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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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125 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTgezündete Pfeife entgegen und Alles horcht erwartungsvoll auf den Ruf vomMinaret, um sich so hastig wie möglich die nun erlaubten Genüssen des Essens,Trinkens und Rauchens hinzugeben.Jetzt bei eingetretener Dunkelheit verwandelt sich auch das stille Leben indie Straßen zu dem geräuschvollsten, das es geben kann und die Stadt selbstgewährt <strong>von</strong> außen und innen den prächtigsten Anblick. In den Minarets werdenallmälig Lichter angesteckt und bald umgeben mehrere hundert Lampen inden einzelnen Kreisen diese Gebäude <strong>von</strong> oben bis unten. Die Kuppeln der Moscheenund Karavansereien sind ebenfalls mit Lichtern behängt und die meistenBazars, sowie die Tische der Verkäufer auf den Straßen, hell erleuchtet.Von Pera aus hatten wir auf die Hauptstadt den prächtigsten Anblick. DieMassen der dunklen Häuser, der dunken Fenster, <strong>von</strong> den belebten erhelltenStraßen durchschnitten, sahen <strong>von</strong> oben einem Berg ähnlich, dessen glühendesGeäder an allen Stellen durchscheint. Hie und da war das Erdreich ganz durchbrochenund unzählige hohe Flammen leckten gierig in die Nacht empor, – diebeleuchteten Minarets. Vor uns lag der Hafen, dessen Wasser durch den Widerscheinder vielen Lampen, die an den Masten und Segelstangen der Schiffehingen, rötlich abgestrahlt erschien. Selbst die dunkelsten Cypressen auf Pera,diese riesigen Totenwächter, schienen den allgemeinen Jubel zu fühlen undwaren <strong>von</strong> den Lichtermeer drüben sanft beleuchtet.Es war wohl in einer der sieben heiligen Nächte des Jahres, nämlich in derNacht Kadr, welche für die gilt, wo der Koran vom Himmel gesendet worden,als wir gegen acht Uhr <strong>von</strong> Pera aufbrachen, um uns nach der Moschee <strong>von</strong>Top-Chana zu begeben, die der Sultan infolge der besonderen Feierlichkeit, dieheute stattfand, mit einem Besuch beehrte. Dem Sultann nämlich, nachdem er inder heutigen Nacht sein Gebet verrichtet, wird <strong>von</strong> dem Großwesier bei seinerRückkunft ins Serail eine Sklavenjungfrau übergeben, mit der er alsdann dieBrautnacht begeht, in der Hoffnung, daß, wie in dieser Nacht der Koran vomHimmel kam, auch dem Hause Osmans ein Thronerbe vom Himmel gesendetwerde.*Um die Moschee <strong>von</strong> Top-Chana, sowie die Kanonengießerei standen dreiReihen Infanterie, in deren Mitte sich ein Musikcorps befand, das mit ihrenTrommeln, Posaunen und Trompeten einen herrlichen Lärm machte. Die Moscheewar glänzender beleuchtet, als je und an allen Wänden und Fensternhingen große Reihen bunter Lampen. Ebenso war die Kanonen-Werkstatt auchKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 126auf das prächtigste illuminiert und in dem Hof derselben, sowie in dem Kreis,den die Soldaten bildeten, waren zahlreiche große Pechpfannen aufgestellt. Dietürkische Infanterie machte sich’s, wie gewöhnlich, auf ihrem Posten sehr bequem.Nur das erste Glied stand aufrecht auf den Beinen und hielt das Gewehrim Arm. Das zweite und dritte saß auf der Erde und den Treppen in der Moscheeund fast alles rauchte tapfer darauf los, sodaß der Tabaksdampf mit demQualm der Pechbrände wetteiferte.Wir drängten uns an die Reihe der Soldaten, die die Zuschauer vom Platzder Moschee entfernt halten sollten und verdankten es nur der Keckheit, mitwelcher wir uns für englische Offiziere und Ärzte ausgaben, daß sie uns in denKreis ließen. Hier mußten wir noch eine gute Stunde warten, ehe der Spektakellosging. Dafür war aber auch der Lärm, der nun begann, um so größer. Ein paarKanonenschüsse <strong>von</strong> Beschiktasch her gaben das Zeichen, daß sich der Sultanauf sein Pferd schwinge und alsbald antworteten die Batterien <strong>von</strong> Skutari, <strong>von</strong>der Serailspitze, ebenso wie die Kriegsschiffe im Hafen. Die Soldaten wurdenins Glied gerufen und bildeten lärmend eine schlechte Linie. Das Musikcorpsneben uns bemühte sich ebenfalls, zu dem allgemeinen Getöse das ihrige beizutragenund die Musici arbeiteten auf ihren Instrumenten schonungslos herum.Ich muß hierbei einer großen Lächerlichkeit erwähnen, welche durch dieNachäffnung der europäischen Gebräuche entstand. Der Tambourmajor, nachder neuen Ordnung der Dinge mit großem Stock ausgerüstet, schwenkte denselben,worauf bei uns die Trommeln gleich einfallen; doch bei den Gläubigenwar das nicht der Fall, sondern trotzdem er ihnen mit viel der Gravität das Zeichenzum Anfang gegeben und den Stab tüchtig geschwenkt hatte, wirbeltendie Trommeln erst, nachdem er ihnen recht gemütlich sagte: ”Nun wollen wiranfangen.“Jetzt kam <strong>von</strong> dem Palast des Sultans her eine große Menge Fackelträgermit einer anderen Musikbande, die denselben Lärm machte, wie die erste.Auf dem Platz vor der Kanonen-Werkstatt steht ein kleiner steinerner Brunnen,den die Artilleristen mit Luftfeuerwerk verzierten; denn als dicht neben uns einegewaltige Geschützsalve über den Wellen dahin krachte, daß die Pferde einigertürkischer Offiziere wie toll umhersprangen, flammten an dem Brunnen tausende<strong>von</strong> Zündlichtern auf, sodaß er ganz in Feuer zu stehen schien. Auch zündeteman hie und da in großen Pfannen farbige bengalische Feuer an, sodaß dieumliegenden Gebäude bald <strong>von</strong> blutroten, bald <strong>von</strong> grünen oder blauen Flammenumspielt schienen. Aber an dem ganzen Anblick war nichts Erquickliches,

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