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Erinnerungen an meine ersten zwanzig Jahre auf Ducati ...

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Es waren aber nicht diese Gerüchte, die mich gehindert haben, eine <strong>Ducati</strong> zu k<strong>auf</strong>en, sondern zwei <strong>an</strong>dere Gründe. Zum<br />

<strong>ersten</strong> wollte ich eigentlich nichts stärkeres als 500 Kubik, mehr erschien mir in der Kosten-Nutzen-Relation unnötig. Zum<br />

zweiten war da ein astronomisch hoher Preis für die damaligen Spitzenmodelle 900 Supersport und 900<br />

Mike-Hailwood-Replica, der jeden K<strong>auf</strong>ged<strong>an</strong>ken sofort ad absurdum führte. Um das Geld bekam ja m<strong>an</strong> zwei jap<strong>an</strong>ische<br />

500er! Zwar gab es auch billigere <strong>Ducati</strong>s, mit 350er und 500er Paralleltwin-Motoren, doch die waren nur halbe Sachen.<br />

Nicht nur, daß sie ein verhunztes Styling hatten, die Motoren waren zudem undichte Ölsardinen ohne nennenswerte Leistung.<br />

Als d<strong>an</strong>n im Herbst 1979 die <strong>ersten</strong> Fotos von einer neuen 500er <strong>Ducati</strong> mit "Vau-Zwei-Desmo"-Motor durch die<br />

Gazetten geisterten, war ich wie elektrisiert. Der Herr hatte <strong>meine</strong> Gebete erhört, schien mir, denn diese schl<strong>an</strong>ke rot-silberne<br />

Maschine war die Kulmination aller <strong>meine</strong>r Wünsche. Alle Recherchen in Österreich betreffend Preis und Lieferzeit blieben<br />

vorerst erfolglos, den Winter über konnte ich mich nur in Geduld üben. Erst die Frühjahrsmesse des <strong>Jahre</strong>s 1980 erlöste mich<br />

von der quälenden Ungewißheit, ob mein Traummotorrad am Ende nur eine Zeitungsente war, eine Fata Morg<strong>an</strong>a in <strong>meine</strong>r<br />

Wüste heimlicher Sehnsüchte.<br />

Sie st<strong>an</strong>d <strong>auf</strong> einem Podest und war von Bändern umgrenzt, die die Menge davon abhalten sollten, sie allzu heftig zu<br />

begrapschen. Als erstes fiel mir <strong>auf</strong>, daß aus dem Rot-Silber der Erstproduktion inzwischen ein cooles Hellblau-Metallic<br />

geworden war (die Briten nennen die Farbe g<strong>an</strong>z zutreffend "Ice Blue"), das die Maschine noch schl<strong>an</strong>ker erscheinen ließ.<br />

Verglichen mit den jap<strong>an</strong>ischen und deutschen Modellen gleichen Hubraums bzw. gleicher Leistung wie zum Beispiel der<br />

Honda CX 500, Kawasaki Z 500, BMW R 65 war die <strong>Ducati</strong> mit dem interess<strong>an</strong>ten Namen "P<strong>an</strong>tah" eine geradezu<br />

überirdisch schöne Kreation italienischer Designer-Kunst.<br />

Trotz kaum vorh<strong>an</strong>dener Ersparnisse, als Maschinenbaustudent im zweiten Semester, weit entfernt von jeglichem<br />

Einkommen, bestellte ich sofort. Das heißt, ich durfte mich in eine Warteliste eintragen, die der damalige Importeur Richard<br />

Kas<strong>an</strong> in seinem Minibüro hinter dem Messest<strong>an</strong>d <strong>auf</strong>bewahrte. Ein rascher Blick <strong>auf</strong> die Liste offenbarte über 50<br />

Interessenten, eine Zwischenfrage ließ alle Hoffnungen gleich wieder schwinden. "Allerhöchstens 20 kommen dieses Jahr,<br />

maximal fünf gehen nach Wien" mußte ich entsetzt vernehmen.<br />

Der Herr der Duc´s mußte die Entgleisung <strong>meine</strong>r Gesichtszüge bemerkt haben, denn er verriet mir, daß noch keiner der<br />

Eingetragenen einen gültigen K<strong>auf</strong>vertrag habe, und für ihn zähle nur das. Ich solle nur so rasch als möglich zu seinem<br />

Vertragshändler in Wien, der Firma Detter zu gehen, um die Sache zu fixieren. Wie in Tr<strong>an</strong>ce fuhr ich heim und gest<strong>an</strong>d<br />

<strong>meine</strong>n Eltern, ich hätte soeben ein Motorrad um 75.000 Schilling praktisch schon gek<strong>auf</strong>t und sie müßten mir deshalb viel<br />

Geld borgen. Ich versprach, binnen zwei <strong>Jahre</strong>n die Summe durch Ferien-Jobs und Nachhilfeunterricht zurückzuzahlen und<br />

erhielt den notwendigen zinsenlosen Kredit. Vielleicht haben sie auch etwas von der Begeisterung gespürt, die in mir steckte.<br />

Zumindest hat die liebste Frau von allen etwas davon vernommen, denn entgegen aller weiblichen Vernunft verst<strong>an</strong>d sie<br />

sofort, wie wichtig mir die Sache war.<br />

Schon am nächsten Tag schnappte ich mein Sparbuch und fuhr zum "Racing Shop Detter". Eine Anzahlung von 10.000<br />

Schilling sei unumgänglich, damit der K<strong>auf</strong>vertrag bindend sei und ich eine der raren P<strong>an</strong>tah´s bekäme, meinte der Chef des<br />

Hauses. In spätestens 6 Wochen sei sie d<strong>an</strong>n da, höchstens Ende April könnte es werden, verkündete er <strong>auf</strong> <strong>meine</strong> b<strong>an</strong>ge Frage<br />

nach der Lieferzeit. Nachdem ich <strong>auf</strong> der nächsten B<strong>an</strong>k mein Sparbuch um die geforderte Summe erleichtert hatte und der<br />

Vertrag unterzeichnet war, erwartete mich eine freudige Überraschung. "Zufällig habe ich Kas<strong>an</strong>´s private P<strong>an</strong>tah als<br />

Testmotorrad da, wenn´s woll´n, können´s a Stunderl damit fahrn." Was für eine Frage, natürlich wollte ich, wovon ich seit<br />

Monaten träumte.<br />

Die erste Sitzprobe offenbarte sofort, was mich in Zukunft erwartete. "Was mich nicht umbringt, macht mich nur härter",<br />

unter diesem Motto faltete ich <strong>meine</strong> 181 cm Körpergröße in das Dreieck zwischen tiefliegenden Stummellenkern,<br />

hochliegenden Fußrasten und weit hintenliegender Sitzfläche. Als B<strong>an</strong>k konnte m<strong>an</strong> das winzige Platzerl zwischen T<strong>an</strong>k und<br />

Höcker ja wirklich nicht bezeichnen. Dieser sitzmäßige Notbehelf dürfte wohl aus Sparta stammen. Na, gemütlich war das ja<br />

nicht gerade, verglichen mit der RD 400, aber so ist das eben mit dem Sport. Ein Jockey sitzt ja auch nicht sehr bequem <strong>auf</strong><br />

seinem Renn-Leberkäs. Aber die ungewohnte Sitzposition war nur eine der Erfahrungen <strong>auf</strong> dieser Probefahrt.<br />

Den Chokehebel, der g<strong>an</strong>z vorne in der Verkleidung versteckt war, erreichte ich nur durch Streckung aller oberen<br />

Gliedmaßen inklusive Finger, wor<strong>auf</strong> mir gesagt wurde, daß m<strong>an</strong> ihn eh nur selten braucht, weil "zwei-dreimal einspritzen"<br />

auch genüge. Aha, die berühmten Dell´Orto-Vergaser mit Beschleunigerpumpe wurden hier <strong>an</strong>gesprochen. Ächz, wieso läßt<br />

sich der Gasgriff so schwer drehen. "Das ist so bei den Dell´Ortos" hörte ich noch, d<strong>an</strong>n spr<strong>an</strong>g der Motor nach einem Druck<br />

<strong>auf</strong> den Startknopf <strong>an</strong> und die Geräusche des Alltags traten in den Hintergrund. Trommelfellbeherrschend war ab diesem<br />

Moment nur noch die typische Mischung aus dem tiefen Conti-Brummen und dem infernalischen Schnüffeln der Vergaser.<br />

Nachdem es mich m<strong>an</strong>gels Einschlagwinkel beim Umdrehen fast umgeschmissen hatte, nahm ich endlich Fahrt <strong>auf</strong>.<br />

Die wenigen Kilometer bis zur Stadtgrenze ließen mich <strong>an</strong> <strong>meine</strong>m Entschluß heftigst zweifeln. Nein, das war kein<br />

Alltagsmotorrad, das ist nur was für Spezialisten <strong>auf</strong> einer Rennstrecke, damit k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> sicher nicht zu zweit fahren, Gepäck<br />

k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> auch keines mitnehmen, auweh, schon wieder eine Bodenwelle, mein armes Kreuz... Ortsende... Gas!<br />

Die Allee nach Biederm<strong>an</strong>nsdorf wurde immer schmäler, je weiter die Tachonadel sich im Uhrzeigersinne drehte. Bei<br />

180 km/h tauchte die nächste Ortstafel <strong>auf</strong>, ich griff voll in die Eisen. Drei Brembo-Sättel bissen in drei Gußscheiben und<br />

hatten wenig Mühe, die weniger als 200kg leichte Duc zu verzögern. D<strong>an</strong>n, nach dem Ortsende von Laxenburg, riß ich wieder<br />

das Gas <strong>auf</strong>, denn die nächsten drei, vier schnellen Kurven k<strong>an</strong>nte ich genau. Nur waren sie diesmal schneller da, weil mehr<br />

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