13.07.2015 Aufrufe

herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

31 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTMein Apotheker führte mich in ein Zimmer zu ebener Erde, wo sämtlicheBeamte des Pascha beschäftigt waren. Links in der Ecke des Gemachs, an dessenvier Wänden sich breite Diwans befanden, lag ein alter Mann mit langemschneeweißen Bart und zählte aus einer eisernen Geldkiste die Münzen in kleinenHäufchen vor sich hin. Es war der Finanzminister. Neben ihm siegelte einnoch ziemlich junger Mann einige Briefe zu, wahrscheinlich der Mann derauswärtigen Angelegenheiten. Zu einem Dritten, der mit halb geschlossenenAugen dalag, äußerst langsam und bedächtig schrieb, brachte mich mein Führerund händigte ihm unsere Pässe ein. Er durchsah sie und ich mußte ihm unsereNamen vorsagen, die er dann in den gräßlichsten Verrenkungen wieder <strong>von</strong> sichgab, wobei auf dem äußerst langweiligen Gesicht ein kleines Lächeln emporstieg.Auch mußteich ihm das Signalement eines jeden <strong>von</strong> uns vorsagen, wobeier sich den Spaß machte und mich fragen ließ, ob alle meine Reisegefährten sogroße Bärte hätten, wie ich.Die Feder eines Reihers, den Frisch den Tag vorher an der Donau geschossenunddie ich auf meine Mütze gesteckt, erregte seine Aufmerksamkeit. Er ließmich fragen, ob sie vielleicht ein Zeichen meines Standes und meiner Würdesei und als ich dies verneinte, bat mich der Apotheker, sie abzunehmen. Aufdem Rückweg nötigte mich dieser in seine Wohnung, wo etwa zwanzig Töpfeund Gläser auf einem Gestell die ganze Offizin ausmachten. Er stopfte mir einePfeife (Tschibuk), auf welche sein Diener – ein langer Schlingel, der in einemweißleinenen Kittel und mit herzlich dummem Gesicht dem Pierrot der italienischenKomödie vollkommen ähnlich sah – eine feurige Kohle legte. Nachdemich einige Züge geraucht, führte er mich zum Haus des Agenten zurück, wounsere Pferde schon bereit standen, das heißt, mit einem Halfter aus Strickengezäumt und auf dem Rücken eine schmutzige Decke. So werden sie in derTürkei geliefert und der Reisende muß sich Sattel und Zeug selbst anschaffen.Wir kauften drei alte türkische und zwei neue tartarische Sättel, die nebst Zaumund Kantschuh 55 Gulden kosteten.So gut und zweckmäßig wir auch für unser Reitkostüm schon in der Heimatgesorgt hatten, so fanden wir es doch hier für nötig und äußerst geschickt,unsere Fußbekleidung auf bulgarische Art einzurichten und ich rate jedem Reisenden,in gleichem Fall die Auslage einiger Gulden nicht zu scheuen. Mankauft nämlich ein paar ganz dünne ziegenlederne Schuhe, die man über diegewöhnlichen Strümpfe zieht. Sie kosten etwa zwölf Piaster. Über diese einKAPITEL 2. RITT DURCH DIE EUROPÄISCHE TÜRKEI 32paar sogenannte bulgarische Strümpfe, die bis übers Knie hinauf reichen, die<strong>von</strong> Tuch und mit buntem Garn ausgenäht sind, im Preis <strong>von</strong> dreißig Piaster.Dann kommen ein paar schwere Lederstiefel, welche bis über die Waden gehen,vierzig Piaster – und man hat die Füße aufs sorgfältigste geschützt. Die ganzeAnschaffung kostet also 82 Piaster – zehn Gulden rheinisch und gewährt demReisenden, wie ich aus Erfahrung weiß, viel Angenehmes. Abends, wenn manin den schlechten Chan kommt, wirft man mit Leichtigkeit die schweren Stiefel<strong>von</strong> sich und streckt sich mit warmem Fuß und Beinen, die der erwähnte Lederstrumpfgeschützt, natürlich in der vollen Kleidung aufs Lager. Auch kauftenwir für jeden <strong>von</strong> uns eine lange Peitsche mit kurzem Stiel – den Kantschuh.Durch das Aufschirren war es spät geworden und als wir auf den äußerstkleinen, schlecht aussehenden Pferden durch die kotigen Straßen zur Stadt hinaustrabten, dunkelte es bereits. Unsere Karawane sah recht abenteuerlich aus.Den Zug führte einer der Sürüdschi, ein alter Türke mit langem Bart, Pistolenund H ands c har (Dolch) im Gürtel. Er saß ganz krumm, die Knieean den Hals heraufgezogen, auf seinem Roß und führte das Packpferd an derHand. Hinter ihm ritt unser Tartar mit seinem malerischen Kostüm, weite blaueBeinkleider, auf denen ein goldener Stern als Zeichen seiner Würde gesticktwar und den er nie mit dem Mantel bedeckte. An den Füßen weiße, blau ausgenähtebulgarische Stiefel, ein roter Gürtel um den Leib, darüber eine grüneschwarz ausgenähte Jacke und auf dem Kopf ein rotes F eß , mit langer, wallenderblauseidener Quaste. Über der Schulter hing an einer seidenen Schnurein schwarzes ledernes, goldgesticktes Täschchen, worin er den F e r mandes Pascha mit unseren Namen und der Reiseroute aufbewahrte. Er hieß Hamsaund zeigte sich auf der ganzen Tour als ein ehrlicher, umsichtiger und gefälligerMensch. Ihm folgten wir fünf in unsere Pelze gehüllt, eine leichte Reisemützeauf dem Kopf, die Gewehre, Pistolen, Säbel an uns und am Sattel hängend. UnserEngländer machte die Reise im runden Hut und Macintosh, was gegen diefaltigen Turbane und weiten Kleider der Türken sehr abstach. Die Arrieregardebildete der zweite Reitknecht. Als wir an das Stadttor kamen, war dasselbebereits geschlossen und wir mußten eine gute halbe Stunde warten, bis einerder Sürüdschi, der im Galopp zurückkehrte, um die Schlüssel zu holen, wiederkam. Doch hatten wir während der Zeit einen bezaubernd schönen Anblick,als wir uns nach der Stadt umwandten. Der R a mas a n hatte vor wenigenTagen begonnen. Sobald während dieser heiligen Zeit Sonnenuntergang durch

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!