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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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101 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTStadt nach dem westlichen Ende derselben, wo am Meer <strong>von</strong> Marmora dasSchloß der sieben Türme liegt. Vom Großadmiral Apokaukos, der es in der Absichtanlegte, um einen Nebenbuhler darin einzusperren, aber selbst in die Falleging und hier ermordet wurde, hieß das Schloß früher der Turm des Apokaukos.Schon <strong>von</strong> weitem erregen die dicken, mit Efeu bewachsenen Türme unddie unheimliche Stille, die um das ungeheure Gemäuer herrscht, den Gedanken,daß hier kein Aufenthalt für glückliche Menschen sein kann und man ahnt, auchohne es zu wissen, wozu diese mächtigen Quader aufeinander getürmt wurden.Vor dem Eingang ist ein kleiner Platz mit jungen Bäumen bewachsen, unter denenein paar alte Türken, zwei Kiajas, Unteraufseher des Schlosses, sich mit ihrenlangen Pfeifen unterhielten und der Ruhe pflegten. Auf mehrmalige Anfrageerhielten wir <strong>von</strong> ihnen den Bescheid, sie haben keine Erlaubnis, uns einzulassenund es bedurfte langer Reden <strong>von</strong> Seiten des Herrn <strong>von</strong> C., ehe sie sich nachSpendung einiger Piaster entschlossen, ihrem Chef, einem alten pensioniertenBim-Baschi, unser Anliegen vorzutragen. Nach einer Viertelstunde kehrten siein Begleitung des alten Herrn zurück, der unsern Freund persönlich kannte, undnun weiter keine Schwierigkeit machte, uns den Eintritt zu gestatten. Den Eingangins Schloß bildet ein großer Torweg, der unter einem dicken viereckigenTurm durchführt, mit einem schweren eisernen Tor verschlossen wird und außerdemnoch durch starke Fallgitter geschützt ist. Dieser Eingangsturm gehörtjedoch nicht zu den sieben großen, <strong>von</strong> welchen das Schloß seinen Namen hat.Das Ganze bildet ein unregelmäßiges Fünfeck mit fünf Türmen und hat an derHauptseite, die nach dem Stadtgraben zuliegt, noch zwei weitere große viereckigeTürme, zwischen denen aber im äußeren Wall das sogenannte goldeneTor liegt, das in früheren Zeiten sehr berühmt war. Die Griechen nannten es dasschöne oder liebenswürdige Tor und durch daßelbe zogen die Kaiser im Triumphdurch die Stadt. Doch wurde es schon um das Jahr 900 vermauert ausFurcht, die Lateiner könnten durch daßelbe in die Stadt brechen und es wurdeseitdem nie wieder geöffnet. Die beiden Türme, die es rechts und links einfassen,sind aufs Sorgfältigste gebaut und bestehen aus Quadern, die ohne Mörtelso schön zusammengefügt sind, daß man fast keine Fugen sieht. In der Mauer,welche sie verbindet, war der Triumphbogen Konstantins, der zum goldenenTor führte. Im südlichsten dieser beiden Türme ist das berüchtigte Gefängnis,der sogenannte Blutbrunnen. Wir betraten es mit seltsamen Gefühlen und betrachtetenauf seinem Boden ein rundgemauertes Loch, das der Mündung einesKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 102Brunnens gleicht und in die Tiefe führt. Hier wurden die Köpfe der Hingerichtetenhinabgeworfen. Doch hat die zerstörende Zeit das Schauerliche dieses Ortessehr gemildert, die viele Köpfe, die da unten liegen, sind längst in Staub zerfallenund verderben nicht mehr wie in alten Zeiten die Luft im Turm. Auchsind die Balken, die die einzelnen Stockwerke bildeten, zusammengestürzt undlassen das Tageslicht <strong>von</strong> oben in diese schauerliche Gruft fallen und wenn denUnglücklichen, die hier starben, auch keine liebende Hand ein Denkmal setzte,so haben es die Vögel getan, indem sie Samenkörner in den Turm fallen ließen,aus denen bunte Blumen entstanden, die den Blutbrunnen und die Wände desGefängnisses freundlich bedecken.Der größte der sieben Türme ist der links vom Tor, durch das wir hereingekommen.Er ist rund und besteht aus zwei Teilen, <strong>von</strong> denen der untere an70 Schuh, der obere 120 Schuh hoch ist. Er heißt der Turm der Janitscharen.Wir bestiegen ihn auf einer halbzertrümmerten steinernen Treppe und hattennördlich eine schöne Aussicht auf die Stadt und südlich auf die mit Zypressenbewachsenen Begräbnisstätten, auf die schönen Inseln der Propontis und diegegenüberliegenden asiatischen Ufer. Der Hof des ganzen Gebäudes befindetsich in der traurigsten Verfassung. Die mit kleinen Kieseln bepflasterten Wege,die rechts und links durchführen, sind das Einzige, was noch ziemlich erhaltenist. Das Ganze gleicht einem verwüsteten Garten. Überall wächst Gras und Unkrautfußhoch und verworren durcheinander. Einige Platanen und verkrüppelteFeigenbäume umgeben eine kleine Moschee, die links am Wege steht. Nebenihr ist ein Brunnen, dessen herrliches Wasser wir versuchten. In den anderenTeilen des Hofes zeigen Steinhaufen, sowie aufeinander getürmte verbrannteBalken die Stellen an, wo sich vormals die Gefangenen ihre armseligen Hüttenerbaut hatten. Am Eingang links ist das ziemlich erhaltene Haus des Aufsehersmit einem kleinen Gärtchen <strong>von</strong> Staketen eingefasst, wo sich nach Hammer dieGrabstätten der Märtyrer befinden, das heißt der Moslimen, die in dem Angriffder sieben Türme die Heiligkeit des Krieges hier mit ihrem Blut bezeugten.Wenn die Leiber dieser gefallenen Kämpfer mit der ungeheuren Größe ihrerGräber im Verhältnis standen, so müssen es wahre Riesen gewesen sein.Aus diesem Hof steigt man auf schmalen, an den Mauern hängenden Treppen,die meist zerfallen und mit Unkraut bewachsen sind, auf die Wälle. Hierliegen Kanonen <strong>von</strong> allen möglichen Kalibern, jedoch sind die meisten unbrauchbar.Einige haben Zündlöcher <strong>von</strong> einem halben Zoll Durchmesser. Jetzt

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