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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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17 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTSyrien ein lieber Reisegesellschafter. Ein ungarischer Husaren-Offizier, der mitseiner Schwester nach Galatz reiste, ein junger Engländer, Namens Napier, einVerwandter des englischen Commodore, der Arzt des Lord Londonderry, einartiger alter Engländer, waren die Hauptbestandteile unserer Familie.Wir hielten uns sehr viel in der zweiten Kajüte auf, wo ein viel fremdartigeresLeben herrschte. Denn da waren Serben, Wallachen, Ungarn, Italiener,kurz eine ganze Musterkarte <strong>von</strong> verschiedenen Menschenarten. In einer Eckekauerten unbeweglich auf ihren Teppichen ein paar Juden aus Salonich, Vaterund Sohn, die ersten Leute, die wir in türkischem Kostüm sahen. Sie trugen lange,sehr schmutzige Kaftans und einen eben solchen Turban. Der Vater, schonein sehr alter Mann, hatte einen langen schneeweißen Bart, war aber äußerstmunter und sah recht gesund aus, wogegen des Sohnes bleiche Gesichtsfarbe,durch den kohlschwarzen Bart der sein Kinn umgab, noch schärfer hervorgehobenwurde. Sie waren Handelsleute und kamen aus Wien. Eine Jüdin ausBukarest, die ebenfalls hier war, hatte ihre neunjährige Tochter bei sich, einwunderschönes Mädchen. Feurigere braune Augen, als die kleine Skella besaß,hatte ich in meinem Leben nicht gesehen. Die meisten übrigen Passagierewaren Ungarn, die sich, wie ich auch schon früher sagte, durch Zuvorkommenheitgegen uns Fremde musterhaft auszeichneten. Von allen Seiten boten sieuns Tabak und Zigarren an und es machte ihnen viel Spaß, wenn wir für dieseund jene Sachen das bezeichnende Wort ihrer Landessprache hören wollten.Eine niedliche schlanke Ungarin lehrte mich unter anderem – szép léanyheiße ein h üb s c h e s M ä d c h e n und szeretlek i c h l i ebe di c h;czòk bedeute einen K uß und den Unterschied eines ungarischen czòk gegeneinen deutschen brachte sie mir später praktisch bei und ich muß gestehen,der schmeckte wie Tokaier gegen Rheinwein.In einer Ecke der Kajüte saß ein alter ärmlich gekleideter ungarischer Edelmann,der erschrecklich aus seiner kurzen Pfeife rauchte, oder Volkslieder sangmit sehr traurigen Melodien. Eine Strophe eines seiner magyarischen Lieder,das er oft sang, lauschte ihm meine hübsche Lehrerin ab und übersetzte sie mirfolgendermaßen:Gebe Gott, daß der UngarDie halbe Welt besäße,Und die mit seinem Blute gewonnene FreiheitNie gestehen müsse, daß sie geschmälert seiKAPITEL 1. FAHRT AUF DER DONAU VON REGENSBURG NACH GIORGEWO 18Der alte Herr merkte aber gleich, daß das Mädchen uns etwas <strong>von</strong> seinenLiedern verraten habe, denn er gab mir einen Wink, ich möchte zu ihm kommen,worauf er mir lächelnd in einem sehr holperichten Deutsch den bekanntenRat gab, ich solle mich vor dem Mädchen, besonders vor den ungarischen, inAcht nehmen nannte zum Beleg teilte er mir folgende Strophen mit. Ein altesVolkslied, das vielleicht seinen größten Wert durch die eigentümliche, ergreifendtraurige Melodie hatte, mit der er es mir später sang:Es reift schon die rote Zwetzschge <strong>von</strong> BistritzMein wirst du sein, meine süße Babi, nach zwei Wochen,Schon reift der wilde Apfel, die Braune ist wohl falscherSchon blüht die weiße Rose, die blonde ist mehr heimlichIch gehe bis ans Ende im Hofe einer schönen Frau,Unwillkürlich blicke ich in ein Fenster hinein,Ich sehe meine Liebste in eines andern Armen,Nun träfe mich schon alles – Gott, wie bedaur’ ich.Und sie sagte mir doch, sie sei meine treue Geliebte,Es war aber nur ein eitles Geschwätz,Ich glaube ihren Worten nicht mehr; o könnt ich beide vergessen:Falsch ist ihr Leib und Seele, der Blonden wie der Braunen.Der alte Ungar und ich wurden später gute Freunde und rauchten manchePfeife zusammen. Den ganzen Tag über hatte sich das Wetter nicht gebessert.Bald stürmte der Wind heftig und machte den Aufenthalt auf dem Verdeck unangenehm,dann regnete es wieder und trieb uns vollends in die Kajüte. Dochabgesehen da<strong>von</strong>, daß die freie Luft oben viel angenehmer ist, als die Atmosphäreunter dem Deck, verloren wir für heute an der Aussicht nicht viel; dennim allgemeinen sind die einförmigen Ebenen, durch welche sich <strong>von</strong> Pest bisApatin der Strom hinzieht, ohne Reiz für das Auge. Erst wenn man sich denGrenzen des Banats und Serbiens nähert, gewinnt die Landschaft ein großartigeresAnsehen und durch die Gebirge Bosniens und Serbiens, welche bei heiteremWetter <strong>von</strong> Zeit zu Zeit sichtbar werden. Abends gegen neun Uhr kamenwir nach Baja, wo wir dicht am Ufer Anker warfen, um, da die Dunkelheitder Nacht es nicht erlaubte weiterzufahren, hier den Morgen zu erwarten. Wir

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