Agenda 2030 - Schwerpunktthema im Global Compact Deutschland 2015
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Post-<strong>2015</strong>-<strong>Agenda</strong><br />
informiert und sie toleriert. Wenn man aber „<strong>Global</strong> Economy“<br />
betreibt, dann muss man langfristig kooperieren, man<br />
investiert vor Ort und muss Erwartungssicherheiten geben und<br />
haben. Und dieser Übergang vom Handel zur Investition, vom<br />
Tausch zur langfristigen Kooperation, der verlangt, dass man<br />
Diversität so behandelt, dass neben den Differenzen auch die<br />
Gemeinsamkeiten auftreten können. Diese Balance zwischen<br />
Differenz und Gemeinsamkeit auf allen Ebenen herzustellen,<br />
individuell und organisatorisch, politisch und ökonomisch,<br />
ist eine Herausforderung.<br />
Wir in Europa und Nordamerika sind historisch gewohnt, dass wir<br />
die Spielregeln festlegen. Das ändert sich jetzt, sagen Sie. Was bedeutet<br />
das für so ein Thema wie Corporate Social Responsibility? Wie sieht<br />
globale CSR aus?<br />
Wieland: Man kann ziemlich gut abschätzen, wie das aussehen<br />
wird. Wir haben einerseits mehr und mehr globale Werte und<br />
Management Standards wie etwa die ILO-Kernnormen, UN <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong>, ISO 26000, die UN Leitlinie für Menschenrechte<br />
und Wirtschaft oder auch die OECD und Compliance Normen.<br />
bevorzugen gesetzliche Regeln, einmal abgesehen von der<br />
Durchsetzungsfähigkeit. Ich glaube allerdings, dass wir so Innovationspotenzial<br />
verschenken, weil manche Unternehmen gut<br />
mit staatlichen Regulierungen leben können, da diese scheinbar<br />
Handlungsklarheit schaffen. Eine gesetzliche Regulierung<br />
führt leicht zu einem Tick-the-Box-Ansatz: Du sagst mir, was<br />
du von mir willst, und ich mache genau das, aber auch nur<br />
das. Eine freiwillige Verpflichtung <strong>im</strong> Marktwettbewerb setzt<br />
Anreize für ein Innovations-Management. Es kann ein Anreiz<br />
sein, über bessere mögliche Lösungen kreativ nachzudenken.<br />
Trauen Sie Unternehmen bei einem hier skizzierten reinen Soft Law-<br />
Szenario am Ende zu, Lösungen zu entwickeln, die sogar die Politik<br />
überflügeln? Angesichts der offenkundigen Krise des Multilateralismus,<br />
also der staatenübergreifenden Kooperation, bei fast allen wichtigen<br />
Themen unserer Zeit – z. B. Frieden, Flüchtlinge, Kl<strong>im</strong>awandel – wäre<br />
das ja vielleicht gut?<br />
Wieland: Wir müssen <strong>im</strong> Auge behalten, dass Unternehmen<br />
private Akteure sind, und deshalb nicht ohne Weiteres mit<br />
öffentlichem Interesse gleichzusetzen sind. Ich würde da<br />
auch nichts überhöhen. Wenn wir Adam Smith, um noch<br />
mal darauf zurückzukommen, richtig verstehen, war seine<br />
Idee der „Invisible Hand“, dass Marktteilnehmer, gleichwohl<br />
und indem sie private Interessen verfolgen, dem öffentlichen<br />
Wohl dienen. Das Faszinierende an seinem Modell ist, dass<br />
es ein Institutionen-Gleichgewicht repräsentiert, das private<br />
Interessen mit dem öffentlichen Interesse parallelisiert. Wie<br />
auch <strong>im</strong>mer, viele haben den Eindruck, dass dieses Gleichgewicht<br />
aus der Balance geraten ist. Daher exper<strong>im</strong>entieren<br />
moderne Gesellschaften heftig an den verschiedensten Stellen,<br />
wie wir dies umkehren können. Damit wird auch die<br />
Frage der Public Governance neu gestellt: Was muss sich<br />
hier ändern, um ihnen eine bessere Adaptivität zu verleihen?<br />
Daran schließt sich auch die Frage nach der Ausbildung der<br />
Führungseliten in Wirtschaft und Gesellschaft an. Manager<br />
oder Politiker, Verwaltungskräfte oder Richter, sie alle sollten<br />
die Logik intersektoraler und transkultureller und globale<br />
Zusammenhänge realisieren.<br />
Das ist aber eine ambitionierte <strong>Agenda</strong>!<br />
Wieland: In dieser Gemengelage werden wir uns noch eine<br />
Weile bewegen, und die SDGs, mit denen wir ja unser Gespräch<br />
begonnen hatten, werden ein Prüfstein sein, ob wir<br />
effektiv und effizient mit den genannten Herausforderungen<br />
umgehen können.<br />
Die SDGs sind keine Standards, sind aber als gemeinsame Ziele<br />
angelegt. Sie alle treffen Aussagen darüber, was von der Führung<br />
und dem Management eines Unternehmens erwartet wird. Sie<br />
regeln Erwartungen und Verfahren, aber auch, welche Art von<br />
Produkten, Dienstleistungen und Technologien auf den Weg<br />
gebracht werden sollten. Ihre Durchsetzung wird über Staat,<br />
Organisationen und den Markt, über Reputation und über<br />
die gesellschaftliche Legit<strong>im</strong>ität erfolgen. Kontrolliert werden<br />
sie mittels Audits und Monitoring, sei es der Wirtschaft oder<br />
Zivilgesellschaft und nicht so sehr über staatliche Behörden.<br />
NGOs, aber auch Gewerkschaften, sind hier misstrauisch und<br />
Vielen Dank für das Gespräch!<br />
Zur Person<br />
Prof. Dr. habil. Josef Wieland lehrt am Lehrstuhl für Institutional Economics,<br />
Organisational Governance, Integrity Management & Transcultural Leadership<br />
an der Zeppelin University Friedrichshafen und ist Direktor des neu gegründeten<br />
Leadership Excellence Instituts Zeppelin (LEIZ).<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2015</strong><br />
21