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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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147 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 148Im unteren Stockwerk wohnen die Odalisken oder Sklavinnen, deren Anzahlunbestimmt, aber meistens sehr groß ist, in langen großen Sälen, wo jedesMal ein paar Hundert zusammen schlafen oder vielmehr zusammen eingesperrtwerden. Denn an beiden Seiten dieser Säle sind zwei Stiegen, die, sobald dieOdalisken sich auf Befehl ihrer Aufseher zurückgezogen haben, durch großeschwere Falltüren und eiserne Riegel verschlossen werden. Diese Gemächersind nicht sehr brillant eingerichtet, ungefähr wie die Kasernenstuben bei uns.Mehrere dieser Sklavinnen haben jedesmal zusammen einen kleinen Kasten,der blau oder rot angestrichen ist. Diese Behälter, in denen sie ihre Heimatseligkeitenbewahren, stehen einander in zwei Reihen an den langen Wändendes Saales gegenüber und lassen in der Mitte einen Gang frei. An den Fensternbefinden sich breite Divans, auf denen stets fünfzehn bis zwanzig Odaliskenzusammen schlafen.Durch den Gang, an dem die Gemächer der Sultaninnen liegen, gehen wirzurück in den Theatersaal und auf der Stiege, wo wir hinaufgegangen, wiederhinab in den Gang am Kanonentor, auf dessen anderer Seite wir zur ebenenErde noch die Gemächer und Bäder der Sultanin Valide sahen, die fast ebensoeingerichtet sind, wie die Wohnungen der Sultaninnen. Dann stiegen wir noch inden oberen Stock des Haremliks über der Wohnung der Sultanin Valide, wo sichdie Staatsgemächer des Sultans befinden: der Thronsaal, der Audienzsaal undprächtige Bäder. Der schon stark hereinbrechende Abend erlaubte uns nicht,die Säle genauer zu besehen. Wir gingen noch durch eine schmale sehr schöneGalerie in den sogenannten Marmorkiosk, <strong>von</strong> Sultan Selim erbaut, und ließenuns hier einen Augenblick am Fenster nieder, <strong>von</strong> wo uns die letztem Lichterdes Tages noch eine prachtvolle Aussicht auf die Propontis, den Bosporus unddas goldene Horn gewährten.Indessen war die Sonne schlafen gegangen.“”Die Wellen färbten sich dunkel, einzelne Kaiks zogen langsam vorüber, Handwerkerund Kaufleute aus den jetzt verschlossenen Bazars nach ihren Häusernin Pera, Galata und Skutari bringend – die Abenddämmerung stritt sich noch mitden Lichtern im Leuchtturm und hielt sie wie mit einem Nebel überzogen, dender Schein der Lampen noch nicht durchringen konnte. Unser Führer rasseltelaut mit seinen Schlüsseln, uns an den Abschied mahnend. Wir traten durch dasKanonentor ins Freie und fanden glücklicherweise noch einen Kaikschi, der unsübersetzend einen langen Umweg über die neue Brücke ersparte. Öfters blicktenwir zurück zu den dunklen Massen der Paläste und Bäume, die uns gleicheinem verschwindenden schönen Traum mit jedem Ruderschlag undeutlicherwurden und weiter zurücktraten. – Ja, es war mir wie ein Traum, denn ich hattein den paar Stunden so viel Schönes und Wunderbares gesehen, daß das Herzes nur wie Traumgestalten in undeutlichen Umrissen erfassen konnte und ichfürchte, ich habe es hier so wiedergegeben.II. Von der Landseite.Die Erlangung eines Fermans, um in das neue Serail <strong>von</strong> der Landseite bis zumTor der Glückseligkeit zu dringen, ist leicht. Herr <strong>von</strong> C. verschaffte ihn unsund wir zogen am anderen Morgen aus, auch dies Denkmal alter und neuerBaukunst zu besehen.Durch eine Menge schmutziger Gassen und armseliger Stadtviertel, die wirbisher noch nicht betraten, kamen wir bei dem Portal der Aja Sophia vorbei undtraten auf einen kleinen, unregelmäßigen Platz, der <strong>von</strong> dieser und den Mauerndes neuen Serails umschlossen wird, den Serai Meidan. In der Mitte desselbensteht eines der vielen zierlichen Brunnenhäuschen, die man überall findet undhier quillt das beste Wasser der ganzen Stadt, weshalb auch täglich viele silberneFlaschen voll zum Gebrauch des Großherrn da<strong>von</strong> geschöpft werden. Fastmehr als alle anderen Plätze Konstantinopels hat dieser eine denkwürdige Geschichtezu erzählen. Hier war früher das Forum Constantini, einer der größtenPlätze des alten Byzanz. Jetzt ist er fast ganz verschwunden und die Häuser sindnach und nach zusammengerückt, den merkwürdigen Boden bedeckend und habenalle Spuren der prächtigen Bauwerke und Bildsäulen verdrängt, die hier gestanden.Etwas weiter zurückgehend kommen wir an eine kleine Fontaine, diein einem Winkel zwischen den Häusern liegt, die wir unbeachtet hätten liegenlassen, wenn uns nicht die Geschichtsschreiber <strong>von</strong> diesem armseligen Brunnenerzählt, daß hier der Mittelpunkt des Forums gewesen sei, wo sich aus einersteinernen Unterlage <strong>von</strong> sieben Stufen die große Säule erhob, die so häufigihre Statuen wechselte. Hier stand das silberne Bild des Kaisers Theodosius .Justinian stürzte es um und stellte auf einer Porphyrsäule seine eigene Statuezu Pferd aus Erz gegossen dahin. Das Pferd hob den linken Vorderfuß, als ob

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