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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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103 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTwerden diese Geschütze nur noch zu Freudenschüssen während des Bairamfestesbenutzt, doch war über den meisten Gras und Unkraut zusammengewachsenund hatte ihnen so ein Nest gebildet, worin sie wohl für ewig unbenütztschlafen werden.Seit den ältesten Zeiten diente das Schloß der sieben Türme mehr zum Staatsgefängnis,oder wohl auch zur Zitadelle, um die Stadt in Respekt zu halten, alszur Verteidigung nach außen. Bei anbrechenden Kriegen mit den europäischenMächten wurden bekanntlich deren Gesandten unter dem Vorwand, sie vor derWut des Pöbels zu schützen, hier eingesperrt. Das Haus, das sie bewohnten,war, wie uns der Aufseher versicherte, an den Turm der Janitscharen gebaut.Vom Gebäude selbst sahen wir keine Spur mehr. Nur bezeugten viele französischeund auch deutsche Inschriften, <strong>von</strong> denen jedoch die meisten durch Zeitund Wetter unleserlich geworden waren, daß manche Europäer traurige Stundenhier verseufzt. Eine lautete:Prisonniers qui dans la misèreGémissez dans ce triste lieu,Offrez le de bon coeur à dieuEt vous la trouverez legère,1608Etwas weiter unten stand:Anton Esterhazy bewohnte diesen traurigen Ort 1698-1699.J. <strong>von</strong> Hammer spricht <strong>von</strong> einer ähnlichen Inschrift auf dem Stein eines derQuadertürme, die wir jedoch nicht mehr fanden und welche lautete:A la mémoire des Français morts dans les fers des Othomans1801Der Aufseher des Schlosses schenkte jedem <strong>von</strong> uns eine reife Feige, dieim Hof gewachsen und brachte uns eine Hand voll Blumen <strong>von</strong> denen, die denBlutbrunnen umstanden, wogegen wir ihn mit einigen Piastern erfreuten. BeimAusgang zeigte er uns vor dem viereckigen Turm den Platz, wo der unglücklicheSultan Osman in einer Empörung <strong>von</strong> den Janitscharen hingerichtet wurde,KAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 104sowie links unter dem Torweg ein kleines Gemach, das mit alten Waffen undKetten angefüllt war.Wir bestiegen unsere Pferde wieder, die sich indessen draußen am spärlichenGras, das unter den Bäumen wuchs, gelabt hatten und ritten eine Zeit lang ander Stadtmauer hin bis zu Top Kapussi oder den Kanonentor, früher das Tordes heiligen Romanus, durch welches wir ins Freie kamen. In dieses Tor ist<strong>von</strong> allen das merkwürdigste. Hier fiel der letzte der Paläologen im Kampf mitden eindringenden Türken. Die ersten jedoch, welche die Stadt erstürmten, ihreretwa fünfzig, drangen etwas mehr nördlich beim hölzernen Tor, man zeigteuns noch die Bresche, in die Stadt, überfielen den Kaiser und Giustiniani, denFeldherrn der Genueser, welche beide <strong>von</strong> jenem Einbruch noch nichts wußten,und so <strong>von</strong> vorn und hinten zugleich angefallen, hauchte der letzte Konstantinsein Leben an den Mauern aus, die der erste gebaut. Die Türken, welche gernealles ins Überirdische hinüber spielen, haben ein Sage, nach welcher ihnen Allahund der Prophet beim Sturm auf Konstantinopel dadurch geholfen, daß eran dieser Stelle die Geschütze der Griechen in Stein verwandelt habe. Wirklichzeigte man uns einige steinerne Röhren, an denen eine lebhafte Phantasie einigeÄhnlichkeit mit Geschützen finden konnte.Vor dem Kanonentor befindet sich ein großer Gottesacker, wo in früherenJahren hauptsächlich die Janitscharen begraben wurden. Auf den Gräbern siehtman eine große Menge aufrecht stehender schmaler Steine, neben denen derKopf mit dem Turban, der dieselben früher schmückte, abgehauen an der Erdeliegt. Sultan Mahmud ließ, nachdem er die Janitscharen vertilgt, auch an denfrüher Gestorbenen seine Rache aus, indem er ihnen zum Schimpf den gemeißeltenKopf auf den Steinen herunterschlagen ließ.Über diesen Kirchhof führte unser Weg links auf das Feld, wo auf einerAnhöhe zwischen Bäumen die alte griechische Kirche zu St. Stephan liegt. EinerTradition verdankt diese Kirche <strong>von</strong> gewöhnlicher Bauart und kleinem Umfangden Besuch <strong>von</strong> vielen Fremden. Als nämlich die Türken unter MohamedII. die Stadt stürmten, drang ein Haufen auch in dieses Kloster, um alles niederzumachen.Ein frommer Priester, der im Hof bei einem Brunnen stand, brietgerade auf einem Rost Fische, die, als der Lärm entstand, auf der einen Seiteschon gar und braun waren. Der Priester rettete sich ins Heiligtum, die Fischeaber wurden <strong>von</strong> den eindringenden Türken in den Brunnen geworfen, wo siehalb gebraten, wie sie waren, wieder lebendig wurden, lustig umherschwammenund noch heute am Leben sind.

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