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Erinnerungen an meine ersten zwanzig Jahre auf Ducati ...

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In einer unübersichtliche Linkskurve kam mir zu <strong>meine</strong>m Entsetzen <strong>auf</strong> der Mittellinie ein weißes Polizei-Auto entgegen,<br />

ich war auch eher linkslastig in <strong>meine</strong>r Fahrbahnhälfte, also wurde es verdammt knapp. Der slowenische Gesetzeshüter verriß<br />

sein Fahrzeug, ich versuchte ebenfalls auszuweichen und fiel dabei <strong>auf</strong> die Nase.<br />

Die Duc rutschte vor mir Richtung Straßenr<strong>an</strong>d, ich hinterher, bis sie <strong>an</strong> einen Felsbrocken prallte, sich abrupt umdrehte<br />

und d<strong>an</strong>ach über mich hinweg rodelte. Dabei erlitt ich ernste innere Verletzungen und brach mir fünf Rippen. Eine<br />

slowenische Ambul<strong>an</strong>z tr<strong>an</strong>sportierte mich d<strong>an</strong>n wegen <strong>meine</strong>r heftigen Proteste nicht nach Kobarid, sondern gleich ins LKH<br />

Villach, wo jedoch ein überlasteter Turnusarzt ein schlampiges Röntgenbild falsch interpretierte und mich mitten in der Nacht<br />

mit der harmlosen Diagnose "Rippenprellung" <strong>auf</strong> die Straße setzte.<br />

Mit einem Taxi gel<strong>an</strong>gte ich schließlich nach Arnoldstein, wo ich <strong>meine</strong> Freunde im altgewohnten Gasthof "Wallner"<br />

wiederf<strong>an</strong>d. Ein Abschleppdienst hatte mittlerweile auch die arg ramponierte Duc hierher geliefert. Crisi holte mich d<strong>an</strong>n am<br />

frühen Morgen mit unserem Auto ab und brachte mich heim nach Wien.<br />

Mein alter Schulfreund und nunmehriger Hausarzt Gerhard Hubm<strong>an</strong>n diagnostizierte am folgenden Tag schon beim<br />

Abhören die gebrochenen Rippen, eine präzisere Serie von Röntgenbildern offenbarte d<strong>an</strong>n zusätzlich noch einen<br />

Fluidpneumothorax, das heißt, die Lunge war durch ein Rippenfragment <strong>an</strong>gestochen und füllte sich mit Flüssigkeit.<br />

Bald dar<strong>auf</strong> f<strong>an</strong>d ich mich im Kr<strong>an</strong>kenhaus Lainz wieder, wo m<strong>an</strong> noch eine Lungenblutung und eine durch den harten<br />

Aufprall geplatzte, aber gottseid<strong>an</strong>k wieder selbsttätig verschlossene Vena Cava im Brustraum feststellte. An dieser bisher<br />

unentdeckt geliebenen inneren Verletzung hätte ich nach Auskunft der Ärzte ebensogut 60 Sekunden nach dem Aufprall<br />

innerlich verbluten können.<br />

Davor hat mich ein gütiges Schicksal bewahrt, aber als bleibende Erinnerung <strong>an</strong> den Unfall werde ich für den Rest <strong>meine</strong>s<br />

Lebens eine eingeschränkte Lungenfunktion behalten. In den fünf Wochen im Kr<strong>an</strong>kenhaus und dem späteren dreiwöchigen<br />

Aufenthalt im Rehabilitationszentrum hatte ich viel Zeit zum Nachdenken.<br />

In m<strong>an</strong>chen Momenten, in denen mir bewußt wurde, wie sehr m<strong>an</strong> mitten im Leben dem Tode nah ist, dachte ich ernsthaft<br />

dar<strong>an</strong>, niemals wieder <strong>auf</strong> ein Motorrad zu steigen. Erst ein halbes Jahr nach dem unglücklichen Sturz konnte ich mich dazu<br />

entschließen, die <strong>Ducati</strong> 900 SS doch wieder neu erstehen zu lassen.<br />

Im Sinne der Bewältigung dieses für mich ziemlich bewußtseinsverändernden Ereignisses wollte ich auch nicht mehr mit<br />

den alten Klamotten weiter fahren. Die Lederkombi war zwar gar nicht arg zerschunden, die Stiefel nahezu unbeschädigt, nur<br />

Helm und H<strong>an</strong>dschuhe waren durch das l<strong>an</strong>ge Schlittern <strong>auf</strong> rauhem slowenischem Asphalt <strong>an</strong>- bis durchgeschliffen. Aber ich<br />

hatte damals einfach Hemmungen, jene Kleidungsstücke, in denen ich mit etwas weniger Glück auch sterben hätte können,<br />

wieder zu benützen.<br />

Mittlerweile ist auch die Duc d<strong>an</strong>k Peter Zimmer´s <strong>Ducati</strong>-Werkstatt wiederhergestellt, noch schöner als vorher. Die 900er<br />

hat auch einige zusätzliche "Schm<strong>an</strong>kerl" erhalten, zum Beispiel ultraleichte Marchesini-Magnesiumfelgen, eine neue<br />

Termignoni-Auspuff<strong>an</strong>lage, Guß-Bremsscheiben von den Racing-Duc´s, weiche Pirelli-Dragon-Corsa-Rennreifen und <strong>an</strong><br />

vielen Verschraubungen Ergal oder Tit<strong>an</strong>ium statt schnödem Stahl. Was kaputt war, wurde durch Neuteile ersetzt oder<br />

fachgerecht repariert.<br />

Lohn der Mühe ist nun eine Supersport "Hyperlight" mit einem sensationellen Trockengewicht von nur 170 kg, weniger als<br />

185 kg vollget<strong>an</strong>kt fahrfertig, das heißt echte 15 Kilogramm weniger als das Serienmodell. Auch dem Motor wurde ein<br />

großes Service spendiert, der Ventiltrieb gepflegt und fein justiert und die Steuerzeiten um 5° voreilend verstellt, was laut<br />

Lufto in Kombination mit der endlich funktionierenden Silent-Hektik-Zündung mehr <strong>an</strong> Drehfreude und Spitzenleistung<br />

bringen sollte.<br />

Bei "Corner" in Italien habe ich mir wieder eine neue Lederkombi maßschneidern lassen, mein alter Freund Maurizio hat<br />

mir bei Styl Martin neue Stiefel besorgt und ein neuer BMW-System-Helm schützt wieder <strong>meine</strong>n Kopf. Jetzt ist es Frühjahr<br />

1996, Zeit für eine neue Motorradsaison.<br />

Mit dem Aufarbeiten <strong>meine</strong>r "zweirädrigen Verg<strong>an</strong>genheit" kam glücklicherweise auch die Freude am <strong>Ducati</strong>-Fahren<br />

wieder. Pl<strong>an</strong>mäßig sollte dieses Buch hier enden. Zehn Tage vor <strong>meine</strong>m eigentlichen Jubiläum "15 <strong>Jahre</strong> <strong>auf</strong><br />

<strong>Ducati</strong>-Motorrädern" wäre der 17. Juni 1995 beinahe mein letzter geworden. Doch weil ich das <strong>Ducati</strong>-Fahren ja doch nicht<br />

lassen konnte, geht die Dokumentation <strong>meine</strong>r Fahrten durch die Alpen weiter, und das Buch wird d<strong>an</strong>n halt "20 <strong>Jahre</strong> <strong>auf</strong><br />

<strong>Ducati</strong>-Motorrädern" heißen.<br />

Seite 57

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