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herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

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127 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTnichts Angenehmes. Es war ein entsetztliches Chaos <strong>von</strong> Kanonenschüssen undMusiklärmen, <strong>von</strong> Lichtern und Flammen, die, ordnungslos durcheinander spielend,Auge und Ohr beleidigten. So ungefähr muß in alter Zeit der Hexensabbatausgesehen haben.Jetzt sprengte Reschid Pascha vor, auf der Brust einen mächtigen Stern <strong>von</strong>Brillanten, der zahllose Blitze um sich warf und den Soldaten wurde der Befehlzum Präsentieren gegeben. Ein lieber türkischer Soldat, neben dem ich stand,stieß mich an und bat mich, ihm für einen Augenblick seine Pfeife zu halten,wozu ich mich natürlich sehr bereitwillig finden ließ. Endlich kam der Sultan,<strong>von</strong> seinen Großwürdenträgern umgeben, alle auf prächtigen Pferden. Der jungeHerrscher trug einen weiten blauen Mantel und weiter keine Auszeichnung,als einen große Brillantstern am Feß. Er ritt in den Vorhof der Moschee, woer abstieg und <strong>von</strong> einigen seines Gefolges begleitet, in das Gebäude trat. Fürheute sahen wir ihn nicht wieder, denn die Feierlichkeiten waren zu Ende undder Padischah fuhr wahrscheinlich später in seinem Kaik nach Beschiktaschzurück.So wild und unordentlich der Lärm der Ceremonie war, so rasch verfloger wieder – ein Strohfeuer. Die Soldaten verließen den Platz, die Pechpfannenverlöschten und an dem Brunnen, um den soeben noch die helle Flammenloderten, glimmten nur hie und da noch einige elende Papierhülsen. Wir bestiegenein Kaik, um nach Stambul hinüberzufahren. Der Anblick der erleuchtetenStädte war am schönsten <strong>von</strong> der Mitte des Hafens aus, wo wir rings herumschauendalle Minarets, sowohl <strong>von</strong> Stambul, wie <strong>von</strong> Galata, Top-Chana undSkutari, mit glänzenden Lichtkränzen umwunden sahen. Auch strahlten hie undda <strong>von</strong> Türmen, oder anderen hohen Gebäuden illuminierte arabische Schriftzeichendurch die Nacht und andere oft seltsam geformte Figuren, als Schiffemit großen Segeln, Drachen, Schlangen etc. Bei der Aja Sophia war an einemGebäude ein kolossaler Wagen angebracht und bei der Suleimanje eine großeFigur, die wahrscheinlich einen Derwisch vorstellen sollte, aber eine m Bajazzoweit ähnlicher sah.Wir verließen unser Kaik und wanderten durch die Gassen, die heute beiKerzen- und Lampenbeleuchtung noch weit lebhafter aussahen, als am Tage.Alles Volk war lustig und guter Dinge, als feierte man ein großes Fest. DieVerkäufer <strong>von</strong> Backwerk und Zuckerzeug, die zwischen der Menge mit lautemRufen herumgingen, hatten ebenfalls die runden kupfernen Scheiben, woraufKAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 128sie ihre Artikel ausgebreitet, mit Lichtern besteckt und des sah ergötzlich aus,wie sie sich in großer Anzahl unter den Haufen herum bewegten. Hie und dawaren vor den Buden kleine Spielereien aufgestellt, Windmühlen, <strong>von</strong> Sand getrieben,oder illuminierte Schiffchen, vor denen die sonst so ernsthaften Gläubigenlachend und laut rufend stehen blieben. So erinnere ich mich eines Ladens,in dem Konditorwaren verkauft wurden und dessen Besitzer, ein spekulativerKopf, zwischen dem Backwerk einen kleinen Brunnen errichtet hatte,der aus drei Röhrchen Wasser in ein Becken ließ und in demselben ein kleinesWasserrad in Bewegung setzte, das rechts und links mit Glöckchen in Verbindungstand, die sehr unharmonisch durcheinander klimperten, worüber aber dieTürken eine unbeschreibliche Freude hatten und in ganzen Haufen vor diesemLaden stehen blieben. Dies verschaffte ihm natürlich einen guten Absatz seinerWaren, sowie es auch in diesem Teil der Straße eine größere Lustigkeit hervorrief,als sonst irgendwo. Das Volk schrie einmal über das andere: ”ei w’ allah!ei w’ allah!“und ein paar alte zerlumpte Kerle tanzten vor Vergnügen nach demGeklimper der Glocken auf der Straße herum, natürlich ebenso Taktlos, wiediese Musik selbst.Am lebhaftesten geht es in diesen Nächten in den Kaffeehäusern und beiden Sorbetbereitern zu. In den ersten werden dann gewöhnlich deklamatorischmusikalischeUnterhaltungen aufgeführt. Versteht sich <strong>von</strong> selbst, alles in türkischerManier. Wir traten in eins dieser Häuser, die heute ebenso hell beleuchtetsind, wie die Straßen und wurden, obgleich es sehr voll war, <strong>von</strong> dem Kaffeetschimit großer Aufmerksamkeit empfangen und untergebracht. Auch muß sichrühmend gestehen, daß die Gäste selbst bei der Aufforderung des Kaffeetschi,für uns etwas Platz zu machen, sehr bereitwillig zusammenrückten. So kam ichauch neben einen alten Arnauten zu sitzen, der sein schönes Kostüm in der ärmlichstenVerfassung, aber dagegen prächtige Waffen hatte. Seine Pistolen, Dolchund Yatagan waren reich verziert und mit kleinen silbernen Nägeln beschlagen.Aber der Mensch hatte, wie fast all’ dieses Volk, ein ganz unangenehmes confisziertesGesicht. Blaß, <strong>von</strong> Blatternnarben zerrissen, wurde es <strong>von</strong> einem ungeheurenSchnurrbart förmlich in zwei Hälften zerteilt, <strong>von</strong> denen es schwer zuentscheiden war, welche die gerechtesten Ansprüche auf eine unbeschreiblicheHäßlichkeit hatte.Als ich mich neben den Arnauten niedergelassen, legte er grüßend seineHand an das Feß und reichte mir das Rohr seines Nargileh dar, aus dem ist

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