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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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119 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTPfeilern, die wie ebenso viel Füße den oberen Bau tragen, dem Skelett einesriesigen Tausendfußes, der auf den Höhen liegen blieb und dessen Knochen<strong>von</strong> der Sonne all mälich gebleicht wurden. Unsere Pferde waren recht munterund da der Weg nur hie und da schlechte Stellen zeigte, im Allgemeinen aberso gut war, wie man es hier verlangen konnte, befanden wir uns bald auf derHöhe <strong>von</strong> jener Wasserleitung. Sie führt den Namen Justinians und ist, wennauch nicht die längste, doch die höchste <strong>von</strong> allen. Der Wasserfaden wird ineiner Höhe <strong>von</strong> 90 bis 100 Fuß über ihren zwei Etagen durch das Tal fortgeleitet.Unter einem der großen Bogen des Aquaducts ritten wir hindurch, dannnoch eine kleine Strecke aufwärts, wo uns Graf Königsmark veranlasste, einenAugenblick anzuhalten und zurückzuschauen. Da sahen wir ein kleines Stückdes Bosporus mit dem dahinter liegenden Riesenberg und vielen freundlichenHäusern am Fuß desselben, <strong>von</strong> dem Bogen, durch welchen wir soeben geritten,prächtig eingerahmt – ein herrliches Gemälde. – Wir wandten uns nunlinks in den Wald hinein und erreichten in kurzer Zeit das Dörfchen Belgrad,wo sich früher die Landsitze der meisten europäischen Gesandten befanden.Kriegsgefangene Bulgaren wurden in alter Zeit <strong>von</strong> Belgrad an der Donau hierherversetzt und gaben dem neuen Dorf der Namen der Heimat. Wir nahmenhier ein kleines Frühstück ein, sahen dann im Vorbeireiten das Haus, wo LadyMontague ihre Briefe schrieb und ritten den großen Wasserbehältern zu, welchein der Tiefe des Waldes liegen und aus denen die Aquaducte gespeist werden.Lange hat nichts einen seltsamen Eindruck auf mich gemacht, wie der Anblickdieser gewaltigen Werke, fern vom Geräusch der Menschen, in stiller Abgeschiedenheitliegend. In dieser Gegend, zwischen uralten riesigen Baumstämmen,reitet man auf schmalen Waldpfaden und hält plötzlich mit einem Ausrufdes Erstaunens sein Pferd an, denn zwischen den hohen Talwänden erheben sichprächtige Marmorgebäude, deren einfache, solide Schönheit dem Auge unendlichenwohl tut. Es war der Aiwad-Band, <strong>von</strong> Mustapha III. im Jahr 1766 erbaut,den wir als den größten und schönsten in Augenschein nahmen. Das WortBend“kommt aus dem Persischen und ist die Bezeichnung für der Art Wasserbehälter,eigentlich nur für die Maurer, welche das Tal eindämmt, und ist so fast”gleichbedeutend mit dem deutschen Wort Band.Neben den meisten dieser Wasserbehälter befinden sich Lusthäuser des Sultans.Die Gegenwart des Grafen Königsmark verschaffte uns Zutritt zu einemder hier liegenden, welches Mahmud II. erbaut. Es wurde <strong>von</strong> einem MohrenKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 120bewacht, der uns in einige der prächtigen Gemächer den Eintritt gestattete, andereaber mußten wir durch die Fenster ansehen. Dies Kiosk war wenigstenszu drei Teilen auf europäische Art eingerichtet. Es enthielt französische Tapetenund Kronleuchter, große Spiegel und neben den türkischen Divans Fauteuilsund Lehnstühle aller Art.Das System der Wasserleitungen für das frühere Byzanz und spätere KonstantinNobel begründet sich auf die zwei Aquaducte, die in den ältesten Zeitenerbaut und stets verbessert und erweitert wurden. Die eine ist die justinianische,<strong>von</strong> der ich oben sprach, eigentlich die hydrianische, denn Justinian bessertesie ebenfalls nur aus. Sie leitete das Flüsschen Hydraulis nach der Basilika <strong>von</strong>Byzanz. Später bauten die Sultane noch verschiedene Bende zu ihrer Speisung,wozu auch der erwähnte Aiwad-Band gehört. Eigentümlich bei dieser Wasserleitungist, daß sie das Wasser bald unterirdisch fortführt, bald es mit kühnenBogen über die Täler fortträgt. Kurz vor der Stadt zerteilt sie sich in vier kleineAquaducte, welche das Wasser an verschiedenen Toren in die Stadt führen.Die andere ältere Wasserleitung ist die des Kaisers Valens, in die jetzt ihregrößte Wassermasse <strong>von</strong> Kalfakjoi bezieht und sie in die höheren Teile derStadt führt, wodurch das gewaltige Mauerwerk an tausend Schritte weit zwischenden Häusern durchläuft und jemanden, der nicht schwindlicht ist, einenschönen Spaziergang bietet, <strong>von</strong> dem aus man die Stadt wie eine Karte vor sichausgebreitet sieht.Es war Nachmittag geworden, als wir uns auf dem Rückweg nach Konstantinopelbegraben. Unser liebenswürdiger Führer, Graf Königsmark, begleiteteuns noch eine Strecke weit, worauf er nach Bujukdere zurückgekehrte und wirunseren Weg nach der Stadt fortsetzten. Dieser führte durch sehr uninteressantesTerrain, denn es war ein breiter Sandweg, der sich über die öden baumlosenHöhen hinzog, die den Bospor begrenzen. Einige Unterhaltung gewährten unsunsere sehr guten Pferde, indem wir <strong>von</strong> Zeit zu Zeit kleine Wettrennen anstellten.Vorn an der Spitze ritt der Sürüdschi, der die Pferde gebracht und unswieder zurück geleitete. Wir hatten ihm einen kleinen Mantelsack gegeben, indem wir gestern einige Kleidungsstücke mit nach Bujukdere genommen, den ervor sich auf den Sattelknopf nahm und munter vorausritt.So oft es bergauf ging, spornte er seinen starken Schimmel und jagte lautschreiend da<strong>von</strong>. Wir folgten ihm natürlich so rasch wie möglich. Doch warmein Pferd das einzige, welches das seinige hie und da erreichte. Später setz-

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