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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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145 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTtan hat sieben rechtmäßige Frauen, wahrscheinlich sieben als heilige Zahl, wo<strong>von</strong>jede ihr eigenes Gemach – Oda – und so viel Zofen, dienende Weiber undMägde hat, als der Sultan will, <strong>von</strong> denen er jede einzeln nach seinem Beliebenzur Bettgenossin erklären kann. Diese dienenden Mädchen, <strong>von</strong> dem Wort Oda,die Kammer, Odaliken oder Odalisken genannt, was demnach so viel bedeutet,als unser Name Frauenzimmer oder Kammermädchen, sind dazu bestimmt, ihrganzes Leben lang niedere Dienste zu tun, wenn sie nicht das Glück haben, demSultan, ihrem Herren, zu gefallen und vielleicht durch eine Schwangerschaft ausder dienenden Klasse emporgehoben werden. In diesem Fall tritt die Glücklichenicht nur in den gleichen, sondern noch in einen höheren Rang als der der siebenFrauen, die dem Sultan vielleicht keinen Erben geboren haben und erhältden Namen Sultanin Chasseki; beschenkt sie ihren Herrn noch gar mit einemPrinzen, der sein Nachfolger wird, so kann sie es bis zum höchsten Rang imHarem, zur Sultanin Valide, Mutter des regierenden Sultans, bringen und beherrschtnicht selten <strong>von</strong> den Polstern ihres Gemachs den Sultan und das Land.Die andern Odalisken, denen kein solches Glück zuteil wird, fühlen sich in derRegel in ihrer Sklaverei nicht unglücklich und die des Sultans sind wenigstensfroh, diesem zu dienen und nicht vielleicht in den Harem irgendeines Paschasoder gar in den eines obersten Verschnittenen gekommen zu sein. Denn auchdiese haben einen Harem, der sogar, wie ich aus einer glaubwürdigen Quelleerfuhr, öfters aus Weibern und Knaben besteht. Doch versteht sich <strong>von</strong> selbst,daß dieser Harem nur zum Staat gehalten wird, wie dieses im Morgenland <strong>von</strong>der ältesten Zeit her üblich ist. So war nach der geschichtlichen Überlieferungder Araber, Perser und Türken, Putifar, der Oberschatzmeister des Pharao, einEunuche und seiner Gemalin, Suleicha, brennende Liebe für den schönen Jussuferscheint dadurch in milderem Lichte.*Im Allgemeinen muß man nicht glauben, daß sich die dritte und vierte Fraueines Türken deshalb unglücklich fühle, weil sie die dritte oder vierte ist. ImGegenteil ist sie entzückt darüber, denn ein Mann, der schon drei Weiber hat undsie zur vierten nimmt, muß<strong>von</strong> ihren Reizen bezaubert sein und dieselben höherhalten, als die seiner anderen Weiber. Die liebsten Träume unserer Mädchensind, einst einen Mann zu bekommen und die Türkinnen, als Frau oder Odaliskezu einem Mann zu kommen. Ländlich, sittlich. Und da letztere keine großenAnsprüche machen, warum sollten sie nicht glücklich sein. Ein Divan, um sichdarauf bequem zu legen, etwas Spielzeug wie das unserer Kinder und sonstigeKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 146Kleinigkeiten, um sich die Zeit angenehm zu vertreiben, ein Springbrunnen,dessen Plätschern sie einschläfert – Herz, was verlangst du mehr?Aus dem Theatersaal treten wir in einen langen dunklen Gang und sind imeigentlichen Harem. Hier im oberen Stockwerk wohnen die Frauen des Sultansin kleinen Gemächern, in denen sich Divans und Ruhebetten befinden. An denWänden sind zierlich geschnitzte Schränke <strong>von</strong> vergoldetem Holz mit kleinenSpiegeln eingelegte oder <strong>von</strong> hartem dunklen Holz mit Perlmutter verziert, inwelchen die Damen ihre Schmucksachen, Kleider und das Toilettengerät aufheben.Eine Verzierung der Wände, die man in diesen Gemächern am häufigstenantrifft, ist die Personenbeschreibung des Propheten mit Perlmutterschrift,meist auf himmelblauem Grund eingelegt. Sie ist auf jeder Wand einige Mal,sodaß man sie beständig vor Augen hat. Herr <strong>von</strong> Hammer sagt hierüber: DerText dieser Beschreibung, der auch auf den <strong>von</strong> Frauen getragenen Gürteltalismanenhäufig vorkommt, vertritt hier die Stelle des gemalten Porträts, das derIslam vewehrt und schwebt den Sultaninnen als Schönheitsideal vor, um durchdie wiederholte Lesung derselben das Bild des Propheten in höchsten Glanz derSchönheit und Vollkommenheit ihrer Einbildungskraft und durch dieselbe denUnterpfand der Liebe in ihrem Schoß einzuprägen. Diese Inschrift vertritt alsoin den Gemächern schwangerer Sultaninnen die Stelle der Statuen des Apollo<strong>von</strong> Belvedere oder der mediceischen Venus, welche zu diese Berufe in europäischenSchlafgemächern aufgestellt sein könnten. In Perlmutter eingelegt,hat sie die Bestimmung, die lesende Sultanin zur Perle der Mütter zu erhebenund deshalb findet sie sich hauptsächlich auch in dem Gemach der Sultanin Valide,der Mutter des regierenden Sultans, welche dem plastischen Segen derselbenvielleicht die Ehre ihres gegenwärtigen Hofstaats und Ansehens verdankt.Diese talismanische Personenbeschreibung lautet folgendermaßen:Es ist kein Gott als Gott und Mohamed ist Gottes Prophet. Der Vortrefflichstewar braun und weiß zugleich, mit langen dünnen Augenbrauen, glänzend”<strong>von</strong> Angesicht, in voller Reife des männlichen Alters. Dunkelaugig, <strong>von</strong> ehrwürdigerStirn, kleinen Ohren, gebogener Nase, mit <strong>von</strong>einander getrenntenZähnen, runden Gesichtes und Bartes, langhändig, feinfingerig, <strong>von</strong> vollkommenWuchs, ohne Haare auf seinem Bauch, ausgenommen eine Linie <strong>von</strong> derBrust bis zum Nabel und zwischen seinen Schultern das Siegel des Prophetentums(ein großes Muttermal), worauf geschrieben stand: Wende dich wohin duwillst, so folgt dir der Sieg.“

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