13.07.2015 Aufrufe

herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

109 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTderes und zwar silbernes vergoldetes Kreuz stand in dem Behältnis der heiligenGeschirre im Grunde der Sakristei. Dieses Kreuz, das ganau das aus Jerusalemgebrachte Größenmaß des heiligen Kreuzes hatte, heilte Kranke und trieb Teufelaus. Die für die zwölf große Feste des Jahres bestimmten heiligen Gefäße,als Kelche, Patenen, Schüsseln, Kannen und so weiter, waren aus dem reinstenGold undder mit Perlen undEdelsteinen durchwirkten Kelchtücher waren alleinzweiundvierzigtausend. Vierundzwanzig große Evangelienbücher, deren jedesdurch seine Goldbeschläge zwei Zentner wog, traubenförmige Leuchter für denHochaltar, das Lesepult, die Frauengalerie und die Vorhalle waren sechstausendaus dem reinsten Golde. Außerdem noch besonders zwei goldene Trageleuchtermit Skulpturen verziert, jeder hundert und elf Pfund im Gewicht und siebengoldene Kreuze, jedes einen Zentner schwer. Die Türen waren teils Elfenbein,teils Bernstein, teils Zedernholz. Das Haupttor silbern und vergoldet und dreiderselben <strong>von</strong> innen sogar mit den Brettern der Arche Noahs ausgetäfelt. DieEinfassung des heiligen Brunnens in der Tiefe war die des berühmten samaritanischenBrunnens und die vier Trompeten, welche über demselben <strong>von</strong> Engelngeblasen wurden, waren dieselben, <strong>von</strong> deren Schall die Mauern <strong>von</strong> Jerichozusammengestürzt waren.*Von dem Platz des neuen Serails her betraten wir den Vorhof dieser Moschee,der, wie alle größeren, mit einem Säulengang umgeben ist und den kleineKuppeln bedecken. In der Mitte steht eine Fontäne. Man tritt durch eines derHaupttore in einem langen Gang, der ohne alle architektonische Verzierung ist,den sogenannten Gang der Büßenden. Hier mußten sich alle aufhalten, die ihrerSünden halber aus dem Schoße der Kirche gestoßen waren. Am Ende diesesGanges befindet sich eine Stiege ohne Stufen, auf der man bequem hinaufreitenkönnte. Über sie kommt man auf die große Galerie, die das Innere umgibtund <strong>von</strong> wo man den majestätischen Tempel ganz übersieht. Von der früherbeschriebenen Pracht und Herrlichkeit ist indessen nichts mehr vorhanden. DieWände sind schmucklos, meistens geweißt und der Boden mit Teppichen belegt,welche das zum Teil noch vorhandene Marmorpflaster bedecken. An Schnürenhängen unzählige kleine Gebetslampen <strong>von</strong> der Wölbung herunter und wo sichfrüher der prächtige Altar befand, bezeichnen jetzt zwei kolossale Wachskerzendie Richtung nach Mekka. Das Auge irrt mit Staunen durch die ungeheurenRäume und bewundert vor allem die kühne Wölbung der Kuppel. Sie ist soflach, daß die Höhe derselben nur das Sechstel des Durchmessers <strong>von</strong> hundertKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 110und fünfzehn Fuß beträgt. Nach Hammer steht die Länge der Sophienkirche inder Mitte zwischen dem Tempel des olympischen Jupiters (250 Fuß) und derKirche <strong>von</strong> St. Denys (275 Fuß).Als wir die Kirche verlassen, erzählte uns auf <strong>von</strong> C. noch Einiges <strong>von</strong> derArt, wie Justinian damals die Grundstücke, die er zur Vergrößerung der Kirchegebrauchte, an sich gebracht habe. Der größte Teil des Platzes gehörte der Sagenach einem Eunuchen und einem Schuster, <strong>von</strong> denen ersterer sein Grundstückwillig hergab, der andere begehrte dagegen einen unmäßigen Preis und obendreinnoch, daß bei den Wettrennen ihn bei seinem Erscheinen die vier Rennparteienmit lautem Zuruf begrüßen sollten, eine Ehrenbezeugung, die nur demKaiser zukam. Doch bewilligte ihm Justinian des Spaßes halber seine unsinnigeForderung und der Schuster wurde bei seinem Erscheinen jedesmal wie derKaiser begrüßt, nur mit dem Unterschied, daß ihm die Masse des versammeltenVolkes höhnende Worte zurief.Von der Aja Sophia gingen wir zur Suleimanje. Diese ist nach jener unstreitigdie schönste und da sie auf einem freien Platz liegt, gewährt sie mit ihrenschlanken, sehr schönen Minarets einen noch großartigen und prächtigeren Anblick,als selbst der Tempel der göttlichen Weisheit. Die Moschee hat dieselbenallgemeinen Verhältnisse, wie fast alle übrigen: ein Vorhof, ein Dom und Galerien,die um denselben herumlaufen. In ihrer jetzigen Gestalt ist die Suleimanjeunter allen Moscheen die schönste und glänzendste und wenn sich auch bei allenanderen Schulen, Spitäler und dergleichen befinden, so hat doch keine soviel mildtätige Anstalten und Stiftungen um sich versammelt, wie die MoscheeSuleiman des Großen. Um sie her liegen Schulen, Akademien, ein Spital, eineArmenküche, eine Herberge für arme Reisende, eine Bibliothek, eine Brunnenanstalt,ein Versorgungshaus für Fremde, die Mausoleen Suleiman des Großen,mehrerer seiner Prinzen und seiner Favorite, der bekannten Roxelane. Wir besuchtendiese Grabmäler, kleine mit einer Kuppel versehe Kapellen, aus kostbaremMarmor erbaut und mit Inschriften aus dem Koran versehen. Die Gräberselbst in große Sarkophage, deren gegen Mekka gerichtete Kopfenden erhöhtund mit einem prächtig mit Edelsteinen geschmückten Turban verziert sind. ImGrabmal Suleimans steht ein kleines hölzernes Modell der Stadt Mekka und derheiligen Kaaba.Nachdem wir diese Moscheen besehen, trennten wir uns <strong>von</strong> dem Lord L.und besahen im Fluge noch einige der merkwürdigsten Wasserleitungen und

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!