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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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87 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTfindet man alle Wohlgerüche Arabiens aufgestapelt und all’ diese Gewürze,die der Orient hervorbringt, verbreiten einen herrlichen Duft, wodurch sichdieser Markt schon in der Ferne der Nase des Herumwandelnden bemerkbarmacht. Treffend sagt Hammer <strong>von</strong> ihm: ”Wie sich die Molucken dem Seefahrerschon weit im Meere verkünden, verkündet dem Wanderer in Konstantinopelder würzige Geruch dieses Marktes schon <strong>von</strong> ferne sein Dasein und erinnertan die beiden schönen Gedanken Sardis: daß Moschus und Liebe sich vor derWelt nicht geheim halten lassen und daß das wahre Verdienst, wie die Auslagedes Gewürzhändlers prunklos schweigt und herrlich duftet. Endlich an das <strong>von</strong>einem arabischen Dichter ausgebildete Wort Muhameds:Mädchen sind Blüten, die Blüten gewähren süße Gerüche,und ein süßer Geruch ist vor dem Herrn das Gebet.Mädchen sind irdische Kost und Gebet ist himmlische Nahrung.Wohlgerüche genießt Himmel und Erde zugleich.Ehe wir die Bazare verlassen, muß ich noch der Chane oder Karavanseraien,als zu ihnen gehörig, gedenken. Eigentlich ist Chan oder Karavanserai nichtgleichbedeutend. Erstere sind Gebäude, in welchen sich nur große Warenlageroder große Werkstätten, auch Fabriken genannt befinden. Letztere sind Herbergenfür Reisende. Doch gibt es auch dergleichen öffentliche Anstalten, in denensich der Begriff beider Worte vereinigt, wo nämlich fremde Kaufleute währendihres Aufenthalts in Konstantinopel wohnen und ihre Waren auslegen oder auchnur ihre Wechselstuben haben. Hierher gehört der große Chodscha-Chan, wosich gewöhnlich persische Kaufleute aufhalten. Es gibt einen Chan der Gefangenenin der Nähe des Sklavenmarktes und einen Chan der Gesandten bei derverbrannten Porphyrsäule, wo früher die Gesandten aller europäischer Mächteeinquartiert oder vielmehr eingesperrt wurden, denn man behandelte sie hierwie Staatsgefangene.Will man alle diese Bazare, Besestane und Chane, oder auch nur die vorzüglichstengenau durchmustern, so braucht man Monate. Man kann diesemGeschäft doch nur wenige Stunden widmen, da das allzu große Gewühl und dieunendliche Mannigfaltigkeit der Waren die Sinne abstumpft und sie nach kurzerZeit unfähig macht, alles mit Ruhe zu betrachten. Wir waren fast täglich einpaar Stunden in den Bazars und verließen dann das Gewühl, um uns auf einemKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 88einsameren Platz durch Betrachtung irgend eines der alten ehrwürdigen Bauwerkewieder zu erholen. Freitags jedoch, wo der Sultan eine der öffentlichenMoscheen besucht, machten wir uns, nachdem wir unsere Einkäufe besorgt,eine andere Zerstreuung.An diesem Tag, morgens zwischen zehn und zwölf Uhr versammelt sichbeim Seraskierturm, auf dem Seraskierplatz, oder wie ihn die Türken nennen,Tauk-Bassari oder Hühnermarkt, alles, was <strong>von</strong> der türkischen noblen Damenwelteine Equipage besitzt oder eine mieten kann, um daselbst eine Spazierfahrtzu machen. Die Wagen sind <strong>von</strong> ganz eigenentümlicher Bauart und erschienenuns anfangs sehr lächerlich. Die meisten, besonders die älteren, haben Ähnlichkeitmit unseren Leiterwagen. Nur sind sie leicht und zierlich geschnitzt, mitbunten Farben bemalt und teilweise vergoldet. Hölzerne Reifen tragen ein Dach<strong>von</strong> grüner oder roter Leinwand, unter dem auf Kissen und Teppichen oft einganzer türkischer Harem liegt: ein paar Weiber, einige Sklavinnen und mehrereKinder <strong>von</strong> verschiedenem Alter. Vor diese Equipagen sind zwei schwereOchsen gespannt, mit buntem, vergoldetem Riemenzeug angeschirrt und mitallerlei Bändern aufgeputzt. Zur Verzierung dieses Gespanns, vielleicht auchum die Fliegen abzuwehren, gehen <strong>von</strong> der Bracke des Fahrzeugs aus zwei ungefährsechs Fuß lange geschweifte Hölzer, die so gleichsam über den Tierenschweben. Von denselben herab hängen bunte wollene Quasten, die sich bei jedemSchritt hin- und herbewegen. Andere Fahrzeuge nähern sich etwas unserenKaleschen, sind jedoch mit Schnitzwerk versehen und schwer vergoldet, wie siebei uns im verflossenen Jahrhundert gebräuchlich waren. Auch sieht man wohlhier und da einen Wagenkasten <strong>von</strong> unserer jetzigen Façon, der aber dann aufschweren altmodischen Rädern ruht.In langen Reihen bewegen sich diesen Wagen vorwärts, <strong>von</strong> einer MasseWeiber und Kinder der ärmeren Klasse bestaunt, die nebenherlaufen. Auch erblicktman zuweilen einen jungen türkischen Elegant, der selbstgefällig umherreitet,ohne sich jedoch um die Damen zu bekümmern. Ältere Türken sitzen inden Kaffeehäusern, die sich auf dem Platz befinden und schauen dem Gewühlzu. Den vornehmen Harems, die oft aus Zügen <strong>von</strong> fünf bis sechs Wagen bestehen,folgen auf schönen reichgeschirrten Pferden schwarze oder weiße Eunuchen,meistens Menschen <strong>von</strong> widerlichem Äußeren, mit unförmig dickemOberkörper, auf dem der Kopf fest in den Schultern steckt. Ihre fetten schlaffenGesichter werden durch einen lauernden boshaften Zug um Mund und Auge

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