13.07.2015 Aufrufe

herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

herunterladen - Hackländer, Friedrich Wilhelm Ritter von

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

117 HACKLÄNDER: REISE IN DEN ORIENTvermischt, – wo Nachen <strong>von</strong> griechischen Sängern und Zitherspielern längstdem Ufer tönend vorübergleiten und der laue Nachtwind die weichen jonischenMelodien <strong>von</strong> dem Land ins Meer haucht, wo das Stillschweigen der Horchendendurch leises Lispeln lenesque sub nocte susurros, unterbrochen wird, verdientder Quai <strong>von</strong> Bujukdere die Begeisterung, womit die Liebhaber desselbensein Lob verkünden.“ *Und wenn wir ihn auch nicht in der Pracht und Herrlichkeit sahen, den ihmeine warme mondhelle Sommernacht verleiht, so fanden wir doch, daß hieran diesem Ufern zu wohnen der schönste Genuß sein müsste, wenn sich derEuropäer mitten unter dieser unzivilisierten Bevölkerung nicht so unangenehmvereinzelt und allein stehen fühlte. Der russische Gesandte war nicht anwesend,weshalb sein großes Hotel mit schön angelegtem Garten leer stand. Letzterer istim besten Geschmack angelegt und steigt terrassenförmig an den Hügeln, diesich hinter Bujukdere erheben, in die Höhe, wodurch man <strong>von</strong> jeder Partie auseine neue reizende Aussicht genießt.Es gewährte uns bei dieser Promenade viel Stoff zum Lachen, daß wir aneiner der schönsten Partien des stillen Gartens einen Philosophen fanden, dersich im dolce far niente auf einer <strong>von</strong> hohen Platanen umgebenen Wiese gelagerthatte, <strong>von</strong> wo er bei der herrlichen Aussicht auf den Bospor Gelegenheit genuggehabt hätte, tiefsinnige Betrachtungen anzustellen, wenn es kein Esel gewesenwäre, der sich hier, ins Grüne gestreckt, die duftenden Kräuter wohl schmeckenließ.Der umsichtige Herr v. C. hatte für morgen Pferde für uns aus Konstantinopelbestellt, wofür wir ihm sehr dankbar waren. Denn obgleich Graf Königsmarkdie Güte hatte, uns <strong>von</strong> den seinigen anzubieten, waren uns neben derFurcht, seine Güte zu missbrauchen, doch jene Pferde insoweit lieber, als wirbeschlossen hatten, uns auf dem Rückweg nicht wieder dem Kaik anzuvertrauen,sondern vielmehr den, wenn auch minder interessanten Weg über die Bergenach Konstantinopel zu nehmen.Wir ritten zuerst auf die Wiese <strong>von</strong> der ich oben sprach, um die mächtigenPlatanen Gottfried <strong>von</strong> Bouillon Augenschein zu nehmen. Von Weitemscheint es nur ein einziger aber ungeheurer Baum zu sein, doch sieht man inder Nähe, daß es ursprünglich sieben Stämme gewesen sind, die in einem Kreisdicht an einander standen. Im Laufe der Zeit sind aber Wurzeln, Äste, ja dieäußere Rinde zusammengewachsen, die Innere dagegen ist teilweise verfault,KAPITEL 3. KONSTANTINOPEL 118teilweise durch das Feuer der Hirten, die hier vor dem Wetter Schutz suchten,zerstört worden, wodurch der Baum oder vielmehr die Bäume innen eine sogroße Höhlung erhalten haben, daß wir durch einen großen Spalt, den die Zeitebenfalls in ihre Rinde gerissen hat, zu fünf mit unseren Pferden in den Baumhineinreiten konnten.An der Erde hatten die Platanen sechzig Schritt im Umfang. Die Sage bringtden gefeierten Helden mit jenem Baum zusammen, indem sie erzählt, daß Gottfried<strong>von</strong> Bouillon im Jahre 1096, während das Heer auf der Wiese lagerte, hierunter dem Baum Obdach gefunden. Von den Türken wird diese BaumgruppeJedi Kadarsch, d. h. sieben Brüder genannt.So kahl die Höhen in der Türkei, auch um Konstantinopel selbst, sind, sofrisch und baumreich ist hier auf einer kleinen Strecke die Gegend. Die Wiesen,auf denen die Platanen stehen, sind frisch und durftend, <strong>von</strong> murmelndenBächen durchschnitten, die aus dem höherliegenden Wald <strong>von</strong> Belgrad hervordringen,jenem heiligen Wald, der <strong>von</strong> den Einwohnern Konstantinopels so hochgefeiert wird, weil er ihnen gutes klares Wasser verschafft. Jeder, der es wagenwürde, auch nur den kleinsten Baum in jenem Wald umzuhauen, wird mit demTode bestraft, denn nur durch das sorgfältige Erhalten der riesigen Stämme,welche da stehen, ist es möglich, die Quellen immer ergiebig zu erhalten, <strong>von</strong>denen die Stadt vermittels der Aquaducte ihr Wasser bezieht.Für den Türken ist das Trinkwasser überhaupt das größte Lebensbedürfnisund wie ein Feinschmecker bei uns jede Sorte Wein, ja fast jeden Jahrgang<strong>von</strong> anderen unterscheiden kann, so weiß der Türke gleich, aus welcher dergeschätzten Quelle das Wasser ist, das er trinkt. Ob dagegen das Wasser klarund durchsichtig ist, darauf kommt es ihm gar nicht an, ja, die sogar Orient ammeisten geschätzten Trinkwasser, nämlich das des Euphrats und des Nils sindtrüb und schlammig und doch hat selbst der Prophet das des letzteren neben demheiligen Born Semsem zu Mekka, welcher unter Hagars Füßen emporsprang,daß er ihren verschachtenden Sohn equicke, für das beste in der Welt erklärt.Mit den frohen Gefühlen, die ein schöner Morgen überhaupt gibt, wuzu füruns noch der Anblick und der Geruch der frischen Wälder kamen, ritten wir dieWiesen aufwärts und sahen jetzt die bedeutendste und älteste der WasserleitungenKonstantinopels vor uns. Schon Konstantin fing sie an und alle Kaiser undSultane nach ihm, besonders Mahmud der Eroberer, verbesserten und erweitertensie. Das ungeheure, schneeweiße Gebäude gleicht mit seinen unzähliegen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!