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Erinnerungen an meine ersten zwanzig Jahre auf Ducati ...

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D A S J A H R 1 9 9 9<br />

Den Silvester 1998 verbrachte ich infolge einer grippösen Infektion im Bett. Wenige Tage später stellte ich mich einer<br />

ärztlichen Untersuchung, ob mein Gesundheitszust<strong>an</strong>d einen weiteren Aufenthalt im Rehabilitationszentrum Hochegg<br />

rechtfertigen würde. Kurze Zeit später erhielt ich den positiven Bescheid: ich durfte wieder drei Wochen verstärkt <strong>an</strong> <strong>meine</strong>r<br />

Genesung arbeiten.<br />

Anf<strong>an</strong>g Februar rückte ich dort ein. Schon der erste Lungenfunktionstest zeigte, daß ich <strong>auf</strong> dem besten Wege war, der<br />

Wert war schon wieder fast so hoch wie der eines untrainierten Gesunden. Auch der Ergometrietest war nicht übel: 200 Watt<br />

sind für einen Normalmenschen nicht überragend, aber für einen Krebskr<strong>an</strong>ken mit eingeschränkter Lungenkapazität recht<br />

passabel.<br />

Die folgenden 20 Tage betrachtete ich das Rehab-Zentrum als mein persönliches Trainingslager, ich ließ mir gierig alle<br />

erlaubten Therapien verschreiben und bemühte mich, dabei immer <strong>an</strong> <strong>meine</strong> Belastungsgrenzen zu gehen. An den<br />

Nachmittagen marschierte ich d<strong>an</strong>n alleine "im Stechschritt durch die Tundra", also recht flott durch die schneebedeckte<br />

L<strong>an</strong>dschaft, täglich zwei bis drei Stunden. Als ich Anf<strong>an</strong>g März heimfuhr, fühlte ich mich beinahe schon wieder fit, zudem<br />

hatte ich rund 5 Kilogramm abgespeckt.<br />

Auch zuhause machte ich weiter "<strong>auf</strong> gesund": viele Spaziergänge, weite W<strong>an</strong>derungen und, als der Frühling l<strong>an</strong>gsam<br />

wiederkam, l<strong>an</strong>ge Fahrradtouren halfen mir beim Aufbautraining. Gesunde und maßvolle Ernährung ließ mich auch l<strong>an</strong>gsam<br />

weiter Gewicht abbauen. Mein Ziel war, am Beginn der Saison wieder bequem in die Lederkombi zu passen. Peter´s Monster<br />

Dark war für April <strong>an</strong>gekündigt, im selben Monat wollten wir auch Joh<strong>an</strong>nes´ 907i.e. heim holen, d<strong>an</strong>n sollte es in neuer<br />

Formation wieder einmal los gehen.<br />

Ende März machte ich das obligate 900er-Service. Viel war nicht zu tun, bloß Ölwechsel, ein neuer Ölfilter und die<br />

Zahnriemensp<strong>an</strong>nung kontrollieren. Die rechte Verkleidungshälfte war neu lackiert, und etliche Plastik- und Aluteile wichen<br />

exquisiten Kohlefaser-Pend<strong>an</strong>ts. Meine "rote Primadonna" war wieder frisch geschminkt für ihren nächsten Auftritt.<br />

9. April 1999: Wien XII - A2 - Laxenburg - Seibersdorf - Hof am Leithagebirge - Donnerskirchen - Hof -<br />

Unterwaltersdorf - Ebreichsdorf - Laxenburg - A2 - Wien XII. (=120km)<br />

Angst essen Seele <strong>auf</strong> - das war das Motto <strong>auf</strong> <strong>meine</strong>r <strong>ersten</strong> Probefahrt seit fast einem Jahr Pause. Noch sehr furchtsam<br />

beim Umlegen und ziemlich schreckhaft in unerwarteten Situationen ertastete ich <strong>meine</strong> Grenzen <strong>auf</strong> der bek<strong>an</strong>nten<br />

harmlosen Teststrecke im Leithagebirge. Zwei Zentimeter breite Angststreifen unberührten Profils links und rechts am 180er<br />

Pirelli Dragon Corsa Hinterreifen zeigten mir erschreckend deutlich, wieviel ich noch zu üben hatte, um wieder <strong>an</strong> frühere<br />

Fahrkünste <strong>an</strong>schließen zu können.<br />

Peter L<strong>an</strong>drichter f<strong>an</strong>d das aus seiner Sicht g<strong>an</strong>z in Ordnung, schließlich wäre er ja wirklich Anfänger <strong>auf</strong> der Monster 600<br />

und wollte nicht schon am Anf<strong>an</strong>g seiner <strong>Ducati</strong>sten-Karriere durch rasch enteilende Kollegen frustriert werden. Conny, seine<br />

Freundin, machte ebenfalls ernst mit ihren zweirädrigen Absichten und beg<strong>an</strong>n tatsächlich mit der<br />

Motorrad-Führerscheinausbildung. Joh<strong>an</strong>nes Wolf ergriff pl<strong>an</strong>ungsmäßig die Initiative und regte eine größere Ausfahrt im<br />

Juli durch die Schweiz nach Fr<strong>an</strong>kreich und zurück durch die Dolomiten <strong>an</strong>. Viel Neues in diesem Frühjahr...<br />

12. April 1999: Wien XII - Neuwaldegg - Exelberg - Dopplerhütte - Rieder Berg - Sieghartskirchen - Preßbaum -<br />

Hengstlhöhe - Klausenleopoldsdorf - G´schriebene Buche - Schusternazl - Breitenfurt - Wien XII. (=110km)<br />

Das war die klassische Zweistunden-Wienerwaldausfahrt, ideal, um wieder ein paar Kurvenkombinationen zu üben. Alte<br />

Weisheiten aus den Klassikern der Motorradliteratur ("Klacks" Leverkus, schau oba!) fielen mir wieder ein und halfen beim<br />

Wieder-Lernen. Es nützt ja tatsächlich, wenn m<strong>an</strong> bewußt und mit dem g<strong>an</strong>zen Kopf dorthin schaut, wohin m<strong>an</strong> in den<br />

nächsten paar Sekunden fahren wird, der Rest, M<strong>an</strong>n und Maschine, folgen d<strong>an</strong>n fast von alleine. Besonders in engen<br />

Berg<strong>auf</strong>-Serpentinen wird m<strong>an</strong> durch diese betonte Blicktechnik davor bewahrt, eine falsche Linie zu wählen.<br />

15. April 1999: Wien XII - A 21 - All<strong>an</strong>d - Hafnerberg - Pottenstein - Hals - Rohrer Sattel - Kalte Kuchl - Hainfeld -<br />

Klammhöhe - Laaben - Klausenleopoldsdorf - G´schriebene Buche - Schusternazl - Kleiner Semmering - Gablitz -<br />

Mauerbach - Dopplerhütte - Mauerbach - Wien XII. (=230km)<br />

Ein sonniger, föhniger Nachmittag verleitete mich zu einer weiteren Ausfahrt mit einem klassischen Ziel: ein Kaffee im<br />

Gasthaus Kalte Kuchl. Die Lederkombi zwickte <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs ein bißchen, bis das Leder wieder warm und geschmeidig wurde.<br />

Mit den Kilometern kehrte auch die Routine zusehends wieder, die Angst machte dem Fahrspaß gerne Platz. Auf der<br />

Dopplerhütte traf ich <strong>meine</strong>n alten Freund Leo Potesil und plauderte über alte Zeiten. Mein "Bordcomputer", der<br />

elektronische Fahrradtacho, funktionierte d<strong>an</strong>k eines neuen, größeren Perm<strong>an</strong>entmagneten am Bremsscheibenstern auch<br />

wieder, so ich bei der Heimkehr nicht <strong>auf</strong>s Ablesen vergesse, k<strong>an</strong>n ich ab jetzt wieder die Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

<strong>an</strong>geben.<br />

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