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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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111 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTCisternen. Von den ältesten Zeiten her erbauten die Byzantinischen Kaiser ausMangel an Quellen und Brunnen die großen Cisternen, die man noch jetzt sieht.Fast alle muß man als riesenhafte prächtige Bauten bewundern. Doch erfüllensie ihren Zweck nicht mehr, indem die meisten leer und trocken sind. Nurin einer einzigen, der cisterna Basilica, ist noch heute Wasser zu finden. Dermerkwürdigste <strong>von</strong> allen diesen Wasserbehältern ist der Bin bir direk, d. i. dertausend und eine Säule, den wir vor allen besuchten. Er liegt nicht weit <strong>von</strong>At Meidan auf einem wüsten Platz. In der Mitte desselben erhebt sich eine ArtKellerluke und hier und da sahen wir im Boden Löcher, welche in ein Gewölbehinabführten. Unter dem Boden hörten wir ein eigenes Rauschen, das wir unsanfänglich nicht erklären konnten. Das Geräusch hatte viel Ähnlichkeit mit denTosen eines Wasserfalls, und doch sollte kein Wasser unten sein. Wir stiegendurch die Kellerluke auf einer schmalen steinernen Treppe in die prächtige Cisternehinab. Sie besteht aus drei Stockwerken, indem die Säulen, welche dasGewölbe tragen, je zu drei aufeinander stehen. Es sind ihrer, wenn auch nicht,wie der Name sagt, tausend und eine, doch 672, <strong>von</strong> denen die obersten 24 FußLänge haben. Die mittleren dagegen ragen aus dem Schutt und Schmutz, derden Boden bedeckt, nur sieben Fuß hervor und <strong>von</strong> den untersten ist garnichtsmehr zu sehen. Jetzt dient die Cisterne einem Armenier zur Werkstatt, welcherhier Seide haspeln lässt, wodurch jenes Geräusch entstand, <strong>von</strong> dem ich obensprach.Neben diesen Cisternen besahen wir auch noch oberflächlich die beidengroßen Wasserleitungen, in die unter dem Namen der des Justinian und derdes Valens bekannt sind. Doch werde ich später darauf zurückkommen. Durchdieses Hin- und Herziehen in den langen hügeligen Straßen der Stadt war es indessenNachmittag geworden und da wir auf morgen eine Tour nach Bujukdereverabredet hatten, verließen wir Stambul zeitiger als gewöhnlich und stiegenzum Hafen hinab, um zur morgigen Fahrt ein größeres Kaik mit drei Ruderernzu mieten.Fahrt nach Bukukdere. Die alten und neuen Wasserleitungen.Das Kaik, das Herr v. C. für uns in Beschlag genommen hatte, um durch dieherrliche Wasserstraße, den Bosporus, nach Bujukdere zu fahren, unterscheidKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 112sich <strong>von</strong> den gewöhnlichen Booten, womit man den Hafen durchkreuzt, nurdurch seine Größe. Wir hatten vier Ruderer und einen Steuermann und außerdemeinen kleinen Mast mit Segelwerk im Kaik, der ebenfalls aufgerichtet werdenkonnte. Wir waren mit dem Herrn v. C. zu vier, da unser Maler sich in Konstantinopelbeschäftigte, um einige Bauwerke aufzunehmen. Vorn an der Spitzedes Bootes saß ein Janißair in scharlachrotem goldgesticktem Kostüm und hintenam Steuerruder prangte eine kleine Flagge mit den preußischen Farben. BeiTop-Chana fuhren wir ab und waren in kurzer Zeit gegen Beschiktasch gekommen,dem Sommerpalast des Sultans, diesem seltsamen bunten Gebäude, dasauf seinen Terrassen liegt, wie eine verkörperte schöne Phantasie. Es ist freilichnur <strong>von</strong> Holz, aber eben dies gibt dem Gebäude etwas Luftiges, Leichtes, jaFeenhaftes. Hohe Cypressen und weitästige Platanen umgeben es und blickennoch darüber hinweg und die Hügel, woran sich die Gebäude lehnen, sind zuTerrassen umgewandelt, die ein über die andere emporragend. Auf allen befindensich Gärten, mit den schönsten Blumen besetzt, welche ein dichtes Laubdach<strong>von</strong> Platanen, Orangen und Cypressen vor der glühenden Sonne schützt.Das Auge schweift begierig bis zur höchsten Spitze des Berges, wo ein kleinesglänzendes Kiosk, <strong>von</strong> riesenhaften Platanen umgeben, einer Krone gleich,das Ganze schmückt. Doch einsam sind diese Gärten, man sieht keine Menschen,die sich über all das Schöne freuen, nur hie und da wandelt ein vermummtesWeib durch die Laubgänge, das mit seinen weißen Schleiern unterden schwarzen Cypressen eher einem Gespenst gleicht, als einem Wesen, dasdie Fülle <strong>von</strong> Pracht genösse, die hier ausgebreitet liegt. Gern senkt man deshalbden Blick wieder hinab zu den Palästen selbst, die an dem bewegten Hafenmit ihren dicht vergitterten Fenstern wie schlafend und träumend liegen. Wojetzt die Sommerpaläste <strong>von</strong> Dolmabahdsche und Beschiktasch, war früher einLast Palast Mahmud I., <strong>von</strong> dem der Historiograph Isi in seiner poetischen Weisesagt: ”Die leichten Schwingungen des Frieses sind dem Schweben des Vogelsder Freude vergleichbar. Die Fenster der Erker öffnen und schließen sichlächelnd, wie die Augen des Liebenden und die hohen Bogen umgrenzen dasGanze, wie treue Freunde Hand in Hand gehen.Zurückblickend hatten wir wieder das prächtige lebendige Bild des Hafensmit seinen Schiffen <strong>von</strong> allen Größen, mit den zahllosen Kaiks, diesen FiakernKonstantinopels und den weißen Möwen, die sich auf der spiegelklaren Flutschaukeln und sich den Menschen so zutraulich nähern, daß man sie fast mit

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