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Erinnerungen an meine ersten zwanzig Jahre auf Ducati ...

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Nachdem Peter Zimmer die Supersport noch einmal überprüft hatte, wartete ich <strong>auf</strong> eine Gelegenheit zu einer Probefahrt.<br />

Leider war das Wetter sehr unbeständig, <strong>auf</strong> teilweise nassen Straßen war nicht gut gasgeben. Nur <strong>auf</strong> der bek<strong>an</strong>nt haftfähigen<br />

Straße durch das Leithagebirge, zwischen Hof und Donnerskirchen, gab ich der Duc ein bißchen die Sporen. D<strong>an</strong>ach k<strong>an</strong>nte<br />

ich den Unterschied zwischen einem Michelin-Tourenreifen und dem Pirelli Dragon Corsa: Grip k<strong>an</strong>n eben durch nichts<br />

ersetzt werden!<br />

13. Juli 1996: Wien - Südautobahn - Graz - Ehrenhausen - Südsteirische Weinstraße - Leutschach - Soboth -<br />

Lavamünd - Eisenkappel - Seebergsattel - Kr<strong>an</strong>j - Skofja Loka - Zelezniki - Zgornja Sorica - Podbrdo - Tolmin - Kobarid<br />

- Robic - Cividale del Friuli. (=540km)<br />

Endlich wieder eine Ausfahrt "wie in alten Zeiten": schon frühmorgens fuhren Karli, Peter und ich in flotter<br />

Marschformation nach Süden. In 80 Minuten erreichten wir über die Südautobahn den Knoten Graz, das ist ein rescher<br />

150er-Schnitt. Die Südsteirische Weinstraße war der erste l<strong>an</strong>dschaftliche Höhepunkt des Vormittags, die Soboth ein<br />

beschwingter Kurvenwalzer. Am Kärntner Seebergsattel brachten uns die mit Bitumen ausgegossenen Frost<strong>auf</strong>brüche des<br />

verg<strong>an</strong>genen Winters ein wenig in Verlegenheit, denn gegen diese "Rutscherl" hilft selbst der beste Reifen nicht viel.<br />

Die Straßen in Slowenien entpuppten sich als Abenteuer-Pisten. Entweder sind sie so schlecht, daß einem die Buckel und<br />

Schlaglöcher den Lenker aus den Pfoten schlagen oder sie sind so jungfräulich neu, daß die noch klebrigen Asphalt-Körndln<br />

die Motorrad-Unterseite regelrecht p<strong>an</strong>ieren. Beide Vari<strong>an</strong>ten mahnen zu eher verhaltener Fahrweise. Eine Umleitung<br />

bescherte uns die befürchtete Krönung dieses Straßen-Mixes: eine kurvenreiche, steile Naturstraße mit tiefen Rinnen und viel<br />

losem Schotter brachte uns arg ins Schwitzen.<br />

Cividale del Friuli hieß unser Etappenziel, diese uralte Stadt, die schon den Römern und d<strong>an</strong>n den L<strong>an</strong>gobarden als<br />

Provinzhauptstadt gedient hatte. Auf einem kurzen Spazierg<strong>an</strong>g besichtigten wir den Dom und den Ponte del Diavolo, die<br />

Teufelsbrücke aus dem 15. Jahrhundert, d<strong>an</strong>n meldeten sich unsere hungrigen Mägen zu Wort, und der Durst war auch schon<br />

schlimm.<br />

14. Juli 1996: Cividale - Tarcento - Passo di T<strong>an</strong>amea - Zaga - Bovec - Vrsicpaß - Kr<strong>an</strong>jska Gora - Wurzenpaß -<br />

Villach - Ossiachersee - Feldkirchen - Flattnitz - Stadl <strong>an</strong> der Mur - Judenburg - Semmering - Südautobahn - Wien.<br />

(=550km)<br />

Am nächsten Morgen war es genauso heiß wie am Vortag. Erst die nahen Julischen Alpen versprachen Kühle. Über den<br />

interess<strong>an</strong>ten Passo di T<strong>an</strong>amea gel<strong>an</strong>gten wir wieder nach Slowenien, d<strong>an</strong>n hielten wir kurz <strong>an</strong> der Südrampe des<br />

Vrsic-Passes, wo ich mir die "Stätte des Grauens", jene Kurve, die mir vor nunmehr 13 Monaten beinahe zum Verhängnis<br />

geworden wäre, noch einmal <strong>an</strong>sehen wollte. Nach einem kurzen Moment des Gedenkens zog ich einen innerlichen<br />

Schlußstrich unter diese Affäre.<br />

Die Auffahrt zur Paßhöhe war eine Herausforderung: 30 Serpentinen und unzählige enge Ecken, ein Höhengewinn von<br />

über 1.000 Metern in nur 15 Kilometern, das sind die Eckdaten dieser klassischen Paßstraße. Leider sind die 20 Kehren der<br />

Nordrampe mit Kopfsteinpflaster ausgelegt, das mit Gras durchwachsen ist und entsprechende Vorsicht beim Bremsen und<br />

Gasgeben verl<strong>an</strong>gt. Der Wurzenpaß ist dagegen fade, aber sehr steil, weswegen sich die PKW-Touristen bei der Abfahrt<br />

meistens ins Hemd machen und nur im Schrittempo die Kurven hinabgeistern.<br />

Nach einer Mittagspause am Ossiacher-See blieb uns zum fahrerischen Vergnügen nur mehr die Verbindung Feldkirchen -<br />

Flattnitz - Stadl <strong>an</strong> der Mur, die wenigstens ohne Verkehr und halbwegs kurvig war. Das folgende Mur- und Mürztal, der<br />

Semmering und die Südautobahn passierten wir zwar recht hurtig, doch besondere Reize bot diese Schnellverbindung nicht.<br />

Alles in allem war es ein sehr <strong>an</strong>regendes Wochenende, mit dem seltenen Vergnügen, 1.100 Kilometer <strong>an</strong> einem Stück ohne<br />

Regenkombi gefahren zu sein.<br />

Nach dem Vergnügen kam d<strong>an</strong>n tags dar<strong>auf</strong> die Arbeit: erst nach mehrmaligem Waschen und der Anwendung von einem<br />

Liter Kaltreiniger war der Dreck der Balk<strong>an</strong>-Pisten wieder weg. Die Kette war zum Erbarmen trocken und ausgelängt, die<br />

wunderbaren Dragon-Corsa-Reifen hatten fast die Hälfte ihres Profiles unterwegs verloren und würden also höchstens noch<br />

2.000 Kilometer halten. Die Verbräuche bewegten sich um die 5 Liter <strong>auf</strong> der L<strong>an</strong>dstraße, knapp 6 Liter bei normaler und<br />

nicht mehr als 6,5 Liter bei beschleunigter Autobahnfahrt.<br />

Der Sommer, der in diesem Jahr in Österreich seinem Namen überhaupt nicht gerecht wurde, bot kaum Gelegenheit zu<br />

einer weiteren Ausfahrt. Im August verbrachten Crisi und ich eine Woche Urlaub in Borso del Grappa. Um mir dort die Zeit<br />

ein wenig zu vertreiben, hatte ich unsere alte Yamaha XS 360 <strong>auf</strong> dem Anhänger mitgebracht. Mit diesem "Moped" erforschte<br />

ich die unzähligen kleinen Straßerln <strong>auf</strong> dem Grappa-Massiv.<br />

Dieser Berg ist wegen seiner strategischen Bedeutung im Ersten Weltkrieg mit einem dichten Netz von<br />

Versorgungsstraßen überzogen worden, die heute noch existieren, aber in einem höchst unterschiedlichen Zust<strong>an</strong>d. Von<br />

asphaltglatter Oberfläche bis zum kaum noch befahrbaren, grob geschotterten Trampelpfad ist alles vertreten, aber mit der<br />

h<strong>an</strong>dlichen, vollget<strong>an</strong>kt nur 170 kg leichten Yamaha konnte ich das meiste davon tadellos bewältigen.<br />

Auf den schwierigeren Straßenstücken kam mir aber doch m<strong>an</strong>chmal der Wunsch nach einem Geländemotorrad in den<br />

Sinn, am liebsten hätte ich für solche W<strong>an</strong>derungen über Stock und Stein eine ultra-leichte Trial-Maschine mit<br />

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