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Erinnerungen an meine ersten zwanzig Jahre auf Ducati ...

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D A S J A H R 1 9 9 8<br />

Nach Ende der Chemotherapie folgten insgesamt 31 Beh<strong>an</strong>dlungen in einem Kobalt-Linearbeschleuniger, <strong>auf</strong> gut deutsch,<br />

ein Bombardement mit härtester radioaktiver Strahlung, um den Riesenknödel namens Lymphom in <strong>meine</strong>m Atemkastl zum<br />

Schrumpfen zu ver<strong>an</strong>lassen.<br />

Ans Motorradfahren war trotz eines sommerlichen Februars, mit Temperaturen hart <strong>an</strong> der 20-Grad-Marke, nicht wirklich<br />

zu denken. Da st<strong>an</strong>den nun zwei vollget<strong>an</strong>kte, fahrbereite <strong>Ducati</strong>s in der Garage, und ich war von der Bestrahlerei so müde,<br />

daß ich jeden Nachmittag mindestens zwei Stunden ausruhen mußte.<br />

Mittlerweile hatte mich <strong>meine</strong> Pensionsversicherungs<strong>an</strong>stalt auch schon als "berufsunfähig" befristet pensioniert, sodaß<br />

zumindest mein Lebensunterhalt, wenn auch sehr bescheiden, gesichert war. Ich f<strong>an</strong>d das auch gerechtfertigt, schließlich hatte<br />

ich ein Jahrzehnt l<strong>an</strong>g monatlich mehr Steuern und Sozialabgaben abgeliefert, als m<strong>an</strong>ch <strong>an</strong>derer überhaupt netto verdient.<br />

Außerdem war geregelte Arbeit in diesem Frühjahr gar nicht möglich, ich war zu sehr körperlich geschwächt. Und die<br />

Wiederherstellung <strong>meine</strong>s Ausg<strong>an</strong>gszust<strong>an</strong>des vor Ausbruch der Kr<strong>an</strong>kheit war mir wichtiger als schnöder Mammon.<br />

Immerhin konnte ich noch im vor einem Jahr, im Jänner 97, zw<strong>an</strong>zig, dreißig Kilometer am Stück bei klirrender Kälte<br />

schil<strong>an</strong>gl<strong>auf</strong>en, ohne daß ich richtig außer Atem geriet.<br />

Aber als das Frühjahr näher rückte, beg<strong>an</strong>n ich bereits wieder Pläne zu schmieden: das Christi- Himmelfahrts-Wochenende<br />

im Mai sollte das <strong>Ducati</strong>-Revival einleiten, traditionell st<strong>an</strong>d da die Ausfahrt zum Monte Grappa <strong>auf</strong> dem Programm. An der<br />

900er war das obligate Überprüfungs-"Pickerl" fällig, eine rasch erledigte Pflichtübung, der eine erste kurze Probefahrt<br />

folgte.<br />

13. Mai 1998: Wien XII - Leopoldau - A22 - Tulln - Dopplerhütte - Exelberg - Schottenhof - Wien XII. (= 110km)<br />

Obwohl ich seit Juli 1996 nicht mehr <strong>auf</strong> der 900er unterwegs gewesen war, fühlte ich mich bald wieder recht wohl <strong>auf</strong><br />

ihr. Anf<strong>an</strong>gs noch verkrampft und furchtsam, nach kurzer Eingewöhnung wieder routiniert wie früher, kutschierte ich durch<br />

altbek<strong>an</strong>nte Wienerwaldstraßen nach Hause. Für Übermut war es trotzdem noch zu früh, also nahm ich sie <strong>auf</strong> dem Anhänger<br />

nach Borso del Grappa mit. Karl Hons, Günter Führing und Peter Zimmer fuhren mit ihren Motorrädern dorthin.<br />

22. Mai 1998: Borso del Grappa - Semonzo - Cima Grappa - Seren del Grappa - Primol<strong>an</strong>o - Enego - Foza - Asiago -<br />

Conco - Bass<strong>an</strong>o del Grappa - Borso. (=160km)<br />

Bei traumhaft schönem Maiwetter ging´s endlich wieder <strong>auf</strong> den Berg der Berge, <strong>auf</strong> einer alternativen Straße, die sich<br />

wegen ihrer geringen Fahrbahnbreite und engen Kurvenradien als Falle für mich erwies: <strong>an</strong> einer Gabelung, die sich<br />

dummerweise genau am Scheitel einer engen Serpentine bef<strong>an</strong>d, studierte ich einen Moment zu l<strong>an</strong>ge die Wegweiser-Tafeln.<br />

Als ich wieder beschleunigen wollte, war die Duc schon schräg eingelenkt und viel zu l<strong>an</strong>gsam. Der Versuch, mich mit einem<br />

Fußtritt nach unten wieder zu stabilisieren, endete mit einem Hoppala.<br />

Mein noch kraftloses Knie gab nach, und wie in Zeitlupe kippten wir um. Dem Motorrad passierte außer zwei kleinen<br />

Lackschäden <strong>an</strong> der Verkleidung gar nichts, nur war ich noch zu schwach, um es alleine wieder <strong>auf</strong>zurichten. Zu dritt brachten<br />

wir alles wieder ins Lot und setzten unsere Ausfahrt fort. Beim Anstieg vom Valsug<strong>an</strong>a <strong>auf</strong> die Hochebene der Sieben<br />

Gemeinden stach mich schon wieder der Hafer: die wohlbek<strong>an</strong>nten und gut ausgebauten Spitzkehren verleiteten mich zu<br />

forschem Gasgeben und geschwinde war der blamable Zwischenfall vergessen.<br />

Leider beg<strong>an</strong>n es nachmittags zu tröpfeln, und auch die folgenden Tage waren eher regenschw<strong>an</strong>ger. Aus<br />

Sicherheitsgründen tr<strong>an</strong>sportierte ich die Duc wieder huckepack nach Hause, ich fühlte mich noch nicht kräftig genug für die<br />

l<strong>an</strong>ge Heimreise. Die "Pecker" <strong>an</strong> der Verkleidung wurden durch <strong>meine</strong> dilett<strong>an</strong>tischen Pinseleien nicht schöner, hier mußte<br />

im nächsten Winter ein Fachm<strong>an</strong>n her.<br />

Der Frühsommer und der Sommer verging mit umf<strong>an</strong>greichen Vorbereitungsarbeiten, einerseits für das gepl<strong>an</strong>te World<br />

<strong>Ducati</strong> Weekend in Mis<strong>an</strong>o, <strong>an</strong>dererseits für unsere <strong>Ducati</strong> Speed Week. Die Werksleitung in Bologna hatte den <strong>Ducati</strong> Club<br />

Austria gebeten, für ihr erstes große Fest für <strong>Ducati</strong>-F<strong>an</strong>s aus aller Welt <strong>auf</strong> der Rennstrecke von S<strong>an</strong>tamonica Rennläufe zu<br />

org<strong>an</strong>isieren. Leider wurde nichts daraus, da es selbst <strong>Ducati</strong> Motor nicht gel<strong>an</strong>g, die Einwilligung der italienischen<br />

Rennsport-Behörde FMI dafür zu erhalten, und ohne den Reiz eines <strong>Ducati</strong>-Rennens kamen auch viel weniger Besucher nach<br />

Mis<strong>an</strong>o als erwartet.<br />

Die Speed Week wurde von uns Ende August ohne Zwischenfall erfolgreich abgewickelt, leider aber mit fühlbarem<br />

Besucherschwund. Das Über<strong>an</strong>gebot <strong>an</strong> <strong>Ducati</strong>-Treffen während des g<strong>an</strong>zen <strong>Jahre</strong>s ließ 10 % weniger aktive Fahrer und 20 %<br />

weniger Zuseher nach Zeltweg kommen, eine un<strong>an</strong>genehme fin<strong>an</strong>zielle Einbuße war die Folge. Für die nächsten <strong>Jahre</strong> mußten<br />

wir uns etwas einfallen lassen, denn ohne ein gesundes und rechtzeitig vorh<strong>an</strong>denes Budget war es zweifellos klüger, in<br />

Zukunft die Finger davon zu lassen.<br />

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