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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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131 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTso entsetztlicher Heftigkeit, wie sie nur die fanatischste Begeisterung hervorzubringenim Stande wäre. Bald schlug er seinen Kopf gegen die Bank, baldwarf er ihn hinten über, daß wir sein blasses eingefallenes Gesicht verkehrt sahenund der lange schwarze Bart in die Höhne stand. Er warf die Arme heftig<strong>von</strong>einander und schloss sie krampfhaft wieder. Die Worte, die er dabei ausstieß,fing er leise murmelnd an und steigerte allmälig seine Stimme, nachdemdie Ideen in seinem erhitzten Kopf immer wilder und verworrener aufwuchsen,bis zu lautem Geschrei, daß er mit dem Öfteren kreischenden Ausrufe: ”Allahil Allah!“schloß. Neben ihm lag ein noch ziemlich jungen Mensch, eine elendeabgemagerte Jammergestalt, dem die Tränen aus den Augen stürzten und dessenstumme entsetzliche Trauer, welche das ganze Gesicht ausdrückte, einenschneidenden Kontrast mit der grellen ausgelassenen Lustigkeit eines baumstarkenNegers bildete, der auf der anderen Seite in einem dunklen Winkel lag.Die Augen des Schwarzen glänzten, wie die eines wilden Tieres und die Reden,die er ausstieß, kamen mit Blitzesschnelle zwischen den schneeweißen Zähnenhervor, die er wiehernd lachend aufeinander biß. Er warf seine muskulösen Armebegeistert um sich herum, zeigte bald vor sich hin, bald in die Höhe undmachte überhaupt so entsetzlich lebhafte Mienen und Zeichen, daß mir war,als verstünde ich seine verworrenen Reden. Der unglückliche träumte vielleicht<strong>von</strong> seinem Lande, <strong>von</strong> den Palmen, unter denen er gewandelt, der gelben Flutdes Nils, in der er gebadet. Jetzt faßte er mit seinen Armen in die Luft, als ergreifeer etwas und seine Finger krampften sich so in einander, daß die Muskelnschwellend heraustraten. Kam ihm vielleicht in diesem Augenblick das Bild einesKampfes vor die Seele, in dem er seinen Feind überwindend niederriß undjetzt, da er die Arme wie ermattet herunter sinken ließ und sich zurücklehnendmit den schwarzen Augenlidern das wilde Feuer seiner Blicke auslöschte, dachteer da vielleicht an eine sanfte Hand, die ihm über das Gesicht fuhr und denSchweiß <strong>von</strong> der Stirn wischte?Doch genug <strong>von</strong> diesen entsetzlichen Bildern! Der Anblick dieser Menschenwar uns allen nach wenigen Augenblicken so unerträglich und wirklichfurchterregend, daß wir das Haus verließen, ohne unseren Kaffee anzurühren.Der Anblick <strong>von</strong> Wahnsinnigen ist gegen das Aussehen dieser Menschen einberuhigender zu nennen. Man weiß doch, daß bei jenen gehörige Vorsichtsmaßregelngetroffen sind, daß sie ihren Nebenmenschen nicht schaden können.Aber wer bürgt mir dafür, daß nicht einer dieser Verrückten auf mich zustürztund mich ohne alle Umstände erwürgt?KAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 132Das Laster des Opiumessens verschwindet glücklicherweise selbst im Orientimmer mehr und mehr und die Individuen, die es noch treiben, sind den Anderennoch viel verhaßter, als ein Mensch bei uns, der beständig betrunken ist.Man muß aber auch die gräßlichen Gestalten dieser Menschen sehen, wie sieblaß und abgelagert, halb taub und blind und abgestumpft alle Genüsse des Geistesund alle Freuden des Lebens dahin wanken, wenn der Rausch des Opiumsnachgelassen.Obgleich das Opium (ein Opiat aus Hyosciamus), Haschische genannt, meistensaufgelöst getrunken wird, so sagt man jedoch nach dem Idiotismus dertürkischen und persischen Sprache: er ißt Opium und trinkt dagegen den Rauchder Pfeife. Wahrscheinlich brachte der Genuß des Opiums in alten Zeiten dieAssassinen in jene Begeisterung und Todesverachtung, mit der sie das <strong>von</strong> ihremMeister bezeichnete Opfer in der Mitte der Seinigen aufsuchten und niederstießen.Uns alle hatte der Anblick jener Unglücklichen trübe gestimmt und wir wandeltenschweigend durch die Gassen der Hauptstadt, in denen, da Mitternachtvorüber war, die laute Fröhlichkeit mit einem Mal nachgelassen. Hie und dawandelt noch ein Verkäufer herum und die Lichter auf seinem Tragtisch warenniedergebrannt und erloschen allmählich. Die illuminierten Namen und Figurenhatten schon große Lücken und an den Minarets brannte noch hie und da eineLampe, deren flackerndes Flämmchen sich schwach gegen die mächtige verteidigte,die mit ihrem wehenden schwarzen Schleier den Glanz so vieler tausendLichtchen schon getötet hatte. Als wir auf der großen Brücke waren und nocheinmal nach Stambul zurückschauten, stieg der Mond hinter Skutari empor undgrüßte uns mit einem langen zitternden Lichtstreifen, den er über Hafen undBrücke warf.Eine Audienz beim Sultan. Diner beim Reschid Pascha.So oft wir auch Gelegenheit hatten, den jungen Padischah, den Beherrscherder Gläubigen, auf der Straße oder auf den Hafen zu sehen, so konnten wiraußer dem Baron doch nicht das Glück haben, vor sein erlauchtes Antlitz zutreten, weil wir weder Rang noch Titel, oder was noch schlimmer war, keineUniformen besaßen, ohne welche man sich dem Sultan nicht präsentieren darf.

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