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Erinnerungen an meine ersten zwanzig Jahre auf Ducati ...

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V O R G E S C H I C H T E<br />

Im Grunde bin ich, wie viele <strong>an</strong>dere aus <strong>meine</strong>r Generation auch, erblich ein wenig vorbelastet, was den H<strong>an</strong>g zu<br />

Motorrädern betrifft. Schon mein Großvater selig fuhr in den Dreißiger-<strong>Jahre</strong>n ein Dienstmotorrad, wenn er in einer kleinen<br />

Waldviertler Gemeinde seinen Pflichten als Gendarmerie-Rayonsinspektor nachkam. Mein Vater ging nach dem Krieg nach<br />

Wien und k<strong>auf</strong>te sich, wie die meisten, für die ein Automobil in dieser <strong>ersten</strong> Zeit des Wieder<strong>auf</strong>baues unerschwinglich war,<br />

ein Motorrad als Tr<strong>an</strong>sportmittel für die Fahrt zur Arbeit.<br />

"Urlaub" oder "Freizeit" waren in dieser Zeit eher Fremdwörter. Trotzdem habe ich im Archiv <strong>meine</strong>r Eltern Fotos<br />

gefunden, die belegen, daß mein Vater in den Fünfziger-<strong>Jahre</strong>n gemeinsam mit einem ebenfalls "motorradisierten" Freund<br />

ausgedehnte Fahrten durch Österreich unternommen hat. Dennoch war für ihn seine Puch 150 SV sicherlich in erster Linie<br />

Zweckfahrzeug und nur zu einem geringen Teil ein Freizeitgefährt.<br />

Als ich 1960 zur Welt gekommen war, st<strong>an</strong>d allerdings schon ein kleines Auto vor der Tür, die Puch war um wenig Geld<br />

verk<strong>auf</strong>t worden. Ich wuchs also ohne Kindheitskontakt zum Motorrad <strong>auf</strong>. Ich erinnere mich aber noch recht genau dar<strong>an</strong>,<br />

daß ich schon mit dreizehn <strong>Jahre</strong>n als Mittelschüler "Das Motorrad" regelmäßig zu lesen beg<strong>an</strong>n. Dieses Interesse <strong>an</strong> der<br />

Technik des Zweirades nahm d<strong>an</strong>n überproportional zu, als mein Schulfreund Rol<strong>an</strong>d, der ein Jahr älter als ich war, ein<br />

Moped bekam und mich, damals erst 15, probieren ließ.<br />

Ich hatte nie besondere Neigung, Fahrrad zu fahren, vielleicht, weil ich im Gegensatz zu m<strong>an</strong>chem Freund kein<br />

sogen<strong>an</strong>ntes Rennrad mit 5 oder gar 10 Gängen besaß, sondern nur ein Klapprad, mit dem m<strong>an</strong> sich zwar schwitzend<br />

abstrampelte, aber trotzdem nicht sonderlich vom Fleck kam. Der erste körperliche Kontakt mit der Kraft eines motorisierten<br />

Zweirades aber hat mich sofort infiziert. Die ungeheure Mobilität, die die Enge des Gemeindewohnbaus, des Häuserblocks,<br />

des Bezirks sprengte, das Bewußtsein, Macht über den Raum und seine Entfernungen auszuüben, faszinierte mich ab den<br />

<strong>ersten</strong> Gehversuchen mit zweieinhalb PS und 40 km/h.<br />

Natürlich konfrontierte ich <strong>meine</strong> Eltern sofort mit der unabänderlichen Tatsache, daß mein Geschenk zum 16.<br />

Geburtstag nur ein Moped sein könne. Zu <strong>meine</strong>m großen Glück traf ich <strong>auf</strong> relativ geringen Widerst<strong>an</strong>d, nur drei<br />

Versprechen nahm mir mein Vater ab: <strong>ersten</strong>s, niemals ohne Sturzhelm zu fahren, zweitens, vorher die wichtigsten<br />

Verkehrsregeln zu lernen und drittens, die Kosten für einen zukünftigen Führerschein durch Ferien-Jobs selbst zu verdienen,<br />

denn beides, Moped und später die Fahrschule, wäre ihm zuviel <strong>an</strong> Ausgaben.<br />

So bekam ich 1976, <strong>an</strong> einem kalten Märztag, wenige Wochen nach <strong>meine</strong>m 16. Geburtstag, eine funkelnagelneue<br />

metallic-grüne Zündapp KS 50 und freute mich wie ein Schneekönig. Gut informiert, wie ich durch die Lektüre diverser<br />

deutscher Motorradhefte ja war, wußte ich, daß der Motor normalerweise ja über sechs PS leistete und nur für die<br />

österreichischen Vorschriften <strong>auf</strong> 40 km/h gedrosselt war. Als auch diese notwendige minimale M<strong>an</strong>ipulation erledigt und die<br />

Zündapp dadurch sozusagen "verkehrstauglich" war, beg<strong>an</strong>nen für mich die wohl unbeschwertesten <strong>Jahre</strong> <strong>meine</strong>s Lebens.<br />

Die Schule bereitete mir keinerlei Probleme, durch den regelmäßigen Vorweis guter Noten waren <strong>meine</strong> Eltern stets<br />

großzügig, was Taschengeld und mein Freizeitverhalten betraf. So lernte ich in dieser Zeit nicht nur die Straßen des<br />

Wienerwaldes, sondern auch viele neue gleichgesinnte Freunde kennen. Es war immer etwas los zwischen Stamm-Café und<br />

Eissalon, zwischen Exelberg und den Badeseen südlich von Wien, dort, wo heute hektarweise Konsumtempel die L<strong>an</strong>dschaft<br />

versch<strong>an</strong>deln. Mit den vielen Kilometern <strong>auf</strong> engen L<strong>an</strong>dstraßen legte ich sicher damals schon einen Grundstein für <strong>meine</strong><br />

spätere Fahrpraxis.<br />

Einer <strong>meine</strong>r neuen Freunde, Toni Göllner, war schon einige <strong>Jahre</strong> älter als ich und besaß eine Hercules 125 und eine<br />

Yamaha XS 650, die er beide freigebig herborgte. Auf nebensächliche Formalitäten wie den Besitz eines gültigen<br />

Führerscheins legte er keinen besonderen Wert. Diese d<strong>an</strong>kenswerte Einstellung erlaubte mir schon im zarten Alter von 17<br />

<strong>Jahre</strong>n ausgiebige Übungsfahrten mit einer "schweren Maschine", denn das war die 650er zweifellos. Über 200 Kilo schwer,<br />

mit einem drehmomentstarken Paralleltwin und den dazugehörigen markerschütternden Vibrationen ausgestattet, war sie<br />

mein erster Inbegriff von einem ordentlichen Motorrad. Dazu paßte auch der tief-frequente Geräuschpegel, den die beiden<br />

offenen Burgess-Auspuff-"Tröten" erzeugten, was auch den Aufmerksamkeitswert der XS drastisch erhöhte.<br />

Im Juni 1977 wurde ich d<strong>an</strong>n auch zum <strong>ersten</strong> Mal mit den Schattenseiten des Lebens vertraut gemacht: mein ältester und<br />

bester Freund Alfred "Fredl" Koller, der mein Nachbar und Kamerad seit unserem Kindergartenalter war, starb einen<br />

schrecklichen Unfalltod. Beim Versuch, eine gerade abgefertigte Stadtbahn (heute U-Bahn) noch zu erreichen, rutschte er von<br />

der K<strong>an</strong>te des Perrons ab und fiel <strong>auf</strong> die Gleise. Ein Rad der in diesem Moment losfahrenden Garnitur ging ihm mitten durch<br />

den Kopf. Das Begräbnis war furchtbar, der Schock, daß jem<strong>an</strong>d aus unserer Mitte mit nicht einmal 17 <strong>Jahre</strong>n abtreten mußte,<br />

war für uns alle nicht leicht zu verdauen.<br />

Der Führerschein "passierte" d<strong>an</strong>n im Frühjahr 1978 quasi "im Vorbeigehen". An <strong>meine</strong> "Motorradausbildung" erinnere<br />

ich mich besonders gerne, war ich doch einer der <strong>ersten</strong>, der nicht mehr mit einer Beiwagenmaschine praktizieren mußte,<br />

sondern schon <strong>auf</strong> richtigen Motorrädern "lernen" durfte. Viele Übungen des neu eingeführten "Zwölf-Stationen-Pl<strong>an</strong>es"<br />

gel<strong>an</strong>gen mir <strong>auf</strong> Anhieb besser als <strong>meine</strong>m Fahrlehrer, was ihm ziemlichen Respekt abnötigte. Als es mir d<strong>an</strong>n in der letzten<br />

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