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Panorama - GELD-Magazin

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Brennpunkt ° USAEin Krisensturm fegt durch dieamerikanischen Kommunen46 der 50 US-Bundesstaaten sind in existenziellen Schwierigkeiten. Finanzkrise und Rezession haben die finanzielleSubstanz ausgezehrt. Die Kommunen haben ihre Defizite mit einem Anleihevolumen von 2,7 BillionenDollar in die Zukunft verschoben. Nur North Dakota hat dank einer eigenen Staatsbank keine Probleme.Wolfgang FreislebenDetroit, die frühere Hochburg der Automobilindustrie,ist nach Flint, Pontiac,Ecorse, Hamtramck und HighlandPark bereits die sechste Stadt im US-BundesstaatMichigan, die einer finanziellenZwangsverwaltung unterworfen wurde. Mitdem ernannten Finanz-Sheriff Kevin Orrwurde die Demokratie in der einst viertgrößtenStadt der USA ausgehebelt undmehr oder weniger in eine Diktatur verwandelt.Der Bezirk Jefferson County inAlabama, Harrisburg in Pennsylvania, dieStädte San Bernardino, Vallejo, Stocktonund Orange County in Kalifornien habendas gleiche erlebt. Der Bundesstaat, dieachtgrößte Volkswirtschaft der Welt,schramm te am 19. Februar 2009 nur knappdaran vorbei. Gesetzliche Grundlage ist imErnstfall jeweils die Bankrott-Erklärungnach Kapitel 9 des US-Bankrottgesetzes(Chapter 9 bankruptcy).Die Demontage einer Stadt unterdem Diktat des GeldesDer nach Detroit entsandte Schulden-Sheriff Kevin Orr hat umgehend eine drastischeRestrukturierung der Schulden angekündigtund schon im Mai nach seinemAmtsantritt gewarnt, der Stadt gehe dasBargeld aus. Und das, obwohl BürgermeisterBing seit 2009 die Ausgaben der Stadtbereits um 22 Prozent auf 1,1 MilliardenDollar gekürzt und die Zahl der Stadtbeamtenum 28 Prozent auf 9.700 reduziert hat.Detroits öffentliche Schulen stehen bereitsseit 2008 unter fiskalischer Zwangsverwaltung.Zahlreiche städtische Dienstleistungenwurden an private Anbieter ausgelagert,um weitere Ausgaben zu kürzen. Inzwischensind schon 40 Prozent der Beleuchtungvon Straßen und öffentlichenPlätzen ausgefallen. Und die Feuerwehrensind von Sparmaßnahmen und Entlassungenderart ausgezehrt, dass verschiedeneStandorte abwechselnd temporär geschlossenwerden.Das durchschnittliche Familieneinkommenliegt bei nur knapp 28.000 Dollar jährlich,verglichen mit 49.000 Dollar landesweit.Mehr als 36 Prozent der Einwohnergelten laut dem Census-Bericht von 2011als arm. Seit den 70er Jahren hat sich dieZahl der Einwohner auf etwas mehr als700.000 halbiert, seit 2010 sind rund siebenProzent abhanden gekommen, weitere 40Prozent wollen wegziehen.Ungedeckte Pensionsverpflichtungenbis zu 4 Billionen DollarDoch die Aufräumarbeiten werdenselbst unter dem Schutzschirm des Chapter9 nicht leicht gemacht. Denn kürzlichbremste ein staatliches Gerichtsurteil jeglichenVersuch, die Pensionen der städtischenBeamten anzutasten. Ohne drastische Einschnittemuss die Stadt aber im nächstenHaushaltsjahr 163 Millionen Dollar für dieGesundheitsversorgung ihrer Pensionistenauftreiben. Die Pensionen bleiben daher gemeinsammit der gesundheitlichen Vorsorgeder über 18.000 pensionierten Stadtbeamtendie größten Sanierungshindernisseder Stadtkasse.Damit wird aber offenbar, dass die USAnicht nur mit den Schulden des Bundes aufeiner Zeitbombe sitzen, sondern auch mitdem Hinterland. Die ungedeckten Verpflichtungender öffentlichen Pensionsfondsin den USA werden auf bis zu vier BillionenDollar geschätzt. Einbrechende Aktienkursewährend der jüngsten Finanzkrisehaben die Anlagevermögen, die die versprochenenLeistungen für Millionen vonkünftigen Pensionisten decken sollen, drastischdezimiert. Und obwohl die US-NotenbankFederal Reserve seit 2009 den Anstiegder Aktienkurse an der Wall Street vonüber 100 Prozent mit der Geldpolitik förderte,klaffen in den Pensionsfonds riesigeLöcher. Wenn die ultra-lockere Geldpolitikbeendet wird, sind weitere Kursverluste beiAktien und Anleihen wie im zweiten Quartal2013 gewiss. Und damit auch eine weitereVerschärfung der schon lange schwelendenPensionskrise.Chicago gilt als nächsterPleitekandidatEin Jahr vor der Bankrott-Erklärungwar Detroits Kredit-Rating von Moody’s abgestuftworden. Sollte die Frist von einemJahr zwischen der jüngsten Abstufung undder Pleite ein Omen sein, müssen jetzt auchdie Stadtväter und Steuerzahler von Chicagozittern. Amerikas drittgrößte Stadt wurdevon Moody’s kürzlich gleich um drei Stufenauf A3 herabgesetzt. Begründung: EinLoch in den Pensionskassen von 36 MilliardenDollar sowie „unerbittliche Ausgabenfür die öffentliche Sicherheit“. Die Kreditwächtersetzten auch gleich die ausstehendenObligationen der Stadt in Höhe von 7,7Milliarden Dollar auf die Abschussliste füreine weitere mögliche Abstufung. Und dascreditS: Shutterstock28 ° <strong>GELD</strong>-MAGAZIN – September 2013

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