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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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97 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTAn einem schönen Morgen, nachdem wir schon auf obige Art mehrere Tageverschleudert hatten, brachen wir in Begleitung des Herrn <strong>von</strong> C. <strong>von</strong> Pera auf,um einen Teil der Merkwürdigkeiten planmäßig in Augenschein zu nehmen. Dawir hierzu eine weite Tour zu machen hatten, suchten wir uns am Ufer <strong>von</strong> dendort aufgestellten Mietpferden die besten heraus. Hierbei fallen ähnliche komischeAuftritte vor, wie bei den Kaiks. Die Pferdevermieter sind ebenso zudringlich,besonders gegen die Franken, die natürlich mehr als die Osmanli bezahlenmüssen. Dabei ist das Gedränge, was immer bei unserer Ankunft entstand, nichtganz ohne Gefahr. Sie suchen einem so nahe wie möglich mit ihren Pferden aufden Leib zu rücken, die, nicht so geduldig wie ihre Herren, bisweilen zu schlagenund zu beißen anfangen. Im Augenblick ist man <strong>von</strong> einem Haufen dieserMenschen umringt und ich war nicht selten gezwungen, das Pferd, an das michder Zufall gedrängt hatte, zu besteigen, um nur dem Gedränge zu entkommen.Hat man sich auf diese Art betritten gemacht, so hält sich jeder Vermieter an einemSteigbügelriemen seines Pferdes und läuft im Trab oder Gallop nebenher.An der Spitze des Zuges ritt der Herr <strong>von</strong> C., dessen Sais oder Reitknecht durchlautes Geschrei die Begegnenden zum Ausweichen aufforderte, und so trabtenwir auf den kleinen Pferden, die auf dem glatten schlüpfrigen Pflaster fast nieeinen Fehltritt machen, ziemlich rasch durch die Gassen.Unseren ersten Halt machten wir auf dem At Meidan, dem Hippodrom, demberühmtesten aller Plätze des alten und neuen Konstantinopels. Wir stiegen <strong>von</strong>unseren Pferden, um die armseligen Überbleibsel der früheren prächtigen Monumenteund Bauwerke, die auf diesem Platz standen, in der Nähe zu besehen.Der Hippodrom ist <strong>von</strong> Kaiser Severus, nachdem er die zerstörte Stadt erobert,angelegt und war <strong>von</strong> da an der Schauplatz der festlichen Spiele, sowiefast aller Aufstände und Revolutionen, welche den Thron der byzantinischenKaiser so oft erschüttert. Alles, was uns <strong>von</strong> der früheren Pracht und Herrlichkeitdieses Platzes erzählt wird, könnte man für eine Fabel halten. Hier, wo nachden Geschichtsschreibern die schönsten Werke der Kunst aufgestellt waren, istnichts mehr zu sehen als drei verstümmelte Monumente: ein unvollendeter Obeliskin der Mitte des Platzes, dessen geglättete Seiten, besonders die gegen dasMeer gekehrten, <strong>von</strong> der Zeit und der Seeluft schon stark beschädigt sind, fernerein früher mit Kupfer bekleideter Pfeiler, dessen jetzt verschwundene Inschriftbesagte, daß Konstantin, der im Purpur Geborene, ihn so prächtig hergestellt,daß er gleich dem Koloss zu Rhodos für ein Weltwunder angesehen worden.KAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 98Und endlich ein dreifaches Schlangengewinde, dessen Köpfe jedoch nicht mehrvorhanden sind und der Sage nach den Dreifuß <strong>von</strong> Delphi getragen haben soll.Von den marmornen Stufen, die früher einen großen Teil des Platzes umgabenund worauf das Volk dem Wettrennen zusah, ist keine Spur mehr vorhanden.Schlecht gebaute Häuser haben sich überall herangedrängt und der Platz,der früher vielleicht viermal so groß war, ist heute nur 250 Schritte lang und 150breit. Der Boden ist uneben und schmutzig und hier und da wächst eine Plataneoder Sykomore aus ihm hervor, unter der ein türkischer Kaffeewirt seine elendeBude aufgeschlagen hat. Gelehnt an einen Pfeiler der Moschee Achmeds,die am At Meidan liegt, überdachte ich das Sonst und Jetzt dieses Platzes, einKontrast, wie die Geschichte fast keinen traurigeren aufzuweisen hat.Dort stand die Statue des Herkules Trihesperus, der ohne Bogen, Köcherund Keule sich mit dem linken Fuß auf das Knie niederließ, in derselben Stellung,wie er als Sternbild am Himmel prangt. Dieses Kunstwerk wurde <strong>von</strong> denLateinern bei der Eroberung der Stadt in Stücke zerbrochen, um das Erz zuKupfergeld einzuschmelzen. Ferner war hier der Esel mit dem Eselstreiber <strong>von</strong>Actium, den Augustus dort zum Andenken aufrichten ließ, weil, als er eines Tageshinausging, um die Stellung des Antonius zu erspähen, ihm ein Eselstreibermit einem Esel begegnete, der ihm auf die Frage, wie er heiße und wohin er gehe,antwortete: ”Nikon (siegend), mein Esel Nikander (Siegmann) und ich gehezu Cäsars Heer.“Neben ihm stand die Wölfin, welche den Romulus und Remusgesäugt hatte, ein Nilpferd mit schuppichtem Schweif, fliegende Sphynxe unddie zwei Ungeheuer Scylla und Charybdis. Die Statue der Helene, Liebe atmendund einflößend, mit fliegenden Haaren und lächelnden, zum Reden geöffnetenLippen, war hier zu sehen mit aller Anmut, womit sie der Gürtel Aphroditensausgestattet. An den Rennzielen standen die Statuen berühmter Wagenlenker,in die mit der Hand die Lehren wagenführender Kunst einschärften. Zwischendiesen Statuen waren auf einer Seite die Altäre des Zeus, Saturnus und Mars,und auf der anderen die der Venus, des Mondes und die des Merkurs. Neben denTurm des Hippodroms, wo sich die Gitter befanden, hinter welchen die Pferdeungeduldig warteten, war der kaiserliche Thron, <strong>von</strong> welchem der Kaiser miteinem Tuch das Zeichen zum Auslaufen gab. Die vierspännigen Wagen, welchenun daherstürmten, mußten den Rennplatz sieben Mal umfahren. Auf demTurm des Hippodroms standen die vier berühmten goldenen Pferde, welche <strong>von</strong>Athen nach Chios und dann nach Konstantinopel gebracht wurden. Nach Erobe-

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