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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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81 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTStraßenecken meistens unter dem vorstehenden Dach einer Bude, was sie gegenRegen und Sonne schützt, die öffentlichen Schreiber mit der Brille auf derNase, eine Papierrolle auf den Knien und das Tintenfass im Gürtel, ihre Klientenerwartend, die einen Kontrakt, eine Bittschrift und dergleichen aufsetzen zulassen haben.Was mich bei den Spaziergängen durch die Gassen stets besonders interessierte,das waren die Barbierstuben, die überall zu finden sind. Sie bestehenaus einem einzigen Gemach, an dessen Wänden ein hölzerner Divan sich befindet,auf denen die Kunden Platz nehmen. Über ihren Köpfen, mit dem Divangleich laufend, befindet sich ein starker, eiserner Draht, an dem, nach Größeder Anstalt, zwei oder drei blecherne Wasserkessel hängen, die man hin undherschieben kann.Der Barbier ist, wie die meisten bei uns, ein beweglicher Mensch, der vielplaudert und seine Gäste zu unterhalten weiß, er fängt sein Geschäft bei dem derTür zunächst Sitzenden an, indem er einen der Kästen, der mit lauem Wasserangefüllt ist, über den zu Scherenden richtet. Unten am Gefäß befindet sich einedünne Röhre, deren feine Spitze beinahe auf den Schädel des Kunden reicht.Der Barbier macht aus einer Art feinen Hanf einen Wisch, den er mit weicherSeife beschmiert und stellt sich mit gespreizten Beinen vor seinem Gast auf eineErhöhung, sodaß er den Kopf desselben unter sich hat. Dann öffnet er einenkleinen Hahn an der Röhre des Gefäßes, und wie das warme Wasser herausströmt, bearbeitet er den nackten Schädel auf Eifrigste so lange, bis er ihn miteiner Wolke <strong>von</strong> weißem Seifenschaum umgeben hat. So bleibt das Schlachtopfersitzen. Der Barbier rückt den Kessel über den Zweiten und nimmt mit ihmdieselbe Manipulation vor, ebenso mit dem Dritten und so fort.In dieser Zeit ist der Schaum auf dem Haupt des Ersten allmählich verschwunden,hat die seit dem letzten Scheren wieder gewachsenen Haare erweichtund zum Rasieren fähig gemacht. Der Barbier kehrt zu ihm zurück,drückt den Kopf an sich, wendet und dreht ihn nach Gefallen, und in fünf odersechs Minuten ist die Operation glücklich vollbracht.Wenn man sieht, wie rauh bei diesem Geschäft zu Werke gegangen wird,um jedes Haar sorgfältig zu vertilgen, so daß dem Gast nicht selten die Tränenaus den Augen gepresst werden, so können wir uns glücklich schätzen, daß dieSitte, das Haar glatt abzuscheren, bei uns nicht herrscht. Ich selbst habe michoft der Merkwürdigkeit halber bei einer dieser Buden rasieren lassen und manKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 82ist stets viel säuberlicher mit meinem Kinn verfahren, als mit den Häuptern derGläubigen.Man hielt mir eine große zinnerne Schüssel, die einen Einschnitt für denHals hat, unter das Kinn und der Barbier bearbeitete mich mit der äußerstenPünktlichkeit. Er jagte jedem einzelnen Haar nach, was er auf den Wangen entdeckte,brachte die des Schnurrbarts alle in gehörige Länge und verstieg sich inseinem Diensteifer mit einer langen spitzen Schere sogar bis in die Nasenlöcher.Es dauerte etwas lang. Dafür konnte man sich aber auch, wenn er sein Geschäftbeendet hatte, als ein wohlrasierter Mensch sehen lassen, was man bei uns nichtimmer kann. Der Barbie schien ebenfalls Freude an seinem Werk zu haben undentließ mich mit einem lauten ”Ei w’Allah! – Gott ist groß!“was <strong>von</strong> den Türkenmit einem unnachahmlichen Zungenanstoß ausgesprochen wird.Neben diesen Barbierstuben befinden sich meist kleinere Kaffeehäuser, wodie Geschorenen sich nach vollbrachtem Geschäft mit einer Tasse Kaffee undeiner Pfeifen regalieren. Doch gehören diese Häuser zu den gemeinsten. DerBoden besteht aus gestampfter Erde und es finden sich kaum hölzerne Divans,meistens nur Steine oder kleine Stühlchen zum Sitzen.Besonders zahlreich sind in Konstantinopel die Gewölbe des Parfümeurs undder Essenzen-Verkäufer. Bei ihnen findet man unverfälscht die feinen Öle, dieder Orient erzeugt: das Rosenöl, das meistens aus Adriannopel kommt, Jasminölund dergleichen. Auch verkaufen sie die verschiedensten Arten <strong>von</strong> Pastillen,kleine vergoldete Kügelchen, die auf die Pfeifen gelegt werden undeinen Wohlgeruch verbreiten, so wie auch zu demselben Zweck das so genannteAloeholz. Ferner findet man bei ihnen wohlriechende gold- und silbergestickteBörsen, Beutelchen <strong>von</strong> sogenannten schwarzen Rosenperlen und dergleichen.Der Fürst Pückler erzählt <strong>von</strong> einem dieser Handelsleute, einem alten Türken,der sich stets freundlich gegen ihn benommen und bei dem er auf seinen Wanderungendurch die Basars häufig bei Pfeiffe und Kaffee ausgeruht habe. Einerunserer hiesigen Bekannten, der Dragoman der preußischen Gesandtschaft,zeigte uns seinen Laden. Wir gingen hin, einige Kleinigkeiten zu kaufen undfanden wirklich einem sehr freundlichen alten Mann. Er bot uns Pfeifen an undwir mußten uns niedersetzen, um mit ihm zu plaudern. Als er im Verlauf desGesprächs durch den Dolmetscher erfuhr, daß wir Nimbsche, Deutsche, seien,erkundigte er sich nach dem Fürsten, der auch bei ihm gewesen sei und besondersnach dessen Abyssinierin Makuba, die er uns beschrieb und sehr lobte. Wir

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