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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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143 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTdargebracht, bedecken die Wände. Die Fenster dieses Saales, <strong>von</strong> außen durchrankende Pflanzen und Rosengebüsche fast unsichtbar, gewähren dennoch einereizende Aussicht auf den Blumengarten – hier möchte ich auch als Sultanruhen, die lange Pfeife in den Händen und stundenlang gedankenlos in den Gartenschauen, auf den Flor der Blumen und Mädchen meines Harems, oder michin dem klaren Wasser spiegeln, das vor meinen Fenstern ein schönes Marmorbeckenfüllt. Wie oft mag der Beherrscher der Gläubigen da hinabgeschaut habenund die tanzenden Rosenblätter auf dem Wasser waren ihm seine Flotten,die er in Gedanken hinaus sandte in die Welt, um neue Länder zu erobern – bisihn ein weißer runder Arm aus diesem Träumereien weckte, um ihn in anderesüße zu versenken. Hier dieses Wasserbecken war es vielleicht, wo Sultan Ibrahimauf seine Lieblingsweise mit seinen Weibern und Kindern scherzte, indemer sie aus dem Fenster des Gemachs entkleidet in das Marmorbecken warf undeine Zeit lang darin herumplätschern ließ, ehe er den umstehenden Sklaven denBefehl gab, sie wieder herauszufischen.Durch ein Bad des Sultans Abdul-Hamids traten wir aus dem persischen Saalin die Bibliothek Selim III.; zwei prächtige Zimmer, ein kleineres mit Bücherschränken,nach Hammer die Handbibliothek Selims, Geschichtsschreiber undDichter, durchgängig Prachtexemplare, durch Schöne der Schrift ausgezeichnet.Das größere hat einen ganz goldenen Plafond, <strong>von</strong> welchem und Körbe mitkünstlichen Vögeln herunterhängen, die dem ruhenden Gebieter etwas vorsingen.Und mochten sie nicht für würdig halten, ihre Stimmen ertönen zu lassenund uns zu unterhalten, denn sie waren stumm wie alle diese zauberhaftenRäume. An den Wänden des Gemachs hingen prachtvolle, meistens alte Waffen,reich mit Gold und Edelsteinen besetzt, Dolche, Pistolen, Säbel, Bogenund Köcher. In der Mitte auf einem prächtigen Bodenteppich stand ein großesKohlenbecken (Mangahl). Jetzt sahen in diesem Privatzimmer rings auf allenDivans herum, ohne zu finden, was wir suchten. Denn hier lag, wie der Herr<strong>von</strong> Hammer erzählt, die große Brieftasche des Sultans, aus gelbem Leder mitSilber gestickt, eine ähnliche, wie ihm bei festlichen Gelegenheiten <strong>von</strong> einemder Kronbeamten vorgetragen wird. Jetzt war sie nicht mehr da. Wahrscheinlichhat sie Sultan Abdul Medschid mit nach Beschiktasch genommen, wo er jetztgerade wohnt. Denn die Großmächte werden ihm so viel zu notieren geben, daßer vermutlich seines ganzen Brieftaschen-Vorrats bedarf, um sich alles gehörigzu merken.KAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 144Eine Tür <strong>von</strong> vergoldetem Schnittzwerk führt aus dem Zimmer des Herrscherszurück in den Teil des Blumengartens, der der Hyazinthengarten heißt.Die Gärten des Serails, sowie die Privatwohnung des Sultans hatten wir nun gesehenund unser schwarzer Begleiter führte uns quer durch den Garten zu eineranderen Tür, wo ich im ersten Augenblick nicht im Stande war, mich trotz dergenauen Angaben Hammers zu orientieren. Wir traten in einen Gang, an dessenEnde sich ein anderes großes Tor befand und erst, als uns der Schwarze jenes alsdas Top-Capu – Kanonentor bezeichnete, wußte ich, daß wir uns in dem Gangbefanden, der das Haremlik, Wohnung der Weiber, vom Seramlik, Begrüßungsortoder Wohnung der Männer, scheidet. Zur linken Hand gingen wir eine Stiegehinauf und kamen in den großen Tanz- und Theatersaal, der durch Stufen inzwei Hälften geteilt wird und hierdurch eine Gestalt wie unsere Theater erhält.Hier wird der Beherrscher der Gläubigen <strong>von</strong> seinen Frauen und Odalisken mitTanz und Gesang unterhalten, die sich aber sonderbar genug im unteren Teil desSaals, ich möchte ihn zum Vergleich das Parterre nennen, befinden, wogegender Sultan oben auf der Bühne sitzt und dem Ballett zusieht. Auch befindet sichhier ein vergittertes Geländer, hinter welchem er zuweilen mit einer Favoritinverborgene ruht und sich so auf verschiedene Weise amüsiert. Der ganze Saal istmit den prächtigsten Spiegeln <strong>von</strong> Kristall und Agat geschmückt und muß beiLampenschimmer und Musik, sowie bei den flatternden gestickten Kleidern derüppigen Tänzerinnen einen feenhaft zauberischen Anblick gewähren. Jetzt lagder weite Saal ruhig und still. Nichts regte sich, selbst unser redseliger Führerverstummte und nahte sich leise auftretend einer Tür, die der, zu welcher wireingetreten, gegenüber lag und über welcher die Inschrift stand:Sie werden hereintreten <strong>von</strong> allen Türen.denn dort fängt der Harem an und aus dieser Pforte erscheinen die Sultaninnenmit ihrem Gefolge vor dem Herrn, bald um ihn zu erheitern, freudig und munterauf die Töne der Zither lauschend, bald um vor sein erzürntes Antlitz zu tretenund dicht in ihre Schleier verhüllt, stumm und trostlos. Dann unterbrechen keineMusikklänge die dumpfen Stille, ein Gewitter ist im Anzug, des Gebieters Augeschleudert Blitze und drunten donnern die Wellen des Meeres an die Mauern,als verlangten sie stürmisch ein Opfer.Ehe wir den Harem betreten, möchte ich gern einige erklärende Worte überdieses innere Hauswesen der türkischen Herrscher vorausschicken. Der Sul-

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