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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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121 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTte sich der Baron auf diesen Schimmel und lud mich ein, einen kleinen Coursmit ihm zu machen, um zu sehen, welches Pferd das schnellste sei. Da ihm dieBügel zu kurz waren, legte er sie vorn über den Sattelknopf und wir jagten dahin.Ich war beständig dicht hinter ihm, so daß der Kopf meines Pferdes seinenSchenkel fast berührte, konnte ihn aber nicht überholen.Da der Weg, auf dem wir ritten, ziemlich schmutzig war, so bewarf mich dasausgreifende Pferd des Barons mit so viel Kot, daß ich in Pera angekommen,bei der Abendtafel alle Mühe hatte, mich vor der übrigen Gesellschaft <strong>von</strong> demVerdacht zu reinigen, als habe ich den Sandreiter gespielt.Türkisches Familienleben.Aus Allem, was dem Europäer in Bezug auf das andere Geschlecht hier zuLande aufstößt, ersieht man leicht, daß die türkischen Damen eine sehr untergeordneteRolle spielen. Aber doch nicht die gedrückte und elende, die wir nachunseren Begriffen mit jenen Verhältnissen wohl unzertrennlich halten.Es ist dem Mohamedaner erlaubt, vier Frauen zu nehmen, doch gibt es wenige,die nicht an einer schon genug hätten und deren Vermögensumstände eserlaubten, zwei, drei oder vier Weiber zu nehmen. Da ist fast noch nie vorgekommenist, daß sich zwei Frauen in einem Haus vertragen hätten – ich sprechenatürlich hier nicht <strong>von</strong> den weitläufigen Harems des Sultans und der hohenBeamten – vielmehr in geständigem Hader und Zwist lebten, der sich nicht, wievielleicht bei uns auf Verleumdung und böse Nachreden beschränkte, sondernoft in blutige Händel ausartet, so muß in solchem Fall jede Frau ihr eigenesHaus haben, welchem sie natürlich über die dienenden Weiber unumschränktregiert. Was ferner die eine Frau an Putz oder Schmucksachen <strong>von</strong> dem Mannbekommt, nimmt die andere auch in Anspruch und da ist oft ein neues glänzendesBand, das die eine vor der anderen bekommt, Ursache zu den unangenehmstenHändeln. Fährt eine der Frauen mit ihren Sklavinnen und Kindern spazieren,so würde die andere nicht zu Hause bleiben wollen, ich glaube, wenn sietodkrank wäre. Das geht so fort bis auf die geringsten Kleinigkeiten. Was sollaber auch der Türke sich in diese Verhältnisse verwickeln, da ihm das Gesetzein ausgleichendes Mittel darbietet? Es ist nämlich erlaubt, so viele Sklavinnenzu halten, als er kann und will und das Kind der Sklavin erfreut sich nach denKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 122türkischen Gesetzen derselben Rechte und Begünstigungen, wie das Kind derrechtmäßigen Frau. Es beruht überhaupt die ganze Ehe der Orientalen nur aufSinnlichkeit und der Türke erhandelt seine Frau, ohne sich um ihre Neigungoder Liebe zu bekümmern <strong>von</strong> dem Vater oder den Verwandten derselben, wieeine Ware vom Kaufmann. Denn anstatt durch seine Frau in Heiratsgut zu erlangen,bezahlt er vielmehr dem Vater derselben eine gewisse Summe für sie,dieser verliert ja einen weiblichen Domestiken.Ein ander Nachteil des Bräutigams besteht darin, daß er seine Frau erst dannzu sehen bekommt, wenn sie ihn angetraut ist und in demselben Augenblicksehen sie ihre Verwandten, selbst der Vater und die Brüder zum letzten Mal unverscheiert.Da auf diese Art die Ehen ohne viele Förmlichkeiten geschlossenwerden, so erlaubt das Gesetz dem Muselmanne auch ebenso leicht wieder, sich<strong>von</strong> seiner Frau zu trennen, ein Fall, der fast jeden Heiratskontrakt vorgesehenwird, indem man in demselben die Summe vormerkt, die der Mann dem Vaterzu zahlen hat, wenn er in den Fall kommen sollte, sich <strong>von</strong> seiner Frau zutrennen. Ein anderes ist es, wenn die Frau die strenge Sitte des Harems verletzte,wo sie im Fall ihr Begünstigter eine Mohamedaner ist, mit Schimpf undSchande ins Haus ihrer Eltern zurückgejagt wird und wenn es gar ein Raja, einchristlicher Untertan der Pforte wäre, so steckt man sie ohne viele Ceremonienin einen Sack und wirft sie ins Meer. Der Christ dagegen wird gehenkt. Eigentlichist es traurig, daß die armen Türkinnen durch die Verhältnisse so gedrücktsind, daß sie nicht einmal eine Vergeltung jenseits zu hoffen haben, indem derProphet ihnen nach dem Leben da keine Stellung anzuweisen wußte. Was nachdem Tod aus ihnen wird, weiß kein Mensch. Denn die Houris, die den Gläubigenim Paradies für die Mühseligkeiten auf Erden entschädigen, haben nichtsmit den Verstorbenen Weibern gemein.Obgleich es aber dem Muselmann nicht schwer gemacht wird, sich <strong>von</strong> seinerFrau zu scheiden, so kommt es doch selten vor, teils weil der Türke einnatürliches großmütiges Gefühl hat, welches sein einmal geschenktes Vertrauennicht leicht erlöschen läßt, teils weil er vielleicht eines Spruchs aus dem Koraneingedenk ist, der ihm sagt: ”Ihr Männer sollt bedenken, daß das Weib aus derRippe, also aus einem krummen Bein geschaffen ist. Deshalb, ihr Gläubigen,habt Geduld mit den Weibern. Denn wenn ihr ein krummes Bein geradebiegenwollt, so bricht es.“Man weiß, daß die Frauen in den Harems sehr streng bewacht werden und

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