeputzte Yamaha wieder in einen ordnungsgemäßen Zust<strong>an</strong>d zu versetzen und nach dem Pflegedienst gleich eine kleine Probefahrt zu machen. Anf<strong>an</strong>g März war es schon so mild, daß wir unseren alljährlichen Schi-Urlaub in Südtirol buchstäblich dahinschmelzen sahen. Doch der Winter schlug noch einmal erbarmungslos zurück. Während wir Mitte März in Corvara in der Sonne unserem Pistenvergnügen frönten, überzog er g<strong>an</strong>z Österreich mit einer Decke aus Schnee und Eis. Bis über Ostern dauerte dieser späte Wintereinbruch, d<strong>an</strong>ach kehrten für einige Tage wieder erträgliche Temperaturen ein. Der April überraschte uns noch mehrmals mit Schneeschauern, erst der Mai ließ uns <strong>auf</strong> die Wiederkehr des Sommers hoffen. Seit Anf<strong>an</strong>g März quälte mich ein lästiger Husten, verbunden mit leichtem Fieber. Auch die Höhenluft der Dolomiten brachte dieser vermeintlichen Bronchitis keine Linderung. Auf einem Lungenröntgen entdeckten die Ärzte d<strong>an</strong>n Mitte April ein Lymphom und eine Einschnürung <strong>meine</strong>r Luftröhre. Die Ergebnisse einer umfassenden Blutuntersuchung wiesen d<strong>an</strong>n <strong>auf</strong> eine ernste Erkr<strong>an</strong>kung <strong>meine</strong>s Lymphsystems hin. An Motorradfahren war mit <strong>meine</strong>r geschwächten Konstitution nicht zu denken, nur die allernotwendigsten Arbeiten <strong>an</strong> der 900er führte ich durch, zum Beispiel den obligaten Ölwechsel und die Kontrolle der Zahnriemensp<strong>an</strong>nung bei betriebswarmem Motor. Beim Warml<strong>auf</strong> für Schmiermitteltausch erwies sich die Batterie als altersschwach, also wurde sie durch eine g<strong>an</strong>z neue ersetzt. Damit fiel auch die schon traditionelle Frühjahrsausfahrt zum Monte Grappa für mich ins Wasser, doch das traf mich nicht sehr hart, da mich diesmal ohnehin niem<strong>an</strong>d begleiten wollte oder konnte. Für die Woche nach Christi Himmelfahrt st<strong>an</strong>den mir umf<strong>an</strong>greiche medizinische Untersuchungen ins Haus, davor wollte ich wenigstens noch einige Tage im sonnigen Veneto verbringen und entschloß mich deshalb, mit Crisi per Automobil nach Bass<strong>an</strong>o del Grappa zu fahren. Die nun folgenden Wochen im Hämatologisch-Onkologischen Zentrum des H<strong>an</strong>usch-Kr<strong>an</strong>kenhauses waren ziemlich schlimm. Eine un<strong>an</strong>genehme Untersuchung folgte der vorigen <strong>auf</strong> dem Fuße. Die Knochenmarksbiopsie und die Mediastinoskopie waren die grauslichsten, weil schmerzhaftesten für mich. Bald st<strong>an</strong>d unumstößlich fest, was ich immer zu verdrängen gesucht hatte: ich hatte Morbus Hodgkin, Lymphdrüsen-Krebs. Zwei Alternativen stellten mir die beh<strong>an</strong>delnden Ärzte in Aussicht: ohne Therapie binnen zwei, höchstens drei Monaten den vielzitierten Löffel abzugeben oder mich einer un<strong>an</strong>genehmen, sehr intensiven, aber relativ kurzen Chemotherapie mit <strong>an</strong>schließender Strahlenbeh<strong>an</strong>dlung zu unterziehen. Die Qual der Wahl stellte sich hier nicht, natürlich entschied ich mich für zweiteres. Dies ist hier nicht der Ort, um in Selbstmitleid zu baden, nur in aller Kürze sei gesagt: es war schiach und mühselig, ich fühlte mich beschissen, ziemlich schwach und unfähig jeglicher Leistungserbringung. Die <strong>Ducati</strong> Speed Week ging in diesem Jahr irgendwie <strong>an</strong> mir vorüber. Zwischen zwei Chemotherapien war ich zwar körperlich in Zeltweg <strong>an</strong>wesend, aber nicht wirklich sehr aktiv. Bleich und haarlos erfüllte ich gerade Anwesenheitspflichten und war froh, daß mich fähige Kollegen vertreten konnten. Zu allem Überfluß passierte in einem Rennen auch noch eine schlimm aussehende Startkollision, bei der zwei unserer Freunde, Andi Brüggler und Heinz Tschinkel, erheblich verletzt wurden. D<strong>an</strong>ach, in einer Beh<strong>an</strong>dlungspause, erholte ich mich im August in Bad Aussee bei einem kurzen Kur<strong>auf</strong>enthalt von den Strapazen der Therapie und der Speed Week. Im September erwischte mich d<strong>an</strong>n endlich die <strong>auf</strong>grund des schwer beleidigten Immunsystems unvermeidliche Infektion und ich durfte drei Wochen im Spital am Antibiotika-Tropf hängen. Das brachte den g<strong>an</strong>zen Heil-Pl<strong>an</strong> durchein<strong>an</strong>der, nach kurzem Heimaturlaub mußte ich d<strong>an</strong>n im Oktober die für September <strong>an</strong>gesetzte Hochdosis-Chemotherapie über mich ergehen lassen. Das un<strong>an</strong>genehmste dar<strong>an</strong> waren nicht die Unmengen <strong>an</strong> Pharmazeutika, die mir während der zwei Wochen eingefüllt wurden, sondern der schmerzhafte Katheter in der Halsvene, durch den mein Blut während vier Tagen in Zyklen zu je vier Stunden komplett abgepumpt wurde, um die blutbildenden Zellen herauszufiltern. Diese sogen<strong>an</strong>nten "Stammzellen" sind seither in flüssigem Stickstoff tiefgekühlt eingelagert und können, falls in kommenden <strong>Jahre</strong>n irgendetwas mit <strong>meine</strong>m Heilungsprozeß schiefgeht, als Grundstock für frisches, gesundes Blut dienen. Ein tröstlicher Ged<strong>an</strong>ke, immerhin... Irgendwie ging aber auch dieses 1997 vorüber, und gegen Ende des <strong>Jahre</strong>s zeigte sich ein Silberstreif am Horizont: ich mußte keine Chemikalien mehr schlucken bzw. intravenös in mich einfüllen lassen, mein Beh<strong>an</strong>dlungsfortschritt ließ zu diesem Zeitpunkt durchaus das Beste <strong>an</strong>nehmen. Seite 62