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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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57 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTfür unsere Beine brauchen, konnten nur zu drei, höchstens vier eine solche Wasserschachtelbesteigen. Aber die Türken, die ihrer Geschäfte wegen häufig überden Hafen setzen müssen, finden zu acht bis zehn in einem solchen Boot Platz,da sie sich auf ihre untergeschlagenen Bein an den Boden setzen. Meist bewegtein einzelner Mann ein solches Boot vorwärts, aber mit erstaunlicher Schnelligkeitund Gewandtheiht, wobei er beständig ein lautes: ”Johe!“ ausstößt, um einanderes Boot, das vielleicht um die Ecke eines Kriegsschiffes herum ihm in dieSeite fahren würde, frühzeitig zu benachrichtigen.Bei diesem Ausweichen kommt die Leichtigkeit der Fahrzeuge wieder sehrzu Statten, da stets mehrere Hundert den Hafen bedecken und manches Unglückdurch anprallen vorfallen müsste, wenn der Schiffer nicht mit einem einzigenRuderschlag seinem Boot eine andere Richtung geben könnte.–Das reizende Bild des Hafens, der sich zwischen Konstantinopel und denauf dem anderen Ufer liegen den Vorstädten wie ein klarer Bach hinzieht, wirddurch die Menge dieser kleinen Fahrzeuge sehr belebt. Einen äußerst komischenAnblick gewährt ein solches Kaik, mit einer Menschenladung, <strong>von</strong> derman nur die Köpfe über dem Bord emporragen sieht. Hin und wieder arbeitetsich auch die Schaluppe eines Kriegsschiffes schwerfällig zwischen den Kaiksdurch, doch nicht minder hübsch. Diese Fahrzeuge sind <strong>von</strong> dunklerer Farbeals die Schiffe, mit einem einzigen blauen, roten oder weißen Streifen um denRand. Auf den Bänken sitzen die Matrosen, bei den größeren in zwei, bei denkleineren nur in einer Reihe in ihren Jacken <strong>von</strong> dunkler Leinwand, worüber sieeinen sauberen breiten Hemdkragen herauslegen, der meist <strong>von</strong> blauer Farbeist. Er rahmt in Verbindung mit dem schwarzen beteerten, keck aufgestutztenHut die frischen runden Köpf der Matrosen recht angenehm ein. Am Hinterteilder Schaluppe steckt die Flagge und unter der selben sitzt auf einem mit derLandesflagge eingefassten blauen Tuch der Offizier, der sie befehligt, in seinenHänden zwei Schnüre, mit denen er das Steuerruder leitet. Mich hat dasAn- und Abfahren dieser Kriegschaluppen stets ergötzt, die Matrosen sitzen aufihren Bänken, die Ruderstange gerade in die Höhe gestreckt, den Augenblickerwartend, wo der Offizier einsteigt. Dann pfeift der Bootsmann, die Matrosenstoßen vom Schiff ab und lassen ihre Ruder alle zugleich ins Wasser fallen.Eine für uns Ausländer besonders merkwürdige Erscheinung, die uns beiunseren Spazierfahrten auf dem Hafen öfters aufstieß, war ein großes weißesKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 58Kaik, reich vergoldet, dessen sauber geschnitzter, bunt bemalter Schnabel sehrlang und spitz war. Auf demselben, beinahe am Ende, stand ein goldener Vogelmit ausgebreiteten Flügeln, der einen Ring im Schnabel hielt, <strong>von</strong> welchemzwei dicke seidene Schnüre bis an die Spitze des Bootes gingen und es zumleiten schienen. In der Mitte des Fahrzeugs trugen vier oder sechs vergoldeteSäulen den ein Dach <strong>von</strong> roten Samt mit Goldstickerei, unter dem ein reichgekleideter junger Mann saß, der etwas bleich aussah. Er trug ein Feß, welchesein großer Stern und Diamanten schmückte. Es war der Sultan Abdul Medschid,auf Deutsch: Diener der Andacht.Vorn im Schiff neben dem Vogel war ein etwas erhöhter Sitz angebracht,auf dem einige <strong>von</strong> Gefolge des Sultans saßen. Im Hinterteil befand sich dieDienerschaft. Der Sultan hat zu seinem Privatgebrauch drei solcher Kaiks, einsmit 14, ein anderes mit 28, das größte mit 56 Ruderknechten, die weiße Jackenund Beinkleider tragen und auf dem Kopf ein rotes Feß. Ihre Ruderstangen sindebenfalls weiß mit goldenen Blumen verziert. Man sagte uns, in der Anzahldieser Bootsknechte sei absichtlich die Zahl sieben als eine heilige enthalten.In diesem Boot des Padischa folgt ein ähnliches, leeres, denn die Etikette willnicht, daß der Großherr die Rückfahrt im gleichen Boot mache.Sobald das Boot des Sultans auf dem Wasser erscheint, müssen alle übrigenFahrzeuge in ihrem Lauf einhalten. Jeder darin Sitzende muß seine Pfeifenbeiseite legen und wehe dem, der sich unterstände, in diesem Augenblick insWasser zu spucken oder etwas hinein zu werfen. Sind die, welche gegen diesesGesetz handeln Muselmänner, so werden sie mit Geldstrafen oder einer gewißenAnzahl Hiebe auf die Fußsohlen bestraft, sind es Fremde, die sich mit Unkenntnisdieser Gebote entschuldigen können, so fällt die Strafe auf den Kaikschioder Bootsführer. Einem anderen Boot, dunkel bemalt, das zuweilen auf demgoldenen Horn erscheint, weichen alle Kaik ängstlich aus und fliehen es, wiedie kleinen Fische den gefräßigen Hai. Sogar der Osmanli, den selten etwasaus seiner Ruhe zu stören vermag, verlässt den Strand des Meeres, wo er seinePfeife rauchte und zieht sich zurück, sobald dieses Boot mit sieben Paar Rudernbemannt, den Ufer nahe kommt. Ein alter, finsterer Türke mit langem Bart sitztdarin und spät aufmerksam umher. – Es ist der Bostandschi Baschi, General derGarden (Leibwachen). Er sorgt für die Sicherheit und Ruhe des Hafens, hat, wieder Janitscharen Aga, Gewalt über Leben und Tod und macht gewöhnlich kurzenProzess. Seine Kawaschen binden den Schuldigen und ertränken ihn ohneweiteres im Meer.

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