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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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137 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTgeltend machen und lebhafter als je vortreten. – Hier, wo ich jetzt mein Bootwende, schifften die Argonauten, denen die Jugendräume so gerne nach Colchisfolgten, um ihnen genaue zuzusehen, wie sie unter Gefahren und Mühedas goldene Vließ des Widders zurückholten. Dort die Landspitze hieß einstBosphorus und hier trat die schöne Jo, in eine Kuh verwandelt, ans Land. ZurLinken bei Top-Chana, wo sich jetzt der bunte Palast des Sultans erhebt, opfertendie Jünglinge dem Helden Ajax und wo heute die Gebäude der türkischeArtillerie stehen, hatte einst Ptolemäus Philadelphus seinen Tempel. – Vor mirliegt Skutari, das alte Chrysopolis, der letzte Ruhepunkt der Karawanen, die ihreSchätze <strong>von</strong> Asien nach Europa führten. Hier auf diesen Gewässern zeigtensich ums Jahr 654 zum ersten Mal die Schwärme der räuberischen Araberunterihrem Kalifen Moarin, der erste, welcher das Verbot Osmans übertrat, derden Arabern, wie früher Lykurg den Spartanern, die Seefahrt verboten. Undnach dieser Zeit machten die Araber bis zur ums Jahr 780 sieben Versuche, dieHauptstadt des griechischen Kaiserturms zu erobern, alle vergeblich, bis MahomedII. im Jahre 1453 in nach einer Belagerung <strong>von</strong> sieben Wochen die Stadtzu Wasser und zu Land stürmte und sie erobernd das Wort des Propheten erfüllte,ein Wort, welches den Herrscher der Osmanen stets immer wieder zu neuenVersuchen wider Byzanz geführt hatte: ”Sie werden erobern Konstantinopel,wohl dem Fürsten, dem damaligen Fürsten, wohl dem Heere, dem damaligenHeere. –“Unter all diesen Betrachtungen, die Land und Meer gewaltsam herbeiführenund denen ich ruhig nachhängen kann, geht es mir wie dem Kind, das <strong>von</strong> alldem Schönen, was ihm erlaubt ist, den Blick beständig nach jenem prächtigenPalast hinschweifen läßt, dessen Tore ihm verschlossen sind und wo es doch sogern wenigstens durchs Schlüsselloch sehen möchte, um etwas zu erspähen <strong>von</strong>den Herrligkeiten, die er, wie man sich heimlich erzählt, enthalten soll. Mir lagdieser verschlossene Palast, das neue Serail, zur Rechten und wenn auch aufseinen Terrassen nicht mehr wie sonst, zahlreiche Sklaven lauern, die das sichunvorsichtig nähernde Boot ergreifen, es umstürzen und die darin Sitzenden ertränkenoder erschießen, so haben doch die entsetzlichen Geschichten, die dortgeschehen und die Flüche, die aus jenen bunten Lusthäusern hervordrangen,einen Zauberkreis um seine Mauern gebildet, dem man sich nur mit ängstlichklopfendem Herzen nähert.Im hellen Mondschein lag das Serail vor mir. Es scheint nur der AufenthaltKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 138einer bösen Fee zu sein, die den Unerfahrenen anlockt, um ihn zu verderben.Wie schön glänzen in dem weißen Licht die vergoldeten Dächer der bunten Kioskeund scheinen so freundlich zwischen Gruppen <strong>von</strong> schwarzen Cypressenund dicht belaubten Platanen hervor, schönen Mädchen gleich, die sich zwischenRosenbüschen verbergen undden Vorübergehenden neckend anrufen. DieWellen des Meeres schlagen einförmig an die Grundmauern des Gartens undich weiß nicht, es ist das Gemurmel des Wassers, wenn es <strong>von</strong> dem zackigenGestade herabfällt, oder was sonst – ich glaube leise hinsterbende Akkorde zuvernehmen.Das ganze Gestade, welches jetzt die Wohnung der Sultane mit ihren HeimlichkeitenundVerbrechen trägt, ist mir immer wieder als ein verfeyter Platz vorgekommen,der bald gut, bald böse auf seine jedesmaligen Bewohner einwirkt.Kein Fleck der Erde hat wohl eine so großartige, aber auch blutige Geschichtezu erzählen wie dieser. Schon der erste Gründer <strong>von</strong> Byzanz, Byzas, baute aufdiesem sanft ansteigenden Hügel dem Poseidon und er Aphrodite Altäre, diesich unter den Konstantinern, dem christlichen Glauben gemäß, in Kirchen undKapellen verschiedener Heiligen umwandelten. Auf derselben Stelle erhob sichspäter der große Palast der griechischen Kaiser oder vielmehr die verschiedenenGebäude, welche die alte Kaiserburg bildeten und die noch einen größerenRaum einnehmen, als das heutige Serail. Stolze Bauten spiegelten sich zu jenerZeit in den Wellen der Propontis, Tore, Säle und Bäder <strong>von</strong> glänzendem Marmor,stattliche Porphyrsäulen ragten hoch empor und <strong>von</strong> ihnen schauten dieBildsäulen verschiedener Kaiserinnen weit ins Meer: – Alles das verschwandgrößtenteils, in dem bald große Empörungen, sowie auch die Zeit diese Bautenzusammenstürzten. Nicht minder griff auch die Hand einzelner Menschenzerstörend ein, wie die des Kaisers Justinian, der aus den vergoldeten Ziegelndes ehernen Torpalastes Chalke seine auf den Saal des Augusteon aufgestellteBildsäule gießen ließ.Mit Zeit und Geschichte Hand in Hand gehend, entstanden alsdann neuePaläste und Denkmäler hier, dem jedesmaligen Weltalter analog. Die alte Zeitwurde in ihrem Eisenkleid zur Ruhe gelegt und die neuen Herrscher <strong>von</strong> Byzanzlegten ihr beturbantes Haupt einer schönen Sklavin in den Schoß und bautensich mitten in den dunkelsten Partien ihres mit Marmorbecken und Rosengebüschengezierten Gartens zierliche Kioske, leichte vergoldete Häuser, diedas Auge der Neugierigen blendeten und ihn wie der Blick der Schlange fest-

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