P I N E T R A I LSthe newalbum outnovember 1stSebastien Tellier»Confection«Record Makers / Al!ve / VÖ 08.11.13Klavierism / Feelgood / No SexFür sein neuestes Werkhat Tellier seine »LaRitournelle«-Band wie<strong>de</strong>rvereinigt,inklusiveTony Allen, und doch istalles ganz an<strong>de</strong>rs. VomPopchanson hat sich <strong>de</strong>rPariser Chefcrooner vorübergehend verabschie<strong>de</strong>t,das Album kommt fast ohne Gesang aus.Nichts mehr übrig vom irren New-Age-Popvon »My God Is Blue«, statt<strong>de</strong>ssen wer<strong>de</strong>nOrchester und Opernsängerinnen aufgefahren.»Confection« ist vollgepackt mit Zierrat,Klavierismen und Streichern. Eine lupenreineEasy-Listening-Feelgood-Platte für die segeln<strong>de</strong>Schickeria, könnte man sagen, wenn man <strong>de</strong>mMann Böses wollte, aber das allein ist natürlichkein Argument. Es gibt schließlich sehrgute Yacht- und Segelalben. Der Hauptgrund,warum dieses Album nicht funktioniert, isttatsächlich <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong> Gesang. <strong>Als</strong> PariserChefcrooner, <strong>de</strong>r er früher mal war, mel<strong>de</strong>t sichTellier nur auf einem Stück zu Wort. Doch wares ja gera<strong>de</strong> das exzentrische, überkandi<strong>de</strong>lte,pseudo-glamouröse Gebaren <strong>de</strong>s bärtigen Erotomanen,das die Alben bei aller musikalischenGlattheit zu skurrilen, fast campen Kleino<strong>de</strong>nmachte. Die Enteierung steht ihm einfach nicht.Das ist doch kein echter Mann. Ich will wie<strong>de</strong>rLie<strong>de</strong>r über Sex.Sebastian IngenhoffTrentemøller »Lost«In My Room / Rough Tra<strong>de</strong> / VÖ 20.09.13Bekannt / Lecker / BeliebigAn<strong>de</strong>rs Trentemøller legtmit seinem dritten Langspieler»Lost« wie<strong>de</strong>r diegewohnte Mischung ausPopstrukturen, elektronischenArrangements undklassischer Instrumentierungvor. Wie auf »Into The Great Wi<strong>de</strong> Yon<strong>de</strong>r«von 2010 ist für Abwechslung auf je<strong>de</strong>n Fallgesorgt, wenn er hier Amon-Tobin-Soundwän<strong>de</strong>,dort Portishead-Percussions und an<strong>de</strong>rswoNew-Or<strong>de</strong>r-Bassläufe auffährt. Hinzu kommennicht weniger als sieben GastsängerInnen: vonLow über Jonny Pierce (The Drums) bis hinzu Kazu Makino (Blon<strong>de</strong> Redhead). Was dasAlbum zusammenhält, ist die dichte, basshaltigeAtmosphäre, die mal laut, mal leise, aberimmer intensiv die einzelnen Songs bestimmt.Nur klingen viele Melodien wie schon einmalgehört, und die Stimmungswechsel machen esschwierig, emotional am Ball zu bleiben. EinePlatte wie eine Kiste verschie<strong>de</strong>ner Schokoriegel– alle für sich superlecker, aber nach <strong>de</strong>r großenFressorgie bleibt doch Magengrummeln.Henje RichterUNS»Gegengift«Nois-o-lution / Indigo / VÖ 22.11.13Falsett / Alarmekstase / Disco-PunkDie emanzipatorischeMacht unkonventionellerGesangsleistungen lässtsich ja kaum überschätzen.Auch wenn es wehtut, mankann gar nicht an<strong>de</strong>rs, alsaufzumerken, ja, berührtzu sein, wenn <strong>de</strong>r von unter an<strong>de</strong>rem KateMosh bekannte Sn Cleemann mittels Falsett<strong>de</strong>n Dringlichkeitsfaktor seines ohnehin nichteben zurückgenommenen Stimmeinsatzes inBereiche pusht, wo Kapriziosität und ironisieren<strong>de</strong>sPathos zu enthemmter Alarmekstaseverschmelzen. Das nervt mitunter, verleiht <strong>de</strong>mDisco-Punk <strong>de</strong>s Berliner Trios UNS allerdingseine irisieren<strong>de</strong> Verve irgendwo zwischen TheDarkness, D.C.-Hardcore und NDW. Zirpendund knatternd schrillt sich die Band durch einRepertoire, das auf <strong>de</strong>m Indie-Dancefloor so gutfunktioniert wie im Pit, und hat sich bei allerExaltiertheit eine gesun<strong>de</strong>, Kraft spen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>Wut bewahrt. Kaputtschlagen und Aufrichtenmeinen hier dasselbe. Ebenso wie Kreischen,Lachen und Trost. Man muss es nur aushaltenwollen. Denn im Guten wie im Schlechten, dieMusik von UNS ist alles, nur nicht wirkungsarmo<strong>de</strong>r gar bequem.Ulf ImwieheBarney: Zum Glück ist <strong>de</strong>r Song endlich zu En<strong>de</strong>.Wovon zum Teufel hat die alte Dame da bloß gesungen?Robin: Hey, Neil Young ist mein Lieblingsmusiker!Barney: Ist das die Alte aus »Gol<strong>de</strong>n Girls«?www.satellitestories.comSchöne Zitate Teil IV.Heute: In <strong>de</strong>r fünften Staffel <strong>de</strong>r Sitcom »How I Met Your Mother« bran<strong>de</strong>t zwischenRobin und Barney mal wie<strong>de</strong>r ein Streit zum Thema Kanada auf. Leidtragen<strong>de</strong>r dabei vorallem Neil Young.
RAUFÁsgeir»In The Silence«Man stelle sich vor, dassBon Iver seine Stilistikweiter ausbreitet undmittlerweile auch fürPostal Service singt. So in etwaklingt <strong>de</strong>r junge Finne Ásgeir. Unddas ist ziemlich spektakulär.Boardwalk»Boardwalk«Das Album mag nichtso hübsch verziert seinwie viele aktuelle Chillwave-Produktionen,dafür beeindruckt es durch sinnlicheLeere und einen stimmungsvollenHorizont, <strong>de</strong>r manchmal sogardie Klasse von Mazzy Star erreicht.Causa Sui»Euporie Ti<strong>de</strong>«Die Dänen Causa Suireichern Psych-Rockhier mit Sixties- undKraut-Elementen an,sodass man sich teilweise gar anChicago-Postrock erinnert fühlt.Rein instrumental, extrem stark.The Darcys»Warring«Vor zwei Jahren warensie als eher willenlosePopband gestartet,nun überzeugen die anBloc Party und Foals angelehntenSounds sowohl durch eine schnei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>Dynamik als auch durch einkraftvolles Gewand aus Synthiesund effektbela<strong>de</strong>nen Gitarren.Douglas Dare»Seven Hours«Douglas Dare ist einjunger Brite und versierterPianist. Ersingt zu<strong>de</strong>m noch wiePatrick Wolf und unterlegt seineSongs mit fragilen Beat-Gerüsten.Diese Debüt-EP verspricht viel –kein Scheiß, Mann!Drei Farben House»Choice Item«Doppel-Vinyl-LP mitschönem Cover-Artwork– hier wird <strong>de</strong>ranaloge Kun<strong>de</strong> sofortsexuell erregt. Einen Zustand,<strong>de</strong>n die Musik dann auch nochweitertreiben möchte: blubbern<strong>de</strong>rHouse, <strong>de</strong>r zwar Minimal mit<strong>de</strong>nkt,sich aber eigentlich längstin Soul, Cocktails, Samt und BarryWhite verguckt hat.Matt Elliott»Only MyocardialInfarcation Can BreakYour Heart«Im Vergleich zu <strong>de</strong>n vorangegangenenAlbenist das neue <strong>de</strong>s ehemaligenThird-Eye-Foundation-Mastermindseher zwanglosund frei geraten. Trotz<strong>de</strong>m bleibtMatt Elliott <strong>de</strong>r meistunterschätzteFolk-Künstler <strong>de</strong>r Gegenwart.Howe Gelb»The Coinci<strong>de</strong>ntalist«Howe Gelb, Mastermindvon Giant Sand,kloppt seit 1985 Albumum Album raus. »TheCoinci<strong>de</strong>ntalist« ist dabei nichtmehr, aber auch nicht weniger alsein Howie-Gelb-Album für Fansvon Howie Gelb (und Giant Sand).Joanna Gruesome»Weird Sister«Erstklassiger Bandname,erstklassigeBand. So einfach istdas. Der fröhlich verschrammelteNoisepop mit SängerinAlanna am Mikrofon ist nichtbreitschultrig produziert, walztaber trotz<strong>de</strong>m lässig alles nie<strong>de</strong>r.My Bloody Valentine in nett!Tim Kasher»Adult Film«Das ist doch <strong>de</strong>r Eumelhinter Cursiveand The Good Life aus<strong>de</strong>m schönen Omaha.Dringlichkeit, Chaos, zarte Momente,versteckte Popmelodien undTexte, die man nur halb kapiert. Sohat Musik gefälligst zu sein.Cate Le Bon»Mug Museum«Cate Le Bon ist eine walisischeSinger/Songwriterinmit mädchenhafter,aber gleichzeitigtiefer Gesangsstimme, die über einerdünnen E-Gitarre und einemleicht verstolperten Schlagzeug beängstigen<strong>de</strong>Texte singt. Faszinierend,klug und ungelenk.