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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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37 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTSehr schön und angenehm sind dagegen die vielen Brunnen mit klarem, herrlichemWasser, die man hierzulande auf allen Wegen und Plätzen findet. Wirsind auf unserem Ritt nach Stambul wenigstens alle zwei Stunden an einemsolchen vorbeigekommen. Es sind vier Fuß hohe steinerne Nischen, mit eisernenRöhren, auch fehlt nie der hölzerne Becher, der bei uns den ersten Taggestohlen oder verdorben wäre. Die Ehrlichkeit ist überhaupt ein schöner Zugim Charakter des Türken. Trotz der überall sichtbaren Armut reist man nirgendsso sicher wie hier. Man kann bei Nacht seine Sachen auspacken und wird auchkeine Stecknadel vermissen. Raub und Mord kommt selten oder nie vor.Als wir in unseren Gasthof zurückkamen, sah der Stall etwas wohnlicheraus. Man hatte den Boden mit Matten und Kissen bedeckt, ein Feuer loderte imKamin und kaum hatten wir uns gelagert, so brachte der Tartar einen großenTopf mit gekochtem Reis (dem berühmten P i l l au ) und zwei Hühner, welcheer herausnahm, mit den Fingern zerriß und vorlegte. Daß uns dies Abendbrotnach einem Ritt <strong>von</strong> fünfzehn Stunden und einer durchwachten Nacht herrlichschmeckte, brauche ich nicht zu sagen. Auch schliefen wir gut und setztenam andern Morgen um fünf Uhr unsere Reise fort.Heute hatten wir eine Tour vor uns, welche man uns in Wien und auf demDampfboot, als mit fast unüberwindlichen Hindernissen besät, geschildert hatte– den Übergang über den Balkan. Außer Schnee und Eis, womit in dieserJahreszeit das Gebirge bedeckt sein sollte, hatte man uns fürchterliche Windeangekündigt, welche Mann und Roß in den Abgrund schleudern könnten,Räuber und Mörder heraufbeschworen und uns deshalb beim Abschied dieHand geschüttelt, wie zum Nimmerwiedersehen. Von alledem bemerken wirnichts, als wir auf den kleinen sicheren Pferden die steilen Abhänge emporkletterten.Es war ein schöner Tag, der Nebel sank, ein herrlicher blauer Himmel, dunklerals in Deutschland, wölbte sich über uns. Wir überstiegen den Balkan indrei Absätzen. Der erste Abhang war schon ziemlich steil, doch konnte mandas Steingeröll, in dem sich unsere Pferde hinaufarbeiteten, ebenfalls auch eineStraße nennen.Wir trafen dann und wann zwei- bis dreihundert Fuß lange Strecken einerRömerstraße, welche an manchen Stellen noch ziemlich gut erhalten war. Vonder Faulheit und Sorglosigkeit der Türken sahen wir wieder ausgezeichnete Beispiele.Um sich auf ihren Streifzügen Feuer zum Kochen zu verschaffen, hattenKAPITEL 2. RITT DURCH DIE EUROPÄISCHE TÜRKEI 38sie hier und da die schönsten Eichen niedergebrannt, ohne sie umzuhauen. Sielegen dabei unten an den Stamm Feuer und wenn der königliche Baum hinstürzt,lassen sie ihn ruhig verbrennen bis zur Krone, kochen dabei ihren Pillauund rauchen ihre Pfeifen.Man kennt sieben Hauptpässe über den Hämus, welche durch die alten Kriegsgeschichtenmehr oder minder merkwürdig geworden sind. Die bedeutendstenwaren der westliche, der in der älteren Römerzeit S uc c i , in der späterenT raj ans perre hieß und der östliche, der <strong>von</strong> A dr i ano p e l nachS c huml a und P arawadi führte. Diesen letzteren zogen auch wir teilweise.Ihn hat Theophylactus poetisch beschrieben. Er sagt <strong>von</strong> ihm: die untenliegenden Ebenen sind wie mit blumigen Teppichen bedeckt, grüne Wiesen sindFest und Freude den Augen, dichte Schattenzelte des Waldes verbergen den heraufsteigendenWanderer und viele Hitze gibt ihm dort die Mittagsstunde, wenn<strong>von</strong> den Sonnenstrahlen die Eingeweide der Erde erwärmen. Schön zu sehen,schwer zu beschreiben. Den Ort umströmt Überfluß der Wasser, welche denTrinkenden weder durch große Kälte beschweren, noch dem sich Abkühlendendurch ihre Weichheit beschwerlich fallen. Vögel, die <strong>von</strong> frisch sprossendenZweigen emporgetragen, bewirten die Zuschauer gastfrei mit wohltuendemGesang, o hne G ram und Z o rn der Ü b el al l er vergessend, sogewähren sie den Wanderern Schmerzlosigkeit durch ihre Gesänge. Efeu, Myrtheund Eiben mit allen anderen Blumen führen in der schönsten Harmoniedem eingeweihten Geruchssinn ätherische Wollust im reichsten Maße zu undbetäuben mit süßen Düften den Fremdling, als ob sie nach dem bestem Gebrauchder Gastfreundschaft Zubereitungen der Fröhlichkeit träfen.*Der Fluß C amo z i k , der sich reißend durch ein Tal des Balkan windet,durchschritten wir, sahen an seinen Ufern das malerisch gelegene DorfC a m a z i k m a l a und kamen zum zweiten Absatz des Gebirges, den wirgrößtenteils mittels des ausgetrockneten Bettes eines Waldstroms erstiegen. Derselbewand sich an manchen Stellen sehr steil zwischen himmelhohen Felsendurch, wobei sich die Kraft und Gelenkigkeit der kleinen Pferde erst recht erprobte.Wie Ziegen kletterten sie empor, ohne je stehen zu bleiben, eines demandern nach. Es war sonderbar anzusehen, wie sich die Karawane zwischen dengrauen Steinen und verkrüppelten Eichen schlangenartig durchwand.Als es Abend wurde, befanden wir uns nicht weit mehr <strong>von</strong> der Spitze desGebirges. Der Himmel war den ganzen Tag über klar und rein geblieben, was

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