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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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9 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTAlso rasch ins Burgtheater. So hat man in Wien jede Sekunde nötig und könntenoch zwölf Stunden zu den uns täglich vergönnten brauchen, um dies bewegte,lustige Leben in kurzer Zeit zu schmecken und nur einigermaßen zu genießen.Außer dem Burgtheater besuchten wir die kleinen Bühnen der Vorstädte undvor allem das Theater an der Wien, unter der Leitung des Direktors Carl, wasdieser, sowie die beiden trefflichen Komiker Scholz und Netroy täglich durchneue Possen zu füllen wissen.Von den Bilderschätzen, die Wien besitzt ließ uns teils eigene Schuld, teilsZeitumstände fast nichts sehen. Die schöne Esterhazysche Galerie stand in Kistengepackt und war deshalb nicht zu sehen und um die k. k. Gemäldesammlungim Belvedere zu besuchen, hatten wir den dazu bestimmten Tag – es istder Dienstag – versäumt. Doch hätten wir bei der wenigen Zeit, die wir zumAufenthalt in Wien bestimmt hatten und bei den vielen Schönheiten, die man,wenn auch nur oberflächlich ansehen mußte, diese Bildersammlungen doch nurflüchtig beschauen und wenig da<strong>von</strong> genießen können. Ein guter ZwanzigerKonventionsmünze verschaffte uns dagegen Eintritt in das k. k. Zeughaus, woseltene und kostbare Waffenschätze wirklich sinnreich und geschmackvoll aufgestelltsind. Im Hof, wo einige hundert Feld- und Belagerungsgeschütze aus altenZeiten auf Balken liegen, sahen wir an den Mauern die ungeheure, 160.000Pfund schwere Kette aufgehängt, mit welcher die Türken im Jahr 1529 bei Ofenden wahnsinnigen Versuch machten, die Donau zu sperren. Wir erstiegen eineTreppe und fanden oben im ersten Saal eine große Gesellschaft Herren undDamen um einen der Aufseher versammelt, welcher die Erklärung der aufgestelltenWaffen und Rüstungen auswendig und gedankenlos vor sich her plapperte.Die ersten Säle enthielten Flinten und Säbel der neueren Zeit, welche inPyramiden und Wandverzierungen aufgestellt und arrangiert waren. In einemder folgenden Säle waren alte Waffen, wie Gewehre und Radschlösser, Sensen,Kolben, Streitäxte und hier fiel mir besonders die Deckenverzierung auf. Es warder österreichische Doppeladler, aus Säbeln, Messern, Flintenläufen, Bajonetten,kupfernen Beschlägen, ungemein kunstvoll und schön zusammengesetzt.Ferner sahen wir bei unserer Wanderung durch zwölf Säle die Rüstungen vielerDeutscher Kaiser, sowie des König Ludwigs II. <strong>von</strong> Ungarn, der bei Mohacs<strong>von</strong> den Türken verfolgt in einem Sumpf versank und umkam. Der arme kleineKönig war 21 Jahre alt und hatte die Gestalt eines zehnjährigen Knaben. Vonallen diesen alten eisernen Figuren, welche drohend <strong>von</strong> ihren Gestellen schau-KAPITEL 1. FAHRT AUF DER DONAU VON REGENSBURG NACH GIORGEWO 10ten, haben keine einen größeren Eindruck auf mich gemacht als die Rüstungender beiden Böhminnen Libussa und Wlaska, die einander in einem der letztenSäle gegenüber standen. Das Visier der letzteren war herabgelassen und zeigteeine fratzenhafte menschliche Gesichtsbildung, zwei runde Löcher bildetendie Augen und unten war eine Reihe spitzer Zähne eingeschnitten. Das ganzeWaffenzeug zeigte, daß die böhmische Magd eine kolossale Figur gehabt habenmuß. Libussa, die schöne Herzogin, stand schmächtig und zierlich gebaut da.An ihren eisernen Stiefeln fielen mir die ungefähr einen Fuß langen scharfenSpitzen auf, mit denen sie, wie unser Mentor unbefangen erzählte, im Bad ihrenLiebhaber ermordet hätte. Mit einem eigenen Gefühl legte ich meine Hand aufdas zerschossene Koller Gustav Adolfs, lauschte an Wallensteins Harnisch, obnicht das heftige Klopfen seines ehrgeizigen Herzens vielleicht noch unter demEisen nachklinge und summte, als ich ein altes ledernes Wams berührt, das zerfetztund bestaubt an der Wand hing, ein bekanntes Lied vor mich hin welchesanfängt:Prinz Eugen, der edle <strong>Ritter</strong> etc.“”denn sein Kleid war es, was uns der Aufseher mit vieler Ehrerbietung zeigte.Eine längst vergangene großartige Zeit umgab uns hier und wem das Herznur einigermaßen warm in der Brust lag, mußte diesen Friedhof feierlich gestimmtverlassen.So vergingen die acht Tage, welche wir in Wien zubrachten, wie ebensovieleStunden. Im Flug sahen wir Schönbrunn mit seinen schnurgeraden Alleen undwinkelrecht verschnittenen Hecken in altfranzösischem Geschmack, sowie dieMenagerie, die sich jedoch nicht in bestem Zustande befindet. Ehe wir’s uns versahen,saßen wir eines Morgens mit unserer Masse <strong>von</strong> Koffern, Nachtsäckenin einem Fiaker und fuhren durch den Prater, wo wir uns besonders an den zahlreichenHirschen, die da herumspringen manche Stunde amüsiert hatten.An den sogenannten Kaisermühlen lag das Dampfboot Galathea, auf welchemwir unsere Plätze bis Pest genommen hatten. Für die späte Jahreszeit trafenwir auf dem Schiff noch eine zahlreiche Gesellschaft. Man hörte deutsch,englisch, französisch, ungarisch, lateinisch, italienisch und die Eigentümer dieserverschiedenen Sprachen hatten auch ebensoviele verschiedene Physiognomien.Vor allem gefiel mir der Ungar mit seinem edlen stolzen Gesicht <strong>von</strong>

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