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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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149 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTes schlagen wollte. Die drei anderen standen auf dem Postament. In der linkenHand trug die Statue die Erdkugel mit dem Kreuz und streckte die rechte Handdrohend und herrschend gegen Osten aus, die Herrschaft des Kaisers über dasMorgenland anzudeuten. So stand diese Bildsäule noch, als Muhamed, der Eroberer,über die Leiche des letzten Konstantins hineeg in die Stadt drang. Dochnicht damit zufrieden, bloß Sieger zu sein, schnitt man diesem letzten unglücklichenKaiser das Haupt ab und Muhamed ließ es höhnend vor die Füße dieserStatue rollen; ein Hohn, dessen Tiefe nur dann ganz gefühlt werden kann, wennman weiß, daß den östlichen Triumphatoren der Siegeswunsch zugerufen wird:daß sie die Köpfe ihrer Feinde unter die Hufe ihrer Pferde treten sollen.“So”werden noch heute bei öffentlichen Einzügen der Fürsten und Stadthalter Kugelnund Flaschen unter die Füße des Pferdes unter dem Zuruf: So sollst du die”Köpfe deiner Feinde zertreten!“ geworfen, ebenso wie an den Toren des neuenSerails die Köpfe der aufrührerischen Paschas zu den Füßen des einreitendenSultans rollen.Zur linken Seite des Serei Meidani erheben sich die Trümmer der sogenanntenHohen Pforte, eigentlich der Palast des Großveziers, worin die wichtigstenAngelegenheiten des Staates beraten wurden. Bei dem letzten großen Aufstandder Janitscharen und bei einer großen Feuersbrunst vor einigen Jahren ist ergrößtenteils zerstört worden und jetzt unbewohnbar. Von hier aus gingen dieMinister der Sultane täglich zu ihrem Herrn durch das Tor der Glückseligkeit,daß ihnen indes öfters zu einem Tor des Todes wurde. So blieben zum Beispieldie Minister Sultan Selims kaum einen Monat im Amt und es war damals einebei den Türken übliche Verwünschungsformel: Mögest du Sultan Selims Veziersein!“ Von einem derselben, dem Großvezier Piribascha erzählt Hammer,”daß, als er eines Tages seinen gestrengen Herrn bei guter Laune fand, er es sichals eine Gnade ausbat, wenn ihn der Sultan wolle hinrichten lassen, so möge eres ihm doch wenigstens einen Tag vorher sagen, damit er sein Testament machenkönne. Worauf ihm Selim lachend erwiderte, offenherzig gestanden, gingeer schon lange mit dem Gedanken um, ihm den Kopf abschlagen zu lassen under würde gern seine Bitte erfüllen, wenn wenn er nur gleich einen Anderenhätte, den er an seine Stelle setzen könnte.Durch die kaiserlichte Pforte, einen hochgewölbten Torweg, an dem zu beidenSeiten die verdächtigen runden Steine stehen, auf denen die Köpfe derEnthaupteten zur Schau ausgestellt wurden, traten wir in den ersten Hof desKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 150Serails. Hier werden die Wachen <strong>von</strong> gewöhnlichen Torwächtern, Kapitschi,getan, doch haben sie nicht mehr ihr früheres Costüm, sondern sind wie die Kawaschender Gesandten gekleidet, im blauen Überrock, das Feß auf dem Kopfund um den Leib zwei Taschen geschnallt, in denen Pistolen stecken. In diesemersten Hof befindet sich links die im Jahr 1726 erbaute neue Münze, die massivin Steinen aufgeführt wurde: aus dem <strong>von</strong> einem türkischen Geschichtsschreiberausgeführten Grunde, um den anziehenden fremden Gesandten durch denAnblick dieses steinernen Gebäudes einen vorteilhaften Eindruck beizubringen.Neben der Münze ist die alte Kirche der heiligen Irene, jetzt das Zeughaus desneuen Serails. Es ist ungefähr eingerichtet wie die unsrigen, nur daß die ausSäbeln, Pistolen und Flinten zusammengestellten Pyramiden und andere Figurensehr geschmacklos sind. Die Gänge bestehen aus Mosaikpflaster <strong>von</strong> kleinenKieselsteinen. Einige merkwürdige alte Waffen sollen sich hier befinden,unter anderem die Rüstung des sorbischen Fürsten Milosch Kobilovich, der denSultan Murad den Großen in der Schlacht auf der Ebene <strong>von</strong> Kossova in seinemeigenen Zelt ermordete. An den Wänden hingen eine Menge besondererHelme und Pickelhauben, wahrscheinlich in früherer Zeit in den Kriegen mitden Tartaren und Mongolen erbeutet. Auch zeigte man uns Hanische aus denZeiten der Kreuzzüge. Doch da es hier nicht wie bei uns in derartigen Anstalteneinem Führer gab, um uns diese Sachen zu erklären, so mußten wir vielegewiß merkwürdige Stücke unbeachtet lassen. Etwas, dessen Gebrauch der unsbegleitende Artillerieoffizier erklärte, waren in einem besonderen Gemach aufgestelltegroße Schwerter, die der edle Türke mit inniger Freude herumschwang,um uns anzudeuten, daß sie zum Kopfabschlagen dienten.Auf der rechten Seite des ersten Hofes befinden sich das Krankenhaus, dieKasernen der Baltadschi – Hausknechte des Serails – und vor diesen Gebäudenist ein freier, mit Rasen bedeckter Platz, wo sich die Pagen des Serails am drittenFesttag des Beyrams in Gegenwart des Sultans im Werfen des Dscheritsüben. Nachdem wir diesen Hof durchwandert, kamen wir an ein Tor, welchesin den zweiten Hof führt und das Mitteltor, auch Orta-kupa, heißt. Rechts vordem Eingang dieses zweiten Tores ist der große berühmte Mörser, in welchem,wie die Sage erzählt, die zum Tode verurteilten Muftis oder Rechtsgelehrtenzerstoßen wurden. Wenn schon das kaiserliche Tor, zu welchem wir ins Serailgetreten, durch die rechts und links aufgestellten blutigen Köpfe auf den Eintretendeneinem unangenehmen Eindruck machte, so nahte sich doch jeder, den

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