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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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129 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTanstandshalber einige Züge tun mußte. Bald hatte uns der geschäftige Wirt mitKaffee und Pfeifen versehen und wir konnten behaglich das Gewühl der Mengevor uns überschauen.Auf einer Erhöhung in einer Ecke des Gemachs saßen drei türkische Musici,mit Instrumenten bewaffnet, wie ich sie früher schon einmal beschriebenund womit sie argen Lärm machten, zu welchen ein alter Türke, der vor ihnensaß, Loblieder auf den Propheten in näselndem Ton mehr sprach als sang. Dochergötzten sich die umhersitzenden Gläubigen sehr bei dieser Unterhaltung undspendeten den Künstlern am Schluß derselben manchen Ausruf des Entzückensund der Zufriedenheit. Jetzt trat ein Märchenerzähler Meddah auf, und begann,wie uns Herr <strong>von</strong> C. sagte, <strong>von</strong> den Abenteuern Sidal-Battals zu erzählen. Wirkonnten natürlich nur wenig da<strong>von</strong> genießen, da wir kein Wort <strong>von</strong> seinen Redenverstanden. Doch machte uns Herr <strong>von</strong> C. darauf aufmerksam, wie oft derMeddah Ton und Sprache änderte. Jetzt atmete er den gravitätischen Ton einesPascha nach, jetzt die Unterwürfigkeit eines Sklaven, jetzt hörten wir diehustende Stimme eines alten Weibes, bald den Dialekt eines Armeniers, einesFranken oder Juden. Da Herr v. C. durch seine Bemerkungen unserem Gehörnachhalf, machte es uns eine Zeit lang Vergnügen, dem Meddah zuzuhören.Als er zu dem interessantesten Teil seiner Erzählung gekommen war und dieZuhörer recht gespannt lauschten, wie sich der Held der Geschichte aus derverwickelten Affäre ziehen würde, hörte er plötzlich auf, stand auf und ging miteinem zinnernen Teller im Kreis herum, worauf jeder ein paar Para warf, umsich so Fortsetzung und Schluss der Geschichte zu erkaufen.Wir verließen das Kaffeehaus, um nach der Suleimanje zu gehen, wo nochmehrere dieser Häuser sein sollten, in denen man hauptsächlich in den Nächtendes Ramasans die Tiriaki oder Opiumesser ihr Wesen treiben sieht. Auf denStraßen herrschte noch immer das alte Gewühl. In den oberen Teilen der Stadt,wo sich meistens die Gassen der verschiedenen Handwerker befinden, sahenwir oft neben anderen Illuminationen verschiedene arabische Schriftzüge, auskleinen Lampen zusammengesetzt. Es waren die Namen <strong>von</strong> Schutzheiligender Gewerke, welche hier in der Türkei ebenso gut ihren Patron haben, wie dieInnungen bei uns. Ja die ganze Einrichtung der Zünfte und Innungen bestandbei den Arabern weit früher als bei uns und wir haben sie wahrscheinlich <strong>von</strong>dort herüber angenommen, wenigstens leitet sich das Wort Zunft <strong>von</strong> dem arabischenWort Sinf, das ist ein Gewerk, ein Innung, her.KAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 130Bei den Türken ist Adam der Schutzheilige der Ackerleute, Enoch der derSchneider undSchreiber, Joseph der Zimmerleute, Abraham der Milchverkäufer,Daniel der Dolmetscher, Salomo der Korbflechter, Jonas der Fischer, Jesus derReisenden, Mohamed der Kaufleute etc.An der Suleimanje, wo viele Kaffeehäuser liegen, sahen wir nur zu einigender größten hinein und fast in allen herrschte eine laute Fröhlichkeit. Dawurde gespielt und gesungen, dort beschäftigte der Meddah die Phantasie derZuhörer und den anderen triebe Lustigmacher und Tänzerknaben, wie wir siein Adrianopel gesehen, ihr Wesen. Herr <strong>von</strong> C. führte uns in eine enge Gasse,wo nur hie und da wie zum Spott eine verglimmende Lampe brannte und vorein kleines Haus, dessen Inneres, notdürftig erhellt, uns die Einrichtung einesärmlichen Kaffeehauses zeigte. Dies war eine der Höhlen, in welchen die Opiumesserihr Wesen treiben. Wir traten in das Lokal, das über alle Beschreibungschmutzig aussah, ließen uns auf einer hölzernen Bank am Eingang nieder undmußten eine Zeit lang warten, eh’ sich der Wirt zu unserer Bedienung meldete.Dies war ein kleiner magerer Mann, der sich auf eine sonderbar lächerliche Art,ich möchte sagen, fast tanzend, aus dem Winkel neben dem Kamin, wo er zusammengekauertsaß, auf uns zu bewegte. Außer ihm waren noch drei bis vierandere Leute in dem Gemach, die die seltsamsten Bewegungen machten. DerKaffeetschi trat vor uns hin und hielt uns halb singend eine Anrede, in der eruns versicherte, es sei ihm eine Freude, das wir sein Haus mit unserem Besuchbeehrten. Der Kopf des alten Mannes hatte einen unangenehm lustigen Ausdruck.Seine Augen, starr und schwerfällig, wie die eines Betrunkenen, blitztenmit einem unnatürlichen Feuer. Die eingefallenen Wangen waren errötet unddie Mundwinkel zuckte hin und her. Es war mir ein unheimliches Gefühl, alsder Alte, sich mehrmals vor uns verneigend, mir mit seinem langen schneeweißenBart fast im Gesicht herumfuhr. Er ging auf dieselbe tanzende Art undbeständig vergnügt vor sich hinsingend nach dem Herd zurück, um uns Kaffeezu kochen. Wir verlangten natürlich keine Pfeifen, denn es war uns nicht darumzu tun, vielleicht eine mit Opium gewürzte zu bekommen, die uns wohl ineinen noch schlimmeren Zustand versetzt hätte, als wie der der Gäste, die sichhier befanden.Im Hintergrund des Gemachs kniete einer derselben mit dem Gesicht gegendie Wand gekehrt und schien eifrig im Gebet versunken, wenigstens machte alledie Bewegungen, wie wir sie in den Moscheen zuweilen beobachtet, doch mit

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