13.07.2015 Aufrufe

herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

61 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTHätte ich damals, als ich die Bühne des ganzen Bildes in mein Herz aufgenommen,ebenfalls Ketten vor daßelbe ziehen können, die nichts hinaus ließen,so könnte ich manches wiedergeben, was mir der Drang späterer Ereignisseentführt hat.Gasthöfe und Kaffeehäuser.Wer, wie wir, die wohl eingerichteten Donau-Dampfschiffes verlässt, um einenRitt durch die Türkei zu machen, der, an sich schon ungefähr acht Tage dauernd,noch durch eine zehntägige Quarantäne unangenehm gemacht wurde, eine Quarantäne,worin es weder Betten, Tische noch sonst irgend ein Möbel gab, wowir unseren Pillau mit Hühnern selbst kochen und unsere schmutzige Wäscheeigenhändig waschen mußten, kann denken, daß wir mit größtem Verlangen einerAnstalt, Pension oder Gasthaus, wie man es nennen will, entgegen sahen,die uns in Konstantinopel aufnehmen sollte und die, <strong>von</strong> einer liebenswürdigenLandsmännin geführt, gewiß alles darbot, was zur Erquickung ermüdeter Reiterdient. Pera, das, wie schon gesagt, nur <strong>von</strong> Franken bewohnt wird, hat mehreredergleichen Anstalten, unter denen uns die der Madame Balbiani, einer Elsässerin,als besonders gut und angenehm geprisen worden war. Obgleich Hamsa,unser edler Tartar, die Genüsse der großen Karavanserei sehr lockend schilderte,brachte er uns doch bereitwillig durch die engen steilen Gassen Peras nacheinem kleinen freundlich aussehenden Haus, das, wenn es auch kein gemaltesAushängeschild hatte, uns doch gleich mächtig anzog. Denn beim Pferdegetrappelauf der Straße erschien die Besitzerin und bewillkommnete uns herzlichim deutscher Sprache.Unsere Pferde wurden abgepackt, Sättel und unsere Effekten in das Hausniedergelegt und Hamsa durch Auszahlung der ihm noch zukommenden Summeverabschiedet. Dem Tartaren liefen die Tränen in den Bart, als er uns einzelndie Hand drückte und dem Baron versicherte: er habe noch nie einen so freundlichenguten Herrn gehabt, wie ihn, und würde auch schwerlich wieder einensolchen begleiten.Fast hätten wir noch einmal eine kleine Quarantäne oder wenigstens eineBeräucherung aushalten müssen. Da es bekannt war, daßsich die Pest bei Adrianopelgezeigt hatte, so konnten nur die heiligsten Versicherungen, daß wir dortKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 62Quarantäne gehalten, die Wirtin vermögen, uns sofort in ihre Zimmer tretenzu lassen, ohne zuvor in einen großen Schrank zu kriechen, der vorn ein großesLoch hat, zu welchem man den Kopf heraus streckt und am Boden eine Vorrichtung,wo Wacholder und anderes Räucherwerk einen gewaltigen Dampf hervorbringt,der <strong>von</strong> unten herauf alle Kleidungsstücke durchdringt. Diese Pensionist ziemlich auf dem Fuß europäischer Gasthöfe eingerichtet, hat einen Speisesaalund Zimmer mit einem oder zwei Betten, die alle mit Vorhängen <strong>von</strong>freien Gaze versehen sind, um während der heißen Jahreszeit die dem Schläfersehr lästigen Insekten abzuhalten. Die übrige Einrichtung ist halb türkisch, halbfränkisch. Auf dem Boden liegen Teppiche und nirgends fehlt der breite Divanan der Seite, wo die Fenster sind.Die größte Unbequemlichkeit in der kälteren Jahreszeit ist der Mangel anÖfen, deren man bei der schlechten Bauart der Häuser, Feuersbrünste fürchtend,so wenige wie möglich aufstellt und das sehr verkehrter Weise. Denn dasSurrogat dafür, das Mangahl, ein kupfernes Gefäß in Form einer großen Vase,daß mit glühenden Kohlen angefüllt und im Zimmer aufgestellt wird, kann beider geringsten Nachlässigkeit viel eher ein Haus anzünden, als ein verschlossenerOfen, besonders bei den Orientalen, denen der Mangahl schon deshalbfast unentbehrlich ist, da sie nur herein zu langen brauchen, um ihre Pfeifenanzuzünden. Fast jede Woche brennen einige Häuser ab, was auch während unseresAufenthalts der Fall war. Aber bei der grenzenlosen Nachlässigkeit, womitder Türke die noch heiße Kohle <strong>von</strong> der Pfeife auf die Strohmatte wirft, ohnesich ferner darum zu kümmern, erscheint dies noch sehr wenig.In Pera gibt es drei solcher Pensionen, <strong>von</strong> denen die der Madame Balbianidie vorzüglichste ist, weshalb man selten bei ihr Platz findet. Auch unsere Gesellschaft,aus vier Personen bestehend, – unser englischer Freund N. hatte unsnämlich verlassen, um eine Privatwohnung bei der englischen Gesandtschaftzu beziehen – konnte im Hause selbst nicht ganz untergebracht werden, sondernzwei mußten sich entschließen, ein <strong>von</strong> der Madame Balbiani gemietetesZimmer in einem Nebenhaus zu beziehen.Die Preise in diesen Gasthöfen sind nicht außerordentlich hoch. Man bezahlttäglich für ein Zimmer mit Kaffee, Frühstück und Mittagessen gegen 40Piaster, was an 4 Gulden Conventionsmünze macht. Eine andere dieser Pensionen,deren Besitzerin eine Französin ist, hat einen Tanzsaal, worin sich zuweilendie Bevölkerung Peras vergnügt, sowie ein kleines Theater in dem damals eine

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!