Erinnerungen an meine ersten zwanzig Jahre auf Ducati ...

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Mitte August verpaßte ich der Pantah dann ein etwas ausgiebigeres Service: ein neuer Hinterreifen, erstmals ein etwas breiterer 120/90er, neue Kettenräder, eine neue Kette, neue Bremsbeläge, frisches Motoröl usw. Wir hatten eine weite Reise vor uns: gemeinsam mit Helmuth Fraisl wollten wir in die Toskana fahren, genauer gesagt bis auf die Insel Elba, wo wir für zwei Wochen ein Appartement gemietet hatten. Crisi und Ilse, Helmuth´s Verlobte, wollten mit seinem Auto fahren und unser aller Gepäck transportieren. 18. August 1988: Wien - Ybbs - Lunz am See - Hieflau - Gesäuse - Admont - Nagelschmiedpaß - Hohentauern - Oberzeiring - Murau - Bundschuhtal - Nockalmstraße - Spittal/Drau - Gailberg - Lesachtal - Kartitschsattel. (=570km) Helmuth und ich fuhren einen Tag vor unseren Frauen los, denn wir wollten einen kleinen Umweg über Südtirol machen. Schon die Anreise war das reinste Vergnügen, herrliches Wetter und schöne Bergstraßen. Als krönenden Abschluß genehmigten wir uns am Abend das Lesachtal, das ist eine 50 km lange total enge Straße ohne jegliche Gerade zwischen den unzähligen Kurven. Am Abend taten uns dann vom vielen Kuppeln und Bremsen "die Pratzen weh". 19. August 1988: Kartitsch - Toblach - Passo Tre Croci - Cortina d´Ampezzo - Passo Falzarego - Passo Pordoi - Trento - Verona - Modena - San Giovanni in Persiceto. (=480km) Durch die leider von deutschen und holländischen Wohnwagengespannen überlaufenen Dolomiten und die öde Po-Ebene führte uns diese Etappe, zeitweilig war es unerträglich heiß. Der Treffpunkt San Giovanni ist ein Dorf gleich neben Bologna, es gilt als Kerngebiet des spritzigen Lambrusco. Nach einem opulenten Mahl und einigen Gläsern dieses roten Weines fuhren wir dann in der Abenddämmerung noch nach Borgo Panigale und drehten eine Ehrenrunde um das Ducati-Werk. 20. August 1988: San Giovanni - Modena - Maranello - Pavullo nel Frignano - Lucca - Pisa - Cecina - Piombino - Portoferraio - Lacona. (=340km) Die kurvenreiche Straße von Modena über Pavullo nach Lucca fuhren wir gemeinsam, das heißt, Helmuth und ich fuhren fröhlich eine Stunde voraus, dann warteten wir eine halbe Stunde auf unsere Damen im PKW. Die Strecke ist wirklich empfehlenswert. In Piombino waren wir viel zu früh, es herrschte Hochbetrieb. Wir mußten also warten, bis endlich die Fähre abgefertigt wurde, für die wir eine Reservierung hatten. Keine Chance, in eine frühere zu schlüpfen, also mußten wir letztendlich im Stockdunklen unser Ferienquartier suchen, die "Villa Parco" in Lacona. Wir machten uns kaum die Mühe, alles ordentlich auszupacken. Wir wollten nur noch duschen und ein kaltes Bier auf der Terrasse trinken, dann gingen wir müde zu Bett. Am nächsten Morgen sahen wir, daß wir es hervorragend getroffen hatten. Von unserem Appartement waren es nur fünf Gehminuten bis zum schönsten Badestrand der Insel. Dort verbrachten wir die folgenden Tage mit absolutem Nichtstun. Erst nach dieser Erholungspause wollten wir die Insel motorradmäßig erkunden. 23. August 1988: Lacona - Marina di Campo - Fetovaia - Chiessi - Zanca - Marciana - Poggio - Marciana Marina - Procchio - San Giovanni - Porto Azzurro - Rio Marina - Cavo - Rio nell Elba - Capoliveri - Lacona. (=140km) Die Insel ist ja nicht besonders groß, nur etwa 28 km breit und zwischen vier und 18 km lang. Die Tagesausfahrt hatte uns bereits über 80 Prozent aller asphaltierten Straßen geführt. Trotzdem, Elba ist ein Erlebnis, landschaftlich ein verkleinertes Abbild der Toskana. Die Straßen sind durchwegs gut ausgebaut und sehr kurvenreich. Speziell am 1.019 Meter hohen Monte Capanne gibt es richtige Bergstraßen, mit großen Steigungen und vielen Serpentinen. 30. August 1988: Lacona - Marina di Campo - San Ilario - Monte Perone - Poggio - Marciana Marina - Procchio - La Pila - Lacona. (=60km) Dies waren die restlichen 20 % an verfügbaren Freilandstraßen. Am Monte Perone ist ein Naturpark mit herrlichem Baumbestand, eine richtige Paßstraße führt mitten durch. An meiner Duc verabschiedete sich plötzlich eine Halte-Feder des Zündschlosses, der Schlüssel sprang deshalb immer wieder heraus. Eine Notreparatur mit Hilfe eines starken Gummiringerls reichte bis ins Quartier. Dort zerlegte ich das Zündschloß bis ins kleinste Detail und "schnitzte" und feilte mir mit meinem Schweizer Offiziersmesser aus der Spiralfeder und anderen Teilen eines Kugelschreibers Ersatz für die verschlissenen Teile. Das Schloß hielt dann wieder anstandslos. 3. September 1988: Lacona - Portoferraio - Piombino - Follonica - Massa Marittima - Siena - Arezzo - Passo dei Mandrioli - San Piero in Bagno - Cesena - Bologna - Mestre - Muzzana del Turgnano. (=620km) Zunächst schien ja alles wunderbar zu laufen. Die Fahrt quer durch den Apennin offenbarte uns immer neue optische Eindrücke. Nach dem eindrucksvollen Passo dei Mandrioli verlor ich Helmuth hinter mir aus dem Rückspiegel. Einige Kilometer später beschloß ich, umzukehren, und schon bald kam er mir schiebenderweise entgegen. Wir ließen den Motor nur kurz an, und unsere Schnelldiagnose war identisch: Getriebeschaden. Ein Abschleppdienst des ACI verfrachtete die Duc dann in eine Garage, wo sie unser Freund Ferdinando De Cecco, der ja in Muzzana eine Werkstätte besaß, ein paar Tage später abholte und auch reparierte. Bei ihm erreichten wir auch telefonisch unsere Frauen, die uns dann wieder entgegen fuhren und mich auf einer Autobahnraststätte zwischen Bologna und Mestre von der ungewohnten Last eines ausgewachsenen Beifahrers samt seinem Gepäck befreiten. In Muzzana übernachteten wir dann auch, in dem Hotel war gerade eine Hochzeitstafel und entsprechend Stimmung. Das Malheur war bald verschmerzt, Helmuth fuhr tags darauf kommod mit seinem Auto nach Hause. Einige Wochen später holten wir die reparierte Pantah dann mit einem Anhänger wieder heim. Seite 29
4. September 1988: Muzzana - Udine - Kanaltal - Tarvis - Klagenfurt - Griffner Berg - Südautobahn - Graz - Wien. (=550km) Meine Duc hatte die zwei heißen Wochen und die dazugehörigen 3.000 Kilometer ohne größere Schäden überstanden. Das lädierte Zündschloß tauschte ich vorsichtshalber doch aus. Ansonsten war nur Putz- und Pflegedienst fällig. Feiner Flugsand war in alle Vertiefungen des Motorgehäuses gedrungen und ließ sich erst nach mehreren Waschungen entfernen. 15. Oktober 1988: Wien - Tulln - Kirchberg am Wagram - Langenlois - Gföhl - Krems - Kleinhain - St. Pölten - Böheimkirchen - Neulangbach - Preßbaum - Wien. (=210km) Crisi´s bisher längste Ausfahrt war leider ein bißchen neblig. Wichtiger als tolle Kurven war mir dabei, möglichst verkehrsarme Straßen zu fahren, damit sie Fahrpraxis ohne Angst erwerben konnte. 23. Oktober 1988: Wien - Baden - Pottenstein - Hals - Pernitz - Rohrer Sattel - Kalte Kuchl - Klammhöhe - Laaben - Alland - Wien. (=180km) Karl und Sylvia Hons begleiteten uns auf dieser letzten Ausfahrt im Jahr 1988. Wenn die Strecke eindeutig war, fuhren Karli und ich voraus und warteten dann an der nächsten Schlüsselstelle auf unsere Ehefrauen. Sylvi fuhr an diesem Tag ein wenig vorwitzig und rutschte in einer Serpentine des Hals-Passes aus. Es passierte zwar nichts, aber danach hatten weder Crisi noch Sylvi mehr rechte Freude am Fahren. Nun hatte die Pantah schon 49.000 km auf dem "Buckel". Im Winter bekam sie neue Benzinschläuche aus gewebeummantelten Gummi anstelle der durchsichtigen Plastikschläuche, die immer schon nach nur fünf Minuten Kontakt mit Benzin steinhart wurden. Die Gummischläuche halten noch heute und sind total flexibel geblieben. Ich reinigte und justierte die Vergaser, tauschte die mittlerweile brüchig gewordenen Zündkabel und stellte die Pick-Up´s der Zündung exakt ein. Ansonsten genügten der Duc die üblichen Wintermaßnahmen, neue Zahnriemen und frisches Motoröl. Seite 30
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